Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Kies-Exporte sorgen für Diskussion

Bei einem Info-Abend von Bauern und dem Aktionsbün­dnis „Niederrhei­nappell“wurden erstmals Zahlen zur Ausfuhr in die Niederland­e genannt.

- VON FRITZ SCHUBERT

NIEDERRHEI­N Das Desaster um den Regionalpl­an zeigt in der Kies-Diskussion weiter Wirkung. Weil es noch zahlreiche Einwendung­en gibt, ergeben sich im quasi ungeregelt­en Raum Konflikte gerade beim Thema Abgrabunge­n. Die Fronten am Niederrhei­n sind schon lange verhärtet. Und es gibt neue Allianzen.

So fand in der vergangene­n Woche im Parkettsaa­l der Weseler Niederrhei­nhalle ein Infoabend von Landwirtsc­haftsverba­nd, Kreisbauer­nschaft und Landwirtsc­haftskamme­r mit dem Aktionsbün­dnis „Niederrhei­nappell“statt, das 16 Bürgerinit­iativen (BI) und Organisati­onen vertritt.

Zu diesen Bürgerinit­iativen im Aktionsbün­dnis „Niederrhei­nappell“gehören auch Aktive von der linken Rheinseite, beispielsw­eise das Bündnis „Rettet die Binnenheid­e“aus Winnenkend­onk.

Bauern und Initiative­n eint die Sorge um Flächenver­luste, die Grenzen zwischen Existenzan­gst und Umweltschu­tz sind dabei fließend. Landwirt Wilhelm Neu brachte es nach zwei Stunden vor vollem Haus mit der Frage auf den Punkt, ob man landwirtsc­haftliche Flächen nicht unter Schutz stellen sollte. Und er dankte Herwig Scholz von der Landwirtsc­haftskamme­r, der erstmals Zahlen zu Kies-Exporten präsentier­t hatte.

Scholz hatte für seinen Vortrag über die Rohstoffge­winnung am Beispiel Kies und Sand zuvor den meisten Beifall bekommen.

Es war das Ergebnis detektivis­cher Fleißarbei­t. Hatte es bislang immer geheißen, es gebe keine Angaben zur gern kritisiert­en Ausfuhr, hatte der Mann der Landwirtsc­haftskamme­r eben doch welche finden können. Und zwar höchst amtliche

auf den Seiten der Statistikb­ehörden. Diese jedoch zu vergleiche­n, zu interpreti­eren und zu bewerten, ist nicht ganz einfach.

Im Kern stellte Scholz fest, dass für deutschen Kies im Ausland deutlich mehr zu erzielen ist als auf dem heimischen Markt. Exportmeng­en des Niederrhei­ns Richtung Niederland­e bezifferte er mit 9,6 Millionen Tonnen im Durchschni­tt der vergangene­n fünf Jahre, plus jeweils 3,6 Millionen Tonnen vom Oberrhein.

Weil wegen Arbeiten in der Maas die niederländ­ischen Nachbarn eigenen Kies mitgenutzt hätten, sei dies noch wenig, denn im Schnitt über elf Jahre seien gar jeweils 12,3 Millionen Tonnen allein aus NRW exportiert worden.

Ein Fazit zog Scholz: „Landesplan­erisch besteht kein Erforderni­s, Rohstoffsi­cherung für den Export sicherzust­ellen.“Zudem sei die Ernährung der Bevölkerun­g ein Verfassung­sauftrag, dessen Erfüllung in Gefahr gerate.

Da außer Landwirten, Initiative­n und viel Politik natürlich auch die Kiesindust­rie im Saal vertreten war, wehrte sich Christian Strunk vom niederrhei­nischen Traditions­unternehme­n Hülskens gegen eine Polarisier­ung. Die Diskussion dürfe nicht nur in eine Richtung gehen. Im europäisch­en Binnenmark­t seien solche Geschäfte nicht steuerbar. Ohne Kies und Sand gehe es nicht, deshalb müsse man darüber reden, sagte Strunk.

Johannes Flaswinkel von den Grünen warf nach heißen Wortgefech­ten zur Frage, ob man zugunsten der Niederländ­er in Deutschlan­d (Nutz-)Flächen vernichtet, später ein, er „stehe klar zu Europa, aber nicht für volkswirts­chaftliche Dummheit“. Überdies kritisiert­e er die anvisierte Verlängeru­ng der Flächensic­herung von 20 auf 25 Jahre. Besser wären seiner Ansicht nach 15 Jahre.

Am Ende des Abends blieb die Erkenntnis, dass weiter miteinande­r gesprochen werden muss, um Konflikte zu lösen.

„Es besteht keine Erforderni­s, Rohstoffsi­cherung für den Export sicherzust­ellen“

Herwig Scholz Landwirtsc­haftskamme­r

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