Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Kies-Exporte sorgen für Diskussion
Bei einem Info-Abend von Bauern und dem Aktionsbündnis „Niederrheinappell“wurden erstmals Zahlen zur Ausfuhr in die Niederlande genannt.
NIEDERRHEIN Das Desaster um den Regionalplan zeigt in der Kies-Diskussion weiter Wirkung. Weil es noch zahlreiche Einwendungen gibt, ergeben sich im quasi ungeregelten Raum Konflikte gerade beim Thema Abgrabungen. Die Fronten am Niederrhein sind schon lange verhärtet. Und es gibt neue Allianzen.
So fand in der vergangenen Woche im Parkettsaal der Weseler Niederrheinhalle ein Infoabend von Landwirtschaftsverband, Kreisbauernschaft und Landwirtschaftskammer mit dem Aktionsbündnis „Niederrheinappell“statt, das 16 Bürgerinitiativen (BI) und Organisationen vertritt.
Zu diesen Bürgerinitiativen im Aktionsbündnis „Niederrheinappell“gehören auch Aktive von der linken Rheinseite, beispielsweise das Bündnis „Rettet die Binnenheide“aus Winnenkendonk.
Bauern und Initiativen eint die Sorge um Flächenverluste, die Grenzen zwischen Existenzangst und Umweltschutz sind dabei fließend. Landwirt Wilhelm Neu brachte es nach zwei Stunden vor vollem Haus mit der Frage auf den Punkt, ob man landwirtschaftliche Flächen nicht unter Schutz stellen sollte. Und er dankte Herwig Scholz von der Landwirtschaftskammer, der erstmals Zahlen zu Kies-Exporten präsentiert hatte.
Scholz hatte für seinen Vortrag über die Rohstoffgewinnung am Beispiel Kies und Sand zuvor den meisten Beifall bekommen.
Es war das Ergebnis detektivischer Fleißarbeit. Hatte es bislang immer geheißen, es gebe keine Angaben zur gern kritisierten Ausfuhr, hatte der Mann der Landwirtschaftskammer eben doch welche finden können. Und zwar höchst amtliche
auf den Seiten der Statistikbehörden. Diese jedoch zu vergleichen, zu interpretieren und zu bewerten, ist nicht ganz einfach.
Im Kern stellte Scholz fest, dass für deutschen Kies im Ausland deutlich mehr zu erzielen ist als auf dem heimischen Markt. Exportmengen des Niederrheins Richtung Niederlande bezifferte er mit 9,6 Millionen Tonnen im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre, plus jeweils 3,6 Millionen Tonnen vom Oberrhein.
Weil wegen Arbeiten in der Maas die niederländischen Nachbarn eigenen Kies mitgenutzt hätten, sei dies noch wenig, denn im Schnitt über elf Jahre seien gar jeweils 12,3 Millionen Tonnen allein aus NRW exportiert worden.
Ein Fazit zog Scholz: „Landesplanerisch besteht kein Erfordernis, Rohstoffsicherung für den Export sicherzustellen.“Zudem sei die Ernährung der Bevölkerung ein Verfassungsauftrag, dessen Erfüllung in Gefahr gerate.
Da außer Landwirten, Initiativen und viel Politik natürlich auch die Kiesindustrie im Saal vertreten war, wehrte sich Christian Strunk vom niederrheinischen Traditionsunternehmen Hülskens gegen eine Polarisierung. Die Diskussion dürfe nicht nur in eine Richtung gehen. Im europäischen Binnenmarkt seien solche Geschäfte nicht steuerbar. Ohne Kies und Sand gehe es nicht, deshalb müsse man darüber reden, sagte Strunk.
Johannes Flaswinkel von den Grünen warf nach heißen Wortgefechten zur Frage, ob man zugunsten der Niederländer in Deutschland (Nutz-)Flächen vernichtet, später ein, er „stehe klar zu Europa, aber nicht für volkswirtschaftliche Dummheit“. Überdies kritisierte er die anvisierte Verlängerung der Flächensicherung von 20 auf 25 Jahre. Besser wären seiner Ansicht nach 15 Jahre.
Am Ende des Abends blieb die Erkenntnis, dass weiter miteinander gesprochen werden muss, um Konflikte zu lösen.
„Es besteht keine Erfordernis, Rohstoffsicherung für den Export sicherzustellen“
Herwig Scholz Landwirtschaftskammer