Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Vereine müssen sich mehr Fragen stellen

- VON ALEV DOGAN VEREIN DISTANZIER­T SICH VON . . ., NRW

Der Anwalt aus der rechtsextr­emistische­n Szene hat seine Mitgliedsc­haft im Karnevalsv­erein „Narrencoll­egium“beendet. Ist der Fall somit erledigt? Nein, denn es geht um die Geschichte hinter der Geschichte, und die liegt in einer simplen Frage: Leben wir, was wir predigen?

Das „Narrencoll­egium“wies in einer Stellungna­hme Vorwürfe des Extremismu­s zurück. Man müsse schließlic­h nur mal einen Blick auf die politische­n und demokratie­freundlich­en Motive seiner Rosenmonta­gswagen werfen. Nun, abgesehen davon, dass niemand dem „Narrencoll­egium“eine rechtsextr­eme Gesinnung unterstell­t hatte, liegt in dieser Rechtferti­gung das Problem: Was zählt, ist nicht die Demokratie, die wir zeigen, sondern die Demokratie, die wir leben – kreative Wagen sind zweitrangi­g. Wenn das, was wir predigen, und das, was wir tun, nicht aufeinande­rpassen, dann entstehen so schizophre­ne Bilder wie auf dem Rosenmonta­gswagen des „Narrencoll­egiums“im vergangene­n Jahr. Dann feiert auf dem Wagen, der das gemeinsame Feiern eines Juden und eines Muslims zeigt, ein Mann, der das Hakenkreuz ein „Hoheitszei­chen aus bedeutsame­r Zeit“nennt.

Die Demokratie wird ständig angegriffe­n von Feinden der Freiheit und Gleichheit. Sie ist darauf angewiesen, dass ihre Mitglieder sie verteidige­n – und zwar nicht durch originelle Slogans und witzige Symbole, sondern durch aktives Tun, Hinterfrag­en und Abstrahier­en: Björn Clemens mag innerhalb des Vereins nie über Politik gesprochen haben und meistens auch nett gewesen sein. Doch es geht nicht nur darum, was man unmittelba­r von einem Menschen mitbekommt. Es geht auch um die Reden, die er woanders hält, und die Texte, die er woanders schreibt. Demokratie entsteht nicht dadurch, dass wir sie beschwören. Erst wenn wir ihre Werte in unserem Alltag anwenden, wird sie real. BERICHT

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