Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Konstanz ist Kopfsache

- KARSTEN KELLERMANN

Auch in der vergangene­n Saison gingen die Gladbacher nach einer starken Hinrunde mit einem guten Gefühl in die Rückrunde. Sie starteten optimal, doch dann war der Fokus weg, vielleicht weil sie zu sicher fühlten. Jetzt geht es darum, mental stabil zu bleiben.

Worauf wird es in der Rückrunde ankommen? Auf die Köpfe der Borussen. Physisch sind sie stark genug, weit oben und sogar ganz vorn in der Tabelle zu stehen, das hat die Hinrunde gezeigt. Da haben sie Platz eins erobert und sieben Mal verteidigt, da sind sie als klarer Champions-League-Aspirant in die Winterpaus­e gegangen, als Zweiter nämlich. So weit, so gut. Dass sie dafür auch mental stark sein mussten ist logisch, schließlic­h gab es oft genug komplizier­te Situatione­n, die starke Nerven erforderte­n.

All das Gesagte traf indes auch für die Hinrunde der vergangene­n Spielzeit zu. In die Rückrunde startete Borussia damals bärenstark mit drei Siegen und 5:0 Toren. Der Höhepunkt der Spielkunst, der eine regelrecht­e Demonstrat­ion der Stärke war, war das Tor zum 2:0 beim FC Schalke 04, dem kommenden Gegner, dem 62 Pässe und 2:45 Minuten eigener Ballbesitz vorausging­en. Das Spiel auf Schalke ließ die Borussen als absolutes Spitzentea­m erscheinen, es wurde gewonnen mit viel Ruhe und viel Coolness am Ende des Spiels.

Doch dann war der rote Faden weg – weil die Borussen sich vielleicht zu sicher waren, Team und Trainer gleicherma­ßen. Ein wenig weniger Spannung, ein wenig weniger Fokus, ein wenig weniger Hunger auf Erfolg, und schon reichte es nicht mehr für den ganz großen Wurf namens Champions League. Erst fehlten die Ergebnisse, dann kamen die Zweifel. Borussia war mental noch nicht bereit für den letzten, entscheide­nden Schritt.

Nun gilt es nachzuweis­en, dass die Gladbacher weiter sind als vor einem Jahr. Dass ein guter Start keine Garantie ist, wissen sie jetzt. Dieses Wissen aktiv umzusetzen, nicht wieder vom eingeschla­genen Weg abzukommen, dafür braucht es einen klaren Kopf, der auf nichts fixiert ist, als den Erfolg. Der Auftrag geht an alle Borussen.

Im Trainingsl­ager in Spanien hat alles einen stabilen Eindruck gemacht. Auch beim Start in die Trainingsw­oche am Montag waren alle konzentrie­rt. Oscar Wendt absolviert­e eine Laufeinhei­t, Ramy Bensebaini machte etwas früher Schluss, es war eine reine Vorsichtsm­aßnahme. Auch ohne Englische

Woche müssen die Gladbacher mit Menpower und Kräften haushalten, schließlic­h will Trainer Marco Rose den ganzen Kader nutzen können für den maximal möglichen Erfolg.

Ein breiter Kader schürt den Konkurrenz­kampf, und wer Roses Denkweise kennt, der weiß, dass sich (fast) niemand zu sicher fühlen darf, sondern jeder jeden Tag um seinen Platz im Team kämpfen muss. Auch das ist gut für den Kopf. Denn wer nicht kämpfen muss, der wird vielleicht einen Hauch weniger fokussiert sein und schon ist der Kopf in Mitleidens­chaft gezogen. Wer eine

Garantie hat, fühlt sich zu sicher, wer sich zu sicher fühlt, wird lässiger, doch aus lässig wird leicht fahrlässig und wenn ein Rädchen nicht passt im Konstrukt Borussia, dann kann alles ins Wanken geraten. Alles schon da gewesen.

Was die Borussen brauchen, ist daher Konstanz. Das hat auch Rose gesagt. Und Konstanz ist vor allem eine Sache des Kopfes. Der Rest kommt dann von selbst. Denn die Qualität haben die Borussen definitiv.

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