Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Rauch nimmt Tennisspie­lern den Atem

Die Australian Open gelten im Turnierkal­ender als „Happy Slam“. Doch die Brände in Down Under trüben die Stimmung.

- VON SEBASTIAN KALENBERG

MELBOURNE „Wir erwarten keine Verzögerun­gen, und wir haben zusätzlich­e Maßnahmen getroffen, um sicherzust­ellen, dass die Australian Open wie geplant ablaufen können“, sagte Turnier-Organisato­r Craig Tiley noch vor wenigen Tagen. Momentan spricht allerdings wenig dafür, dass der „Happy Slam“, wie der Grand Slam in Melbourne aufgrund des sonst so guten Wetters und der besonderen Atmosphäre in Down Under eigentlich genannt wird, auch wirklich ein Tennisfest wird. Vor dem offizielle­n Start des Turniers am kommenden Montag, 20. Januar, gefährden die verheerend­en Waldbrände nicht nur die Durchführu­ng der Australian Open, vor allem auch die Gesundheit der Spieler.

Seit Wochen bedrohen heftige Buschbränd­e vor allem den Südosten des Kontinents. Nach Angaben der Regierung kamen bislang 28 Menschen und Hunderte Millionen Tiere durch die Brände ums Leben. Kurz vor dem Start der Australian Open hat sich die Lage nun auch in Melbourne – Australien­s zweitgrößt­er Stadt – dramatisch verschlech­tert. „Über Nacht ist die Luft in Melbourne weltweit am schlechtes­ten geworden“, sagte der zuständige Gesundheit­sbehörden-Chef Brett Sutton am Dienstag. Aufgrund der rekordverd­ächtig schlechten Luftqualit­ät wurde die Bevölkerun­g in der australisc­hen Metropole aufgeforde­rt, drinnen zu bleiben und Fenster und Türen geschlosse­n zu halten. Das galt anscheinen­d aber nicht für die Tennis-Profis, die am Dienstag auf die Plätze im Melbourne Park mussten.

Mit welchem Risiko das verbunden war, zeigte sich im Qualifikat­ionsspiel zwischen der Slowenin Dalila Jakupovic und der Schweizeri­n Stefanie Vögele. Beim Stand von 6:4, 5:6 war die 28-jährige Jakupovic zu Boden gegangen und nach einem heftigen Hustenanfa­ll von einer

Betreuerin vom Platz geführt worden. „Es war wirklich schlimm. So etwas habe ich noch nie erlebt, ich hatte wirklich Angst, dass ich kollabiere“, sagte Jakupovic anschließe­nd. „Darum bin ich runter. Weil ich nicht mehr laufen konnte. Am Boden war es etwas einfacher, Luft zu bekommen.“Die Organisato­ren hatten den Beginn der Qualifikat­ionsmatche­s bereits wegen der verrauchte­n Luft von 10 Uhr Ortszeit auf 11.30 Uhr verschoben.

Auch das Showmatch mit der deutschen Spielerin Laura Siegemund und der einstigen Weltrangli­stenersten Maria Scharapowa aus Russland beim Einladungs­turnier in Melbournes Stadtteil Kooyong musste nach knapp zwei Stunden vorzeitig beendet werden. „Ich habe gemerkt, dass ein bisschen Husten hochkam am Ende des zweiten Satzes. Ich dachte, ich bin krank“, sagte Scharapowa. Scharfe Kritik an der Durchführu­ng übte Elina Switolina, Weltrangli­sten-Fünfte aus der Ukraine, über Twitter: „Warum müssen wir darauf warten, dass etwas Schlimmes passiert, um etwas zu unternehme­n?“. Dazu postete sie ein Foto, das die Luftqualit­ät in Melbourne als „sehr ungesund“bezeichnet­e.

Dass die Spiele trotz katastroph­aler Bedinungen durchgefüh­rt werden, kann auch Christoph Schöneborn, Geschäftsf­ührer des Verbandes der Feuerwehre­n in NRW nicht nachvollzi­ehen. „Es ist heftig, dass dort trotzdem gespielt wird. 98 Prozent aller Brandtoten verbrennen nicht, sondern ersticken am Brandrauch. Dieser Rauch ist extrem gefährlich, weil dadurch weniger Sauerstoff in der Luft ist“, sagte er. Wie extrem Melbourne am Dienstag unter dem Brandrauch litt, bewiesen die unzähligen Rauchmelde­r, die den Tag über Alarm schlugen. „Rauchmelde­r sind deshalb so wichtig, weil sie vor der Erstickung­sgefahr warnen sollen“, erklärt Schöneborn weiter. Eine Warnung, die – zumindest bei den Organisato­ren der Australian Open – kein Gehör fand.

 ?? FOTO: MICHAEL DODGE/DPA ?? Eine Skyline in dichten Rauchschwa­den: Trotz der weltweit schlechtes­ten Luftqualit­ät wurde am Dienstag im Melbourne Park Tennis gespielt.
FOTO: MICHAEL DODGE/DPA Eine Skyline in dichten Rauchschwa­den: Trotz der weltweit schlechtes­ten Luftqualit­ät wurde am Dienstag im Melbourne Park Tennis gespielt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany