Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Der „Fahrradmon­teur“tritt kürzer

Vor fünf Jahren baute Ehrenamtle­r Josef Niederholz eine Fahrradwer­kstatt in Kevelaer auf. Seine Werkstatt, die insbesonde­re Flüchtling­en mit Fietsen aushilft, bekommt nun ehrenamtli­chen Zuwachs.

- VON LARA BÖCKLING

KEVELAER „Es gibt immer zwei Arten von Menschen: Die, die sich fragen was der Staat für sie tun kann und die, die sich fragen was sie für den Staat tun können. Josef Niederholz gehört zu der zweiten Sorte“, so Wolfgang Röhr von der Flüchtling­shilfe in Kevelaer.

Mit Beginn der Flüchtling­skrise vor fünf Jahren, sah auch Josef Niederholz aus Aengenesch die Notwendigk­eit zu handeln. „Also habe ich gesagt, dass ich eine Fahrradwer­kstatt eröffne. In Eigeniniti­ative habe ich alles allein aufgebaut“, berichtet Niederholz. Die ersten Wochen arbeitete er draußen im Freien, egal welches Wetter herrschte. Dann habe er von der Stadt eine Garage zur Verfügung gestellt bekommen.

Die Bevölkerun­g steuerte alte Räder bei, die nicht mehr gebraucht wurden. „Diese Fahrräder bereite ich auf und gebe sie an die Flüchtling­e“, erzählt er. Schon sein ganzes Leben arbeitet er als Ehrenamtle­r. „Im weitesten Sinne ist es Integratio­nsarbeit, und die Flüchtling­e werden mobil gemacht“, beschreibt Röhr die Arbeit. Es ist auch für ihn der Grund, ehrenamtli­ch tätig zu sein. Nebenher fährt er den Bürgerbus in der Stadt.

Künftig soll die Arbeit in der Fahrradwer­kstatt nun in Teamarbeit erledigt werden. Die neue helfenden Hand hierfür ist eben Wolfgang Röhr. „Bei der letzten Versammlun­g am runden Tisch habe ich gesagt, dass ich ab jetzt mitarbeite­n werde“, bestätigt Röhr. Als bastelbege­isterte Maschinenb­auer kennen

sich beide mit Rädern aus. „Deshalb hat sich das alles so ergeben“, meint Röhr. „Es wäre ja schade gewesen, wenn die Sache eingeschla­fen wäre.“

Natürlich bleibe Niederholz weiterhin aktiv. Er wolle lediglich ein wenig mehr Freizeit. Momentan arbeite er bis zu zwölf Stunden pro Woche in der Werkstatt. Die neu gewonnene Freizeit will er für seinen Sport nutzen: Rennrad fahren. „Ich fahre mit meinen schlappen 73 Jahren immer noch 230 Kilometer am Tag“, so der sportliche Rentner stolz.

Trotzdem widmet er sich die meiste Zeit seiner Arbeit in der Werkstatt. Jeden Dienstag kommen Flüchtling­e mit ihren Fahrrädern. Einige davon könnten sofort repariert werden während andere mehr Zuwendung benötigen. „Dann versuche ich, die Räder bis zur nächsten Woche fertig zu machen. Solange bekommen die Asylbewerb­er dann auch mal ein anderes Rad damit sie weiterhin zu ihren Deutschkur­sen oder zum Einkaufen fahren können“, erklärt Niederholz. Auch zu den Händlern habe er eine gute Beziehung. Zu Anfang unterstütz­ten sie den Rentner mit ein paar alten Fahrrädern. Eine weitere Unterstütz­ung gewähren sie ihm mit Sonderkond­itionen für Ersatzteil­e und Verbrauchs­materialie­n. „Ich habe jedes Fahrrad repariert damit alle eins bekommen. Ich erwarte am Ende nur einen kleinen Obolus von den Flüchtling­en“, sagt er. Die Ersatzteil­e für die Räder im Wert von rund 4000 Euro finanziert er zum Teil aus eigener Tasche.

Der 73-Jährige Ehrenamtle­r kann sich über seine Arbeit dennoch nicht beschweren. Ganz im Gegenteil, er macht sie mit Leidenscha­ft. „Das hat man im Blut oder eben nicht“, ist Niederholz Fazit.

 ?? RP-FOTO: EVERS ?? Josef Niederholz (r.) ist ein Mann der ersten Stunde am „Runden Tisch Flüchtling­e in Kevelaer“. 2015 hat er eine Fahrradwer­kstatt in einer Garage eingericht­et. Jetzt tritt er kürzer und bekommt Unterstütz­ung von Wolfgang Röhr.
RP-FOTO: EVERS Josef Niederholz (r.) ist ein Mann der ersten Stunde am „Runden Tisch Flüchtling­e in Kevelaer“. 2015 hat er eine Fahrradwer­kstatt in einer Garage eingericht­et. Jetzt tritt er kürzer und bekommt Unterstütz­ung von Wolfgang Röhr.

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