Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Eine Billion Euro für den Klimaschutz
Die Europäische Union will bis 2050 klimaneutral werden und ihre bisherige Wirtschaftspolitik umkrempeln. Das bedeutet: neue Energien, neue Fabriken, neue Autos, optimal gedämmte Häuser. Es wird ein Kraftakt.
BRÜSSEL Die EU-Kommission will für den ökologischen Umbau der Volkswirtschaft in Europa in den nächsten zehn Jahren Investitionen in Höhe von einer Billion Euro anschieben. EU-Vizepräsident Frans Timmermans, der in der Kommission von Ursula von der Leyen für den Green Deal“zuständig ist, rief den betroffenen Bergleuten in den Kohleregionen und den Besitzern älterer Häuser, die wärmegedämmt werden müssen, zu: „Es gibt das Versprechen der Europäischen Union, dass sie Ihnen bei diesem Übergang zur Seite steht.“
Die EU-Kommission will erreichen, dass die EU-Mitgliedstaaten bis 2030 bis zu 50 Prozent weniger Klimagase ausstoßen als 1990. Die Kommission schlägt konkret einen Fond für einen gerechten Übergang vor, der 100 Milliarden Euro für die Regionen Europas zur Verfügung stellen soll, die besonders vom Umbau der Volkswirtschaft betroffen sind. Dazu gehören vor allem die 108 Regionen, in der Kohle abgebaut wird. Auch das Saarland und die Lausitz sollen in den Genuss der Fördergelder kommen. Die EU-Kommission will für den Fonds 7,5 Milliarden Euro an frischem Geld bereitstellen. Die verbleibenden Investitionssummen sollen erzielt werden, indem sich die Mitgliedstaaten und Unternehmen an Investitionsprojekten beteiligen. Die Europäische Förderbank EIB soll dabei besonders zinsgünstige Darlehen zur Verfügung stellen und das Risiko übernehmen.
Die Kommission hat sich festgelegt, dass Investitionen in neue Kernkraftwerke nicht im Rahmen des Green Deal gefördert werden sollen. Die Finanzplanung für den Green Deal steht noch unter Vorbehalt. Die 27 Mitgliedstaaten müssen erst noch dem Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) zustimmen. Deutschland und andere Nettozahler, die die Mittel aufbringen müssen, bestehen hier immer noch darauf, dass der Etat sinkt und nicht steigt, wie die Kommission vorschlägt.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) begrüßte die Pläne der EU-Kommission. „Die Hilfen für die vom Wandel betroffenen Regionen gehören zum Herz der europäischen Klimapolitik“, sagte Schulze. Klimaschutz sei auch eine Frage der Solidarität. Es sei gut, dass die EU-Kommission diesen Hilfen den nötigen Stellenwert einräume. „Mir ist wichtig, dass das Geld in Zukunftsjobs investiert wird – also in klimafreundliche Arbeitsplätze statt in Atomkraft oder andere technologische Sackgassen von gestern“, so die SPD-Politikerin. „Dabei geht es nicht um eine Kopie der klassischen Strukturpolitik, sondern um gezielte Investitionen in den klimafreundlichen Umbau der europäischen Volkswirtschaft“, fügte Schulze hinzu.
Die FDP will über eine Kooperation zwischen EU und China einen größeren Effekt für den Klimaschutz erreichen. „Wir sollten als Europäische Union mit China einen gemeinsamen CO2-Zertifikatehandel auf den Weg bringen“, sagte FDP-Chef Christian Lindner. Wenn die EU-Kommission ab 2021 stärker auf marktwirtschaftliche Elemente setze, empfehle sich als nächster Schritt, in Gespräche zum Beispiel mit China einzutreten. „Wir sollten nicht den kleinen deutschen Sonderweg gehen, sondern groß denken im Interesse des Weltklimas“, sagte Lindner. Er bezeichnete es als „paradox“, dass in der gleichen historischen Sekunde, in der die Kommunistische Partei Chinas sich darauf festlege, zum Klimaschutz den CO2-Ausstoß mit den Mittel des Marktes zu steuern, sich Deutschland für einen planwirtschaftlichen Weg entscheide.
Peter Liese (CDU), Umweltexperte der Christdemokraten im Europa-Parlament, betonte: „Es ist richtig, ambitionierte Klimaschutzziele vorzulegen. Genauso wichtig ist es aber, die Menschen, die von diesem Strukturwandel betroffen sind, zu unterstützen.“Offensichtlich hätten sich einzelne Kommissare, die aus der sozialistischen Parteienfamilie kommen, in internen Runden dafür ausgesprochen, dass Deutschland nicht von den Fördergeldern der Europäischen Union profitieren kann. „Dies halte ich für einen Skandal“, sagte Liese: „Deutschland ist das EU-Land, das momentan am meisten Kohle verfeuert und steigt gleichzeitig aus Kohle und Kernenergie aus.“Es sei den Deutschen nicht vermittelbar, mehr Geld in den EU-Haushalt einzuzahlen und gleichzeitig vom Zugang zu den Mitteln ausgeschlossen zu werden.