Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Was in den Sarg gelegt werden darf
Die Bestattungskultur in Deutschland wird seit einigen Jahren offener. Auch Grabbeigaben können die Trauer persönlicher machen und den Abschied erleichtern. Dabei gibt es aber einiges zu beachten.
Welcher Sinn steckt hinter Grabbeigaben? Die Hinterbliebenen wollen dem Verstorbenen eine Erinnerung an das zu Ende gegangene Leben mitgeben. Alexander Helbach, Sprecher der Verbraucherzentrale Aeternitas, beobachtet, dass dies auch unabhängig von konfessionellen und religiösen Einstellungen geschieht: „Egal ob jemand ans Jenseits, an Wiedergeburt, sonst etwas oder gar nichts glaubt, möchten viele einen Gegenstand mitgeben, der verbindet.“
Wichtig ist, dass solche Dinge nicht im Testament festgelegt werden, denn dieses wird erst Wochen nach dem Tod geöffnet. Alle Bestattungswünsche sollten daher vorher in eine eigene Verfügung geschrieben werden.
Welche Dinge werden den Verstorbenen mitgegeben? Schmuck wie ein Ehering oder die Lieblingsuhr sind Beispiele für klassische Mitgaben. Aber auch ein Kuscheltier oder ein Brief werden in den Sarg gelegt. Christen bekommen bisweilen einen Rosenkranz oder ein Kreuz in die Hände. Hobbys sind häufig auch ein Anlass für Grabbeigaben: ein Kartenspiel, der geliebte Wanderstock oder ein Tennisball. Die jeweiligen Utensilien sollten dem Bestatter frühzeitig übergeben werden. „Meist ist es auch möglich, die Dinge selber in den Sarg zum Verstorbenen zu legen. Schließlich soll dies ein Teil des persönlichen Abschiednehmens sein“, sagt Helbach.
Was darf als Grabbeigabe verwendet werden? Streng genommen dürfen lediglich verrottbare und schadstofffreie Gegenstände beigelegt werden. Dies regeln die jeweiligen Landesbestattungsgesetze. In der Praxis beschwert sich der Erfahrung des Experten zufolge niemand über ein Stofftier aus Polyester oder einen Goldring, die beide schlecht zersetzt werden. Vom Tennisschläger aus Glasfasern sei jedoch abzusehen, und für technische Geräte wie Laptop, Tablet oder Handy gelte ein Tabu. „Sachen, die über Jahrzehnte nicht verrotten und nach einer Grabauflösung wieder auftauchen, sind nicht erlaubt“, erklärt Helbach.
Gibt es Unterschiede zwischen Erd- und Feuerbestattung? Es gelten weitestgehend die gleichen Richtlinien. Bei der Einäscherung müssen die Beigaben rückstandlos und ohne Freigabe von Schadstoffen verbrennen. „Gefährlich wird es, wenn etwas mit hineingelegt wird, das bei der Verbrennung explodiert“, so der Experte.
Die Kleidung ist auch eine Art der Grabbeigabe. Was ist dabei zu beachten? Beim Bestatter gibt es die Möglichkeit, Talare
oder sogenannte Leichenhemden zu kaufen. Jedoch wollen die meisten Menschen den Toten so kleiden, dass es einen Bezug zu dessen Leben hat: die Lieblingsklamotten, das Abendkleid oder auch das Trikot vom Lieblingsverein. „Auch hier gilt eigentlich die Richtlinie des Bestattungsgesetzes, aber wenn der Anzug nicht nur aus reiner Baumwolle besteht und das Trikot sicher Kunstfasern enthält, wird dem Wunsch meist doch entsprochen“, erklärt der Aeternitas-Sprecher. Es dürfe nur nicht zu offensichtlich sein: Der Pailletten-Anzug des Elvis-Imitators sei sicher grenzwertig.
Wie ist der Umgang bei unfreiwilligen Beigaben wie künstlichen Gelenken oder Goldzähnen? Für den Verbraucher ergeben sich laut Experten eigentlich keine Folgen, denn diese werden in der Regel nicht entnommen. „Lediglich Herzschrittmacher werden in manchen Fällen entnommen, wenn dies ohne zu viel Aufwand möglich ist“, sagt Helbach.
In der Branche seien im Körper enthaltene Gegenstände jedoch ein heikles Thema. Bei der Feuerbestattung werde von den Hinterbliebenen meist unterzeichnet, dass das Krematorium nicht verbrannte Gegenstände aus der Asche nehmen darf. „Je nach Material wird es von den meisten Krematorien dann gesammelt und verkauft – für die Senkung der Einäscherungskosten oder für einen sozialen Zweck“, erläutert Helbach. Kleine Teile wie Goldzähne oder Ringe würden aber oft in der Asche gelassen und mit in die Urne gefüllt.
„Auch Medikamenten-Rückstände oder radioaktive Implantate bei Krebspatienten bleiben unbeachtet, denn normalerweise liegen Friedhöfe nicht in Wasserschutzgebieten, wo das Trinkwasser verschmutzt werden könnte“, so Helbach. Derzeit sei aber in der Klärung, ob sich aus vorhandenen Schwermetallen in der Totenasche Probleme für Bestattungswälder ergäben.
Auch beim letzten Abschied am Grab werden noch Dinge auf Sarg oder Urne geworfen. Gibt es hier Einschränkungen? Es gelten die gleichen Regeln wie bei der Sargbeigabe: Blumensträuße, der Sand vom Lieblingsurlaubsstrand oder ein Brief sind in Ordnung. „Es wird auch kein Friedhofsverwalter
etwas sagen, wenn ein nicht verrottbares Stofftier hineingeworfen wird“, so Helbach.
Der Ehering, ein Brief oder der geliebte Wanderstock: Grabbeigaben gehören oft zum Abschiednehmen dazu. Aber nicht alles darf dem Verstorbenen mitgegeben werden.
Sollte man Stillschweigen über eine Beigabe bewahren? Wenn es sich um eigentlich nicht erlaubte Dinge wie Stofftiere handelt, sollte man damit nicht unbedingt hausieren gehen – „nicht dass doch ein kleingeistiger Friedhofsverwalter Ärger macht“. Der Experte warnt in dem Zusammenhang auch vor „Grabräubern“. „Es gibt leider immer wieder Übeltäter, die auf Friedhöfen alles klauen, was nicht niet- und nagelfest ist. Zwar müssen Kriminelle sehr tief graben, um an einen Sarg zu kommen – aber mit der Aussicht auf eine sehr wertvolle Uhr könnte dies vorkommen. Also lieber eine besonders wertvolle persönliche Beigabe auch für sich behalten“, rät Alexander Helbach.
Wo erhalte ich Hilfe, wenn ich unsicher bin über eine Grabbeigabe? Die Bestattungsgesetze der Bundesländer geben zunächst grobe Richtlinien vor. „Örtliche Bestatter kennen in der Regel die speziellen Anweisungen der jeweiligen Friedhofssatzung – oder wissen, inwieweit diese ausgedehnt werden kann“, so Helbach.