Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Laschet verspricht Bauern Solidarität
Der erste Landwirtschaftsgipfel in der Landesgeschichte hatte unter Leitung des Ministerpräsidenten kaum konkrete Ergebnisse. Er war vor allem als Solidaritätsnote der Landesregierung an die Bauern gemeint.
DÜSSELDORF Die Landesregierung hat am Montag mit einem Agrar-Gipfel – dem angeblich ersten in der Landesgeschichte – auf die anhaltenden Proteste der Bauern reagiert. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (beide CDU) und rund 20 Vertreter von Bauernverbänden verabredeten in der Staatskanzlei die Vorbereitung einer Landwirtschaftskonferenz in der ersten Hälfte des laufenden Jahres, „um den Austausch über gemeinsame Lösungen für die drängenden Probleme der Branche fortzuführen“, wie es im Anschluss des nicht-öffentlichen Treffens in einer Erklärung der Staatskanzlei hieß. Weitere konkrete Ergebnisse des Gipfels wurden nicht bekannt.
Seit Wochen demonstrieren die Landwirte landesweit immer wieder mit Traktor-Sternfahrten gegen die Verschärfung von Umwelt- und Tierschutzauflagen. Erst am Wochenende hatte es im Münsterland wieder eine Protestfahrt mit Hunderten Traktoren nach Telgte gegeben.
Die Bauern fürchten angesichts bereits erfolgter und sich abzeichnender Auflagen um ihre wirtschaftliche Existenz. So sollen unter anderem eine neue Düngeregulierung das Grundwasser besser vor Nitraten schützen, strengere Vorgaben für Ställe und Tiertransporte ein höheres Tierschutzniveau in der Nutztierhaltung gewährleisten und Einschränkungen beim Einsatz von Pestiziden die Artenvielfalt vor allem von Insekten schützen. Mehrheitsfähige Öko-Ziele, die zugleich aber die Einkommen der Bauern belasten – sei es in Form sinkender Erträge oder in Form steigender Kosten.
Zudem sorgt die gegenwärtig auf Ebene der Europäischen Union neu verhandelte Agrarförderung für Planungsunsicherheit
bei den Bauern, die gerade in NRW das zweite Dürrejahr in Folge verkraften müssen. Hinzu kommt der radikale Preiskampf im Handel, der bei vielen Agrarprodukten kaum noch auskömmliche Preise ermöglicht. Laschet selbst bezeichnete einzelne Sonderangebotspreise für Fleisch am Rande des Gipfels als „unangemessen“. Der Ministerpräsident sagte: „Wenn Fleisch gut hergestellt werden soll, braucht es auch einen guten Preis“.
Damit liegt Laschet nicht weit entfernt von einer aktuellen Forderung der Umweltschutzorganisation Greenpeace, die ebenfalls am Montag höhere Fleischpreise zum Schutz der Tiere forderte. Und zwar in Form einer so genannten „Tierwohlabgabe“von bis zu 50 Cent pro Kilo Fleisch. Außerdem fordert Greenpeace für Fleisch- und Milchprodukte den vollen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent – bislang fallen nur sieben Prozent an. Die neue Abgabe könne „den sofortigen Ausstieg aus der nicht tiergerechten Haltung finanzieren“, argumentiert Greenpeace und rechnet Mehreinnahmen für den Bund in Höhe von vier Milliarden Euro jährlich vor. Mit diesem Geld soll der Bund im Greenpeace-Modell Tierhalter unterstützen, die einen artgerechten Umgang mit Tieren gewährleisten.
Auch der Bauernverband und Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) hatten am Wochenende gefordert, dass die Kunden beim Fleisch mehr Wert auf Qualität legen sollen und darauf verwiesen, dass eine bessere Tierhaltung auch mehr Geld koste. Ähnlich wie Laschet kritisierte Klöckner die Schnäppchen-Angebote der Handelsketten. Laschet bezeichnete 2020 wegen der vielen sich abzeichnenden Weichenstellungen am Montag als „wegweisendes Jahr für die Landwirtschaft“.