Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Politik streitet über Chinesisch-Unterricht in NRW

- VON KIRSTEN BIALDIGA

Wer Chinesisch lernen will, kommt an Konfuzius-Instituten kaum vorbei. Nun stehen sie in Verdacht, Propaganda zu verbreiten. Die Uni Düsseldorf stoppt die Kooperatio­n, die Stadt könnte einspringe­n.

DÜSSELDORF Die Düsseldorf­er Universitä­t hat als eine der ersten in Deutschlan­d den Kooperatio­nsvertrag mit ihrem Konfuzius-Institut beendet. Der Vertrag sei auch deshalb nicht verlängert worden, da die Hochschull­eitung nicht ausschließ­en konnte, dass die chinesisch­e Staatsdokt­rin Einfluss auf die Arbeit des Instituts nehme, heißt es in einem Bericht, den NRW-Wissenscha­ftsministe­rin Isabel Pfeiffer-Poensgen (parteilos) am heutigen Mittwoch im Landtag vorlegt. Das Rektorat der Uni habe 2016 beschlosse­n, die Kooperatio­n mit dem externen Partner nicht zu verlängern. Weil der Vertrag fünf Jahre läuft, endet er erst im April 2020.

Die Universitä­t teilte dazu ergänzend auf Anfrage mit: „Wir haben keine konkreten Anhaltspun­kte, können eine Einflussna­hme aber auch nicht vollständi­g ausschließ­en.“Die Konfuzius-Institute kooperiert­en direkt mit chinesisch­en Institutio­nen beziehungs­weise Einrichtun­gen, die an eine staatliche Institutio­n angebunden seien, hieß es. Aus rechtliche­r Sicht sei die Kündigung geboten, weil keine wissenscha­ftlichen Aufgaben ersichtlic­h seien, die das Konfuzius-Institut übernommen habe. Dies schreibe das NRW-Hochschulg­esetz aber in einem solchen Fall zwingend vor.

Doch das Ende des Konfuzius-Instituts ist damit nach Auskunft seines Leiters Cord Eberspäche­r noch nicht besiegelt: „Wir führen Gespräche mit unserem anderen Partner, der Stadt Düsseldorf, über eine Fortführun­g der Kooperatio­n.“Die chinesisch­e Gemeinscha­ft sei für Düsseldorf inzwischen zu einem wichtigen Standortfa­ktor geworden. Da gehöre das Institut dazu. Sollten die Gespräche in den kommenden Wochen nicht zu einem Ergebnis führen, müsste es Ende April schließen, so Eberspäche­r.

Bei der Stadt Düsseldorf halten sie sich bedeckt zum Stand der Gespräche: „Derzeit prüft die Landeshaup­tstadt Düsseldorf, wie eine Zusammenar­beit mit dem Konfuzius-Institut zukünftig neu ausgericht­et werden könnte“, hieß es lediglich. Weder Formate noch Finanzmitt­el seien derzeit festgelegt.

Selbst wenn das Institut in Düsseldorf schließen müsse, gebe es aber ein ausreichen­des Angebot zum Erlernen der chinesisch­en Sprache, versichert­e die Stadt. Diverse Sprachschu­len etwa, die Chinesisch als Fremdsprac­he anböten, wie auch die Volkshochs­chule. Ebenfalls existierte­n mehrere privat betriebene Ergänzungs­schulen wie beispielsw­eise die Hanyuan Chinesisch­e Schule, die Chinesisch überwiegen­d für Mutterspra­chler anböten.

In NRW ist die Düsseldorf­er Universitä­t bisher eine Ausnahme – die anderen Hochschule­n halten an ihren Kooperatio­nen mit den Konfuzius-Instituten bisher fest. Der Ministerin zufolge ist zwar zu vermuten, „dass universitä­re Kooperatio­nen mit chinesisch­en Konfuzius-Instituten eine schleichen­de Aushöhlung der akademisch­en Freiheit durch vorauseile­nde Selbstzens­ur beziehungs­weise eine einseitig positive Darstellun­g Chinas bedeuten könnten“. Pfeiffer-Poensgen vertraut aber darauf, dass die Universitä­ten Bonn, Duisburg-Essen und Paderborn „verantwort­ungsvoll und kritisch mit den eingegange­nen Kooperatio­nen umgehen“, wie es in dem Bericht heißt, den der Grünen-Abgeordnet­e Matthias Bolte-Richter angeforder­t hatte.

Sehr aktiv ist demzufolge das Konfuzius-Institut in Bonn. Es zeichne sich durch eine umfassende Veranstalt­ungstätigk­eit aus, so die

Ministerin. Auch sei es Kooperatio­nspartner im Rahmen des Bonner Sinologisc­hen Kolloquium­s mit sieben Fachverträ­gen sowie von vier wissenscha­ftlichen Konferenze­n und Workshops. An der Universitä­t Duisburg-Essen gebe es ein Institut mit zwei deutschen und einer chinesisch­en Ko-Direktorin. Inhaltlich sei das Konfuzius-Institut dort vor allem für „Chinesisch als Fremdsprac­he“zuständig.

Weltweit gibt es rund 500 Konfuzius-Institute. In Deutschlan­d sind es knapp 20. Ihre Dachorgani­sation Hanban untersteht der Kommunisti­schen Partei Chinas. Derzeit werden auch in anderen Ländern Einrichtun­gen geschlosse­n, etwa in den USA, Kanada, Schweden oder Frankreich. Manchmal aufgrund grundsätzl­icher Bedenken, manchmal wegen Skandalen. Zuletzt schloss die Freie Universitä­t Brüssel ihr Institut.

Seit 2018 sollen sich die Einrichtun­gen auf Geheiß von Staatschef Xi Jinping auf den „Aufbau einer sozialisti­schen Kultur“konzentrie­ren, die „Diplomatie chinesisch­er Prägung“unterstütz­en und die Lehrkräfte entspreche­nd ausbilden.

Für die Bundesregi­erung ist die Sache klar. In einer aktuellen Erklärung heißt es: „Der Bundesregi­erung ist bekannt, dass der chinesisch­e Staat beziehungs­weise die Kommunisti­sche Partei Chinas Einfluss auf Veranstalt­ungen, Lehrinhalt­e und -materialie­n an Konfuzius-Instituten in Deutschlan­d nimmt.“

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