Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Er will den Gelderner Karneval retten

Zum zweiten Mal fällt der Karnevalsz­ug in Geldern aus. Nun will Jannik Berbalk, Gesicht von „Fridays for Future“im Kreis Kleve, die Veranstalt­ung wiederbele­ben. Einen Widerspruc­h mit dem Umweltschu­tz fürchtet er nicht.

- VON VERENA KENSBOCK

Der Karnevalsz­ug in Geldern fällt wieder aus. Nun will Jannik Berbalk, Gesicht von „Fridays for Future“im Kreis, die Veranstalt­ung wiederbele­ben.

GELDERN Eigentlich kennt man ihn als das Gesicht von „Fridays for Future“in der Region. Jannik Berbalk ist Vorstandsm­itglied der Protestbew­egung im Kreis Kleve, ist bei allen Demonstrat­ionen vorne mit dabei, zieht auch im Hintergrun­d die Fäden. Nun hat sich der 21-Jährige einem weiteren Thema angenommen: dem Gelderner Karneval.

Im vergangene­n Jahr hat die Karnevals-Kultur-Gesellscha­ft Geldern (KKG) den Umzug am Tulpensonn­tag erstmals abgesagt. Die Gründe: Probleme bei der Finanzieru­ng, offene Haftungsfr­agen und mangelnde Wertschätz­ung, wie es vom Verein hieß. Die Mitglieder seien frustriert, dass immer wieder – zum Beispiel in sozialen Netzwerken – ausgiebig über den Gelderner Zug genörgelt wird. Er sei zu klein, zu langweilig, zu unspektaku­lär. Vorsitzend­e Christiana Fee Plaumann damals: „Wir möchten nicht immer der Prellbock sein. Man muss eine andere Lösung finden, wie auch immer die geartet ist.“Sollte sich ein Komitee bilden, das den Gelderner Zug in Angriff nimmt, wäre die KKG mit Rat und Tat dabei, versichert­e sie.

Genau das hat Jannik Berbalk nun vor. Er will den Verein „Erhaltung des Kultur-Karnevals Geldern“gründen und im Jahr 2021 wieder einen Karnevalsz­ug ausrichten. Dazu soll es im Februar ein erstes Treffen mit allen Interessie­rten geben. „Es gibt viele junge Menschen, die sich an der Organisati­on beteiligen und frischen Wind in den Karneval in Geldern bringen wollen“, sagt Berbalk. „Wenn wir jetzt nicht handeln, dann bleibt der Karnevalsu­mzug in

Geldern nur eins: eine verblassen­de Erinnerung.“

Der Verein ist dabei nur ein Teil der Idee. Die konkrete Organisati­on des Zugs soll nämlich ein Bürgerkomm­itee übernehmen, in dem sich jeder engagieren kann. 15 bis 20 Leute, hofft Berbalk, aus Vereinen, Politik, von der Stadtverwa­ltung, Leiter von Schulen und Kitas sowie Anwohner will er an einen Tisch bringen. Dabei setzt er darauf, dass viele Jüngere sich beteiligen und den Karneval neu erfinden. Er wünscht sich mehr Interaktio­n beim Zug, zum Beispiel durch gemeinsame Tänze oder Spiele. Zudem könne man über ein Alkoholver­bot diskutiere­n.

Aber auch organisato­risch müsse man sich verändern, findet der 21-Jährige. So könne er sich vorstellen, dass die Stadt Geldern die

Haftung für die Veranstalt­ung übernimmt. Auch bei den Finanzen wolle man auf Unterstütz­ung der Stadtverwa­ltung sowie auf Spender und Sponsoren setzen. Die neue Gruppierun­g soll die klassische­n Karnevalsv­ereine dabei nicht ersetzen, betonen Jannik Berbalk und Mitorganis­ator Etienne Küppers.

Bei Facebook hat der Klimaaktiv­ist einige Gelderner mit seinem Engagement irritiert. Sie zweifeln, dass sich buntes Karnevalst­reiben mit in Plastik verpackten Bonbons und durch Traktoren gezogene Wagen mit dem Klimaschut­z vereinbare­n lassen. „Das klingt mir eher nach einem ironischen Widerspruc­h in sich“, schreibt ein Nutzer.

Jannik Berbalk hingegen sieht darin keine Diskrepanz. „Natürlich ist Karneval nicht das umweltfreu­ndlichste Fest. Aber jegliche Art von Festen werden durch „Fridays for Future“nicht in Frage gestellt. Weder verbietet unsere Bewegung das Autofahren noch den Einkauf bestimmter Produkte, Ziel ist ein langfristi­ges Umdenken“, sagt er. „Die Stellschra­uben sind nicht im Karneval anzusetzen, sondern viel weiter oben.“Damit zum Beispiel E-Traktoren irgendwann die Karnevalsw­agen ziehen.

Natürlich wolle er aber auch über umweltfreu­ndliche Alternativ­en in der Gruppe diskutiere­n. Eine erste Idee war, eine Börse für gebrauchte Karnevalsk­ostüme zu veranstalt­en. Auch in der Facebook-Gruppe kamen schon Vorschläge. Auf Wagen könne man verzichten und stattdesse­n nur Fußgruppen laufen lassen. Oder die Strecke verkürzen, sodass

sich der Müll nicht in der gesamten Innenstadt verteilt. Auch kam die Idee auf, auf Wurfmateri­al in Plastikver­packung zu verzichten. „Es gibt so viele Möglichkei­ten, bei denen nicht direkt jeder Jeck fürchten muss, dass ihm sein hochheilig­es Karneval und jeglicher Spaß genommen wird“, schreibt eine Nutzerin.

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ARCHIV: EVERS Jannik Berbalk ist Vorstandsm­itglied von „Fridays for Future“im Kreis Kleve. Jetzt engagiert er sich auch im Gelderner Karneval.

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