Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Neonazi-Anwalt im Karneval aktiv
Der Düsseldorfer Verein „Narrencollegium“steht wegen eines Mitglieds in der Kritik, das bundesweit für seine Verbindungen zum rechtsextremen Milieu bekannt ist.
DÜSSELDORF Die Mitgliedschaft eines bundesweit bekannten Akteurs der rechtsextremen Szene im Düsseldorfer Karnevalsverein „Narrencollegium“löst scharfe Kritik aus. Es geht um den 52-jährigen Düsseldorfer Juristen Björn Clemens, der als sogenannter Szeneanwalt Neonazis vertritt. Clemens ist außerdem Vorstandsmitglied der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingeschätzten „Gesellschaft für freie Publizistik“(GfP) und war Bundesvize der Partei „Die Republikaner“.
2017 hatte das „Narrencollegium“Björn Clemens in den Verein aufgenommen. Man habe über seine Verbindungen zur rechtsextremen Szene diskutiert und sich schließlich einstimmig bei zwei Enthaltungen für die Aufnahme des Anwalts entschieden, sagte Vereinspräsident Dennis Vobis: „Die Politik ist bei uns im Karneval außen vor.“Er achte darauf, dass sich Clemens an die Regeln halte, betonte der 25-Jährige.
Mit harten Worten kritisiert der Brauchtumsmanager der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf Clemens’ Mitgliedschaft im Verein: „Ich bin entsetzt und verspüre ein leichtes Gefühl von Ekel“, sagte Walter Schuhen. Vom „Narrencollegium“erwarte er eine Erklärung. „Es ist unser aller gutes Recht, das einzufordern!“, so Schuhen. Ebenso irritiert ist der Vorsitzende des Kreises der Düsseldorfer Muslime, Dalinç Dereköy: Dass Düsseldorfs Muslime und Juden sich aktiv im Karneval engagierten, sei ein großer Schritt für die Gemeinden gewesen. „Nun zu erfahren, dass man möglicherweise im gleichen Boot sitzt mit anscheinend Rechtsextremen und sich wechselseitig Helau, Schalom und Selam zugerufen hat, ist makaber und nicht akzeptabel.“Er erwarte, dass sich die Karnevalsvereinigungen kritisch hinterfragten und sich klar gegen rassistisches, antisemitisches und islamfeindliches Gedankengut positionierten.
Rückenwind bekommen die Kritiker auch aus der Politik: Nordrhein-Westfalens Staatssekretärin für Integration, Serap Güler (CDU), sagte: „Dass jemand wie Björn Clemens beim Karneval mitfährt, irritiert mich genauso wie die jüdische und muslimische Gemeinde. Der Karneval steht für Weltoffenheit und Vielfalt, ein buntes Leben und Nächstenliebe – braunes Gedankengut hat dort nichts zu suchen.“
Seit drei Jahren werden die Rosenmontagswagen des Vereins vom Stadtdechanten, dem obersten Vertreter der katholischen Gemeinde in Düsseldorf, gesegnet. Der damalige Stadtdechant Ulrich Hennes fuhr vor einem Jahr mit Clemens gemeinsam auf dem Wagen (Foto) und wurde 2018 Ehrensenator des Karnevalsvereins. Auf Anfrage teilte er mit, dass er sich nun überlegen werde, ob er Mitglied in einem Verein bleiben wolle, in dem auch Clemens sei. Er habe Clemens ebenso wenig gekannt wie der derzeitige kommissarische Stadtdechant Frank Heidkamp. Beide sind nach eigenen Aussagen vom Verein nicht informiert worden. Heidkamp sagte, er habe die Segnung des Wagens in gutem Glauben und in der Tradition seines Vorgängers übernommen.
Björn Clemens, der sich noch vor wenigen Tagen an der diesjährigen Segnung des Rosenmontagswagens durch Heidkamp beteiligte, sagte auf Anfrage unserer Redaktion: „Ich weise alle Behauptungen als haltlos zurück – auch in Bezug auf die GfP.“Clemens teilte mit, die Einschätzung des Verfassungsschutzes, die „Gesellschaft für freie Publizistik“sei rechtsextremistisch, halte er für ungerechtfertigt.
Leitartikel, Nordrhein-Westfalen