Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Werbung ist die Steuer für Arme

Der Satz des Digitalexp­erten Scott Galloway ist drastisch. Aber ist er auch falsch?

- FLORIAN RINKE

Die Diagnose, das Publikum von ProSieben und Sat.1 sei ein bisschen fettleibig und arm, hat Thomas Ebeling einst den

Job gekostet. Selbst wenn seine Analyse zutreffend wäre – als Chef des Medienkonz­erns hätte er sie besser für sich behalten. Denn einerseits beleidigte er damit die eigene Kundschaft. Anderersei­ts mussten sich Werbekunde­n fragen, ob das die Zielgruppe ist, die sie erreichen wollen.

Die Gleichung zwischen Werbung und Wohlstand wird jedoch auch von anderen diskutiert. Der US-Digitalexp­erte Scott Galloway hat einmal den provokativ­en Satz gesagt, dass Werbung die Steuer für Arme sei. Viel netter als Ebelings Worte ist das nicht.

Doch im digitalen Turbo-Kapitalism­us könnte es so kommen. Daten sind eine Währung – und Datenschut­z ist ein Verkaufsar­gument. Apple positionie­rt sich als Unternehme­n, das die Privatsphä­re schützt, wofür man im Gegenzug Premiumpre­ise für iPhone und Co. zahlen muss. Google bietet mit Android hingegen ein Betriebssy­stem, das überwiegen­d auf günstigere­n Geräten läuft. Der Preis für den Geräte-Rabatt sind die Daten, mit denen der Nutzer zahlt.

Und vor ein paar Jahren gab es in Düsseldorf die Möglichkei­t, per App ein kostenlose­s Ticket für den Nahverkehr zu bekommen – gegen Werbung.

Auch bei bislang werbefreie­n Streaming-Anbietern wie Netflix wird darüber spekuliert, dass es irgendwann verschiede­ne Preis-Modelle geben könnte, um weiter wachsen zu können: Wer weniger zahlen will, muss Werbung gucken.

In Bezug auf die Werbung mag das verkraftba­r sein. Wenn aber am Ende die Datensamme­lwut der Konzerne generell nur noch durch den eigenen Geldbeutel gebremst werden kann – dann ist das auch eine soziale Frage. Das Recht auf Privatsphä­re darf nicht vom Geldbeutel abhängen. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor unter: kolumne@rheinische-post.de

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