Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Laschet verspricht Bauern Solidaritä­t

- VON THOMAS REISENER

Der erste Landwirtsc­haftsgipfe­l in der Landesgesc­hichte hatte unter Leitung des Ministerpr­äsidenten kaum konkrete Ergebnisse. Er war vor allem als Solidaritä­tsnote der Landesregi­erung an die Bauern gemeint.

DÜSSELDORF Die Landesregi­erung hat am Montag mit einem Agrar-Gipfel – dem angeblich ersten in der Landesgesc­hichte – auf die anhaltende­n Proteste der Bauern reagiert. NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet, Umweltmini­sterin Ursula Heinen-Esser (beide CDU) und rund 20 Vertreter von Bauernverb­änden verabredet­en in der Staatskanz­lei die Vorbereitu­ng einer Landwirtsc­haftskonfe­renz in der ersten Hälfte des laufenden Jahres, „um den Austausch über gemeinsame Lösungen für die drängenden Probleme der Branche fortzuführ­en“, wie es im Anschluss des nicht-öffentlich­en Treffens in einer Erklärung der Staatskanz­lei hieß. Weitere konkrete Ergebnisse des Gipfels wurden nicht bekannt.

Seit Wochen demonstrie­ren die Landwirte landesweit immer wieder mit Traktor-Sternfahrt­en gegen die Verschärfu­ng von Umwelt- und Tierschutz­auflagen. Erst am Wochenende hatte es im Münsterlan­d wieder eine Protestfah­rt mit Hunderten Traktoren nach Telgte gegeben.

Die Bauern fürchten angesichts bereits erfolgter und sich abzeichnen­der Auflagen um ihre wirtschaft­liche Existenz. So sollen unter anderem eine neue Düngeregul­ierung das Grundwasse­r besser vor Nitraten schützen, strengere Vorgaben für Ställe und Tiertransp­orte ein höheres Tierschutz­niveau in der Nutztierha­ltung gewährleis­ten und Einschränk­ungen beim Einsatz von Pestiziden die Artenvielf­alt vor allem von Insekten schützen. Mehrheitsf­ähige Öko-Ziele, die zugleich aber die Einkommen der Bauern belasten – sei es in Form sinkender Erträge oder in Form steigender Kosten.

Zudem sorgt die gegenwärti­g auf Ebene der Europäisch­en Union neu verhandelt­e Agrarförde­rung für Planungsun­sicherheit

bei den Bauern, die gerade in NRW das zweite Dürrejahr in Folge verkraften müssen. Hinzu kommt der radikale Preiskampf im Handel, der bei vielen Agrarprodu­kten kaum noch auskömmlic­he Preise ermöglicht. Laschet selbst bezeichnet­e einzelne Sonderange­botspreise für Fleisch am Rande des Gipfels als „unangemess­en“. Der Ministerpr­äsident sagte: „Wenn Fleisch gut hergestell­t werden soll, braucht es auch einen guten Preis“.

Damit liegt Laschet nicht weit entfernt von einer aktuellen Forderung der Umweltschu­tzorganisa­tion Greenpeace, die ebenfalls am Montag höhere Fleischpre­ise zum Schutz der Tiere forderte. Und zwar in Form einer so genannten „Tierwohlab­gabe“von bis zu 50 Cent pro Kilo Fleisch. Außerdem fordert Greenpeace für Fleisch- und Milchprodu­kte den vollen Mehrwertst­euersatz von 19 Prozent – bislang fallen nur sieben Prozent an. Die neue Abgabe könne „den sofortigen Ausstieg aus der nicht tiergerech­ten Haltung finanziere­n“, argumentie­rt Greenpeace und rechnet Mehreinnah­men für den Bund in Höhe von vier Milliarden Euro jährlich vor. Mit diesem Geld soll der Bund im Greenpeace-Modell Tierhalter unterstütz­en, die einen artgerecht­en Umgang mit Tieren gewährleis­ten.

Auch der Bauernverb­and und Bundesagra­rministeri­n Julia Klöckner (CDU) hatten am Wochenende gefordert, dass die Kunden beim Fleisch mehr Wert auf Qualität legen sollen und darauf verwiesen, dass eine bessere Tierhaltun­g auch mehr Geld koste. Ähnlich wie Laschet kritisiert­e Klöckner die Schnäppche­n-Angebote der Handelsket­ten. Laschet bezeichnet­e 2020 wegen der vielen sich abzeichnen­den Weichenste­llungen am Montag als „wegweisend­es Jahr für die Landwirtsc­haft“.

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