Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Merkel lädt zu Libyen-Gipfel auf höchster Ebene ein
Die halbe Welt soll am Sonntag nach Berlin kommen. Außenminister Heiko Maas sieht Chancen für eine politische Lösung.
BERLIN Es war eine eindrückliche Begegnung – mit einem ungewöhnlichen Arbeitsauftrag für die Kanzlerin. Jedenfalls nannte sie es zum Abschluss ihrer Reise durch die Sahelzone im vorigen Mai so. Tief besorgt darüber, dass Europa Afrika zu wenig hilft. Angela Merkel hatte sich von den Präsidenten in Mauretanien, Mali, Niger, Tschad und Burkina Faso die sich ausbreitende Terrorgefahr durch den Bürgerkrieg in Libyen aus afrikanischer Sicht erklären lassen und die dringende Botschaft mit nach Hause genommen: Europa muss sich um Frieden in Libyen kümmern. Dabei geht es auch um einen Stellvertreterkrieg zwischen Russland und der Türkei.
Acht Monate und dramatische Entwicklungen in Libyen später hat sie nun für diesen Sonntag zu einem Gipfel auf allerhöchster Ebene nach Berlin eingeladen. Und zwar die Staats- und Regierungschefs der USA, von Russland, Großbritannien, Frankreich, China, der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), der Türkei, der Republik Kongo, von Italien, Ägypten und Algerien. Zudem sollen Vertreter der UN, EU, der Afrikanische Union und der Arabische Liga vertreten sein – und darüber hinaus möglichst auch der Ministerpräsident der international anerkannten Regierung in Libyen, Fajis
Al Sarradsch, sowie der abtrünnige General Chalifa Haftar.
Kurz vor Merkels Einladung war Haftar aus Moskau abgereist, ohne in seinen Gesprächen eine Waffenruhe zu unterschreiben. Sarradsch war zu Konsultationen in die Türkei gereist. Der Bürgerkrieg in Libyen tobt seit dem vom Westen unterstützten Sturz des Diktators Muammar al Gaddafi im Jahr 2011. Die Türkei unterstützt Al Sarradsch, Russland stärkt General Haftar.
Außenminister Heiko Maas (SPD) sagte in Berlin, niemand dürfe mehr Militärgüter an die unterschiedlichen Parteien liefern. Es gebe Chancen für eine Vereinbarung in Berlin, die die Voraussetzung schaffe, „dass die beiden Bürgerkriegsparteien gar nicht mehr in der Lage sein werden, diesen Konflikt militärisch auszutragen, sondern ein politischer Prozess unter der Ägide der Vereinten Nationen eingeleitet wird.“Ob US-Präsident Donald Trump anreisen wird, war zunächst unklar. FDP-Chef Christian Lindner erklärte auf Anfrage, die wesentlichen Akteure seien Kremlchef Wladimir Putin und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. „Beide sollten sich in Berlin aktiv an einer Friedenslösung beteiligen, weil in Libyen auch ein Stellvertreterkrieg dieser Mächte stattfindet – und Europa muss endlich mit einer Stimme sprechen.“
Das Ziel der Bundesregierung ist: ein souveränes Libyen und ein innerlibyscher Versöhnungsprozess. Es wäre einer von Merkels größten internationaler Erfolge wenn ein ernsthafter Schritt in diese Richtung am Sonntag in Berlin gemacht werden würde.