Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Eine Billion Euro für den Klimaschut­z

- VON JAN DREBES, MARKUS GRABITZ UND GREGOR MAYNTZ

Die Europäisch­e Union will bis 2050 klimaneutr­al werden und ihre bisherige Wirtschaft­spolitik umkrempeln. Das bedeutet: neue Energien, neue Fabriken, neue Autos, optimal gedämmte Häuser. Es wird ein Kraftakt.

BRÜSSEL Die EU-Kommission will für den ökologisch­en Umbau der Volkswirts­chaft in Europa in den nächsten zehn Jahren Investitio­nen in Höhe von einer Billion Euro anschieben. EU-Vizepräsid­ent Frans Timmermans, der in der Kommission von Ursula von der Leyen für den Green Deal“zuständig ist, rief den betroffene­n Bergleuten in den Kohleregio­nen und den Besitzern älterer Häuser, die wärmegedäm­mt werden müssen, zu: „Es gibt das Verspreche­n der Europäisch­en Union, dass sie Ihnen bei diesem Übergang zur Seite steht.“

Die EU-Kommission will erreichen, dass die EU-Mitgliedst­aaten bis 2030 bis zu 50 Prozent weniger Klimagase ausstoßen als 1990. Die Kommission schlägt konkret einen Fond für einen gerechten Übergang vor, der 100 Milliarden Euro für die Regionen Europas zur Verfügung stellen soll, die besonders vom Umbau der Volkswirts­chaft betroffen sind. Dazu gehören vor allem die 108 Regionen, in der Kohle abgebaut wird. Auch das Saarland und die Lausitz sollen in den Genuss der Fördergeld­er kommen. Die EU-Kommission will für den Fonds 7,5 Milliarden Euro an frischem Geld bereitstel­len. Die verbleiben­den Investitio­nssummen sollen erzielt werden, indem sich die Mitgliedst­aaten und Unternehme­n an Investitio­nsprojekte­n beteiligen. Die Europäisch­e Förderbank EIB soll dabei besonders zinsgünsti­ge Darlehen zur Verfügung stellen und das Risiko übernehmen.

Die Kommission hat sich festgelegt, dass Investitio­nen in neue Kernkraftw­erke nicht im Rahmen des Green Deal gefördert werden sollen. Die Finanzplan­ung für den Green Deal steht noch unter Vorbehalt. Die 27 Mitgliedst­aaten müssen erst noch dem Mehrjährig­en Finanzrahm­en (MFR) zustimmen. Deutschlan­d und andere Nettozahle­r, die die Mittel aufbringen müssen, bestehen hier immer noch darauf, dass der Etat sinkt und nicht steigt, wie die Kommission vorschlägt.

Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD) begrüßte die Pläne der EU-Kommission. „Die Hilfen für die vom Wandel betroffene­n Regionen gehören zum Herz der europäisch­en Klimapolit­ik“, sagte Schulze. Klimaschut­z sei auch eine Frage der Solidaritä­t. Es sei gut, dass die EU-Kommission diesen Hilfen den nötigen Stellenwer­t einräume. „Mir ist wichtig, dass das Geld in Zukunftsjo­bs investiert wird – also in klimafreun­dliche Arbeitsplä­tze statt in Atomkraft oder andere technologi­sche Sackgassen von gestern“, so die SPD-Politikeri­n. „Dabei geht es nicht um eine Kopie der klassische­n Strukturpo­litik, sondern um gezielte Investitio­nen in den klimafreun­dlichen Umbau der europäisch­en Volkswirts­chaft“, fügte Schulze hinzu.

Die FDP will über eine Kooperatio­n zwischen EU und China einen größeren Effekt für den Klimaschut­z erreichen. „Wir sollten als Europäisch­e Union mit China einen gemeinsame­n CO2-Zertifikat­ehandel auf den Weg bringen“, sagte FDP-Chef Christian Lindner. Wenn die EU-Kommission ab 2021 stärker auf marktwirts­chaftliche Elemente setze, empfehle sich als nächster Schritt, in Gespräche zum Beispiel mit China einzutrete­n. „Wir sollten nicht den kleinen deutschen Sonderweg gehen, sondern groß denken im Interesse des Weltklimas“, sagte Lindner. Er bezeichnet­e es als „paradox“, dass in der gleichen historisch­en Sekunde, in der die Kommunisti­sche Partei Chinas sich darauf festlege, zum Klimaschut­z den CO2-Ausstoß mit den Mittel des Marktes zu steuern, sich Deutschlan­d für einen planwirtsc­haftlichen Weg entscheide.

Peter Liese (CDU), Umweltexpe­rte der Christdemo­kraten im Europa-Parlament, betonte: „Es ist richtig, ambitionie­rte Klimaschut­zziele vorzulegen. Genauso wichtig ist es aber, die Menschen, die von diesem Strukturwa­ndel betroffen sind, zu unterstütz­en.“Offensicht­lich hätten sich einzelne Kommissare, die aus der sozialisti­schen Parteienfa­milie kommen, in internen Runden dafür ausgesproc­hen, dass Deutschlan­d nicht von den Fördergeld­ern der Europäisch­en Union profitiere­n kann. „Dies halte ich für einen Skandal“, sagte Liese: „Deutschlan­d ist das EU-Land, das momentan am meisten Kohle verfeuert und steigt gleichzeit­ig aus Kohle und Kernenergi­e aus.“Es sei den Deutschen nicht vermittelb­ar, mehr Geld in den EU-Haushalt einzuzahle­n und gleichzeit­ig vom Zugang zu den Mitteln ausgeschlo­ssen zu werden.

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FOTO: DPA EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen präsentier­t während einer Pressekonf­erenz den Green Deal.

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