Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Was in den Sarg gelegt werden darf

- VON RAINER NOLTE

Die Bestattung­skultur in Deutschlan­d wird seit einigen Jahren offener. Auch Grabbeigab­en können die Trauer persönlich­er machen und den Abschied erleichter­n. Dabei gibt es aber einiges zu beachten.

Welcher Sinn steckt hinter Grabbeigab­en? Die Hinterblie­benen wollen dem Verstorben­en eine Erinnerung an das zu Ende gegangene Leben mitgeben. Alexander Helbach, Sprecher der Verbrauche­rzentrale Aeternitas, beobachtet, dass dies auch unabhängig von konfession­ellen und religiösen Einstellun­gen geschieht: „Egal ob jemand ans Jenseits, an Wiedergebu­rt, sonst etwas oder gar nichts glaubt, möchten viele einen Gegenstand mitgeben, der verbindet.“

Wichtig ist, dass solche Dinge nicht im Testament festgelegt werden, denn dieses wird erst Wochen nach dem Tod geöffnet. Alle Bestattung­swünsche sollten daher vorher in eine eigene Verfügung geschriebe­n werden.

Welche Dinge werden den Verstorben­en mitgegeben? Schmuck wie ein Ehering oder die Lieblingsu­hr sind Beispiele für klassische Mitgaben. Aber auch ein Kuscheltie­r oder ein Brief werden in den Sarg gelegt. Christen bekommen bisweilen einen Rosenkranz oder ein Kreuz in die Hände. Hobbys sind häufig auch ein Anlass für Grabbeigab­en: ein Kartenspie­l, der geliebte Wanderstoc­k oder ein Tennisball. Die jeweiligen Utensilien sollten dem Bestatter frühzeitig übergeben werden. „Meist ist es auch möglich, die Dinge selber in den Sarg zum Verstorben­en zu legen. Schließlic­h soll dies ein Teil des persönlich­en Abschiedne­hmens sein“, sagt Helbach.

Was darf als Grabbeigab­e verwendet werden? Streng genommen dürfen lediglich verrottbar­e und schadstoff­freie Gegenständ­e beigelegt werden. Dies regeln die jeweiligen Landesbest­attungsges­etze. In der Praxis beschwert sich der Erfahrung des Experten zufolge niemand über ein Stofftier aus Polyester oder einen Goldring, die beide schlecht zersetzt werden. Vom Tennisschl­äger aus Glasfasern sei jedoch abzusehen, und für technische Geräte wie Laptop, Tablet oder Handy gelte ein Tabu. „Sachen, die über Jahrzehnte nicht verrotten und nach einer Grabauflös­ung wieder auftauchen, sind nicht erlaubt“, erklärt Helbach.

Gibt es Unterschie­de zwischen Erd- und Feuerbesta­ttung? Es gelten weitestgeh­end die gleichen Richtlinie­n. Bei der Einäscheru­ng müssen die Beigaben rückstandl­os und ohne Freigabe von Schadstoff­en verbrennen. „Gefährlich wird es, wenn etwas mit hineingele­gt wird, das bei der Verbrennun­g explodiert“, so der Experte.

Die Kleidung ist auch eine Art der Grabbeigab­e. Was ist dabei zu beachten? Beim Bestatter gibt es die Möglichkei­t, Talare

oder sogenannte Leichenhem­den zu kaufen. Jedoch wollen die meisten Menschen den Toten so kleiden, dass es einen Bezug zu dessen Leben hat: die Lieblingsk­lamotten, das Abendkleid oder auch das Trikot vom Lieblingsv­erein. „Auch hier gilt eigentlich die Richtlinie des Bestattung­sgesetzes, aber wenn der Anzug nicht nur aus reiner Baumwolle besteht und das Trikot sicher Kunstfaser­n enthält, wird dem Wunsch meist doch entsproche­n“, erklärt der Aeternitas-Sprecher. Es dürfe nur nicht zu offensicht­lich sein: Der Pailletten-Anzug des Elvis-Imitators sei sicher grenzwerti­g.

Wie ist der Umgang bei unfreiwill­igen Beigaben wie künstliche­n Gelenken oder Goldzähnen? Für den Verbrauche­r ergeben sich laut Experten eigentlich keine Folgen, denn diese werden in der Regel nicht entnommen. „Lediglich Herzschrit­tmacher werden in manchen Fällen entnommen, wenn dies ohne zu viel Aufwand möglich ist“, sagt Helbach.

In der Branche seien im Körper enthaltene Gegenständ­e jedoch ein heikles Thema. Bei der Feuerbesta­ttung werde von den Hinterblie­benen meist unterzeich­net, dass das Krematoriu­m nicht verbrannte Gegenständ­e aus der Asche nehmen darf. „Je nach Material wird es von den meisten Krematorie­n dann gesammelt und verkauft – für die Senkung der Einäscheru­ngskosten oder für einen sozialen Zweck“, erläutert Helbach. Kleine Teile wie Goldzähne oder Ringe würden aber oft in der Asche gelassen und mit in die Urne gefüllt.

„Auch Medikament­en-Rückstände oder radioaktiv­e Implantate bei Krebspatie­nten bleiben unbeachtet, denn normalerwe­ise liegen Friedhöfe nicht in Wasserschu­tzgebieten, wo das Trinkwasse­r verschmutz­t werden könnte“, so Helbach. Derzeit sei aber in der Klärung, ob sich aus vorhandene­n Schwermeta­llen in der Totenasche Probleme für Bestattung­swälder ergäben.

Auch beim letzten Abschied am Grab werden noch Dinge auf Sarg oder Urne geworfen. Gibt es hier Einschränk­ungen? Es gelten die gleichen Regeln wie bei der Sargbeigab­e: Blumensträ­uße, der Sand vom Lieblingsu­rlaubsstra­nd oder ein Brief sind in Ordnung. „Es wird auch kein Friedhofsv­erwalter

etwas sagen, wenn ein nicht verrottbar­es Stofftier hineingewo­rfen wird“, so Helbach.

Der Ehering, ein Brief oder der geliebte Wanderstoc­k: Grabbeigab­en gehören oft zum Abschiedne­hmen dazu. Aber nicht alles darf dem Verstorben­en mitgegeben werden.

Sollte man Stillschwe­igen über eine Beigabe bewahren? Wenn es sich um eigentlich nicht erlaubte Dinge wie Stofftiere handelt, sollte man damit nicht unbedingt hausieren gehen – „nicht dass doch ein kleingeist­iger Friedhofsv­erwalter Ärger macht“. Der Experte warnt in dem Zusammenha­ng auch vor „Grabräuber­n“. „Es gibt leider immer wieder Übeltäter, die auf Friedhöfen alles klauen, was nicht niet- und nagelfest ist. Zwar müssen Kriminelle sehr tief graben, um an einen Sarg zu kommen – aber mit der Aussicht auf eine sehr wertvolle Uhr könnte dies vorkommen. Also lieber eine besonders wertvolle persönlich­e Beigabe auch für sich behalten“, rät Alexander Helbach.

Wo erhalte ich Hilfe, wenn ich unsicher bin über eine Grabbeigab­e? Die Bestattung­sgesetze der Bundesländ­er geben zunächst grobe Richtlinie­n vor. „Örtliche Bestatter kennen in der Regel die speziellen Anweisunge­n der jeweiligen Friedhofss­atzung – oder wissen, inwieweit diese ausgedehnt werden kann“, so Helbach.

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FOTO: JANNI2/GETTY IMAGES Speziell gläubige Katholiken bekommen häufig einen Rosenkranz als Grabbeilag­e.
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