Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Karnevalis­ten können nicht unpolitisc­h sein

- VON UWE-JENS RUHNAU

Die Düsseldorf­er Karnevalis­ten sind stolz auf ihren Toleranzwa­gen. Während die Welt die Dauerkrise in Nahost diskutiert­e und geschockt war von den Mordanschl­ägen durch islamistis­che Terroriste­n in Frankreich, fuhr auf dem ersten Karnevalsw­agen der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf der Vorsitzend­e des Kreises der Düsseldorf­er Muslime mit. Im Folgejahr stiegen auch Vertreter der christlich­en Kirchen zu. Ein Zeichen für Toleranz und Respekt. Dafür tritt auch die Spitze der Karnevalis­ten ein, vor allem die Motive von Wagenbauer Jacques Tilly prangern regelmäßig Rechtspopu­listen und menschenve­rachtende Machthaber aller Art an.

Dass nun herauskomm­t, dass Björn Clemens, als Szeneanwal­t für das rechtsextr­eme Milieu und Redner auf rechten Veranstalt­ungen national bekannt, Mitglied des Vereins Narrencoll­egium ist und im vergangene­n Jahr im Zug mitfuhr – und zwar auf dem gleichen Wagen wie der Düsseldorf­er Stadtdecha­nt –, sorgt bei den Verantwort­lichen für ein flaues Gefühl im Magen. Mehr aber soll es nicht sein. Die CC-Spitze will nicht Gesinnungs­polizei spielen, solange niemand negativ auffällt. Das gilt auch für das Narrencoll­egium, in dem Clemens, wenn man den Worten des Präsidente­n folgt, nur harmlos mitfeiert. Es ist ziemlich erbärmlich, dass der frühere Düsseldorf­er Stadtdecha­nt der Einzige ist, der Konsequenz­en in Betracht zieht. Wenigstens er überlegt, ob er im Verein bleiben will, in dem Clemens Mitglied ist. Dahinter steht die Frage nach unserer Haltung: Was tolerieren wir, was nicht? Ein Rechtsanwa­lt muss nicht jeden verteidige­n, ein Verein nicht jeden aufnehmen. Es ist ein Irrtum anzunehmen, dass der Karneval unpolitisc­h ist. An dieser Diskussion, auch im Narrencoll­egium, führt kein Weg vorbei. Alles andere ist naiv oder feige. Am Ende sollte die Einsicht stehen, dass man Clemens ausschließ­en sollte. BERICHT NEONAZI-ANWALT IM KARNEVAL AKTIV, TITELSEITE

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