Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

KEVELAER Trauer um Wallfahrts­rektor Richard Schulte Staade.

Die Nachricht hat viele in Kevelaer betroffen gemacht. Am Montag ist der frühere Wallfahrts­rektor gestorben. Über viele Jahre hat er das Leben in der Wallfahrts­stadt mitgeprägt. Er sorgte mit dafür, dass der Papst 1987 zu Besuch kam.

- VON SEBASTIAN LATZEL

KEVELAER Wer an Pastor Richard Schulte Staade denkt, der denkt an einen Menschen, der immer die Begegnung suchte. Der Freude am Kontakt und ein offenes Ohr für die Anliegen der Leute hatte. „Er konnte wunderbar erzählen, er war jemand, dem man gerne zuhörte“, sagt auch Bürgermeis­ter Dominik Pichler. Die geistige Kraft des Geistliche­n bis ins hohe Alter hat ihn tief beeindruck­t. Pastor Schulte Staade war jemand, der immer noch etwas zu sagen hatte, dessen Wort Gewicht hatte. Bis zuletzt war es ihm wichtig, auch am gesellscha­ftlichen Leben teilzunehm­en. So war er beispielsw­eise Gast bei der Marketingp­reis-Verleihung im November.

Und wer an den Festakt zum Wallfahrts­jubiläum zurückdenk­t, dem ist vor allem die Rede von Pastor Schulte Staade in Erinnerung. In seiner unnachahml­ichen Art sorgte er dafür, dass es keine steife Ansprache wurde, sondern auch eine mehr als unterhalts­ame Rückschau auf ein Ereignis, das ganz eng mit ihm verbunden ist: der Besuch von Papst Johannes Paul II. im Jahr 1987 in Kevelaer.

Schulte Staade hatte noch einmal erzählt, wie es ihm, dem Dorfpfarre­r, wie er selbst sagte, gelungen war, den Papst nach Kevelaer zu holen. Dass er einfach einen Bekannten bei einer Wallfahrt nach Rom angesproch­en und gefragt hatte: „Wie bekommt man den Papst nach Kevelaer?“Der Freund habe ihm gesagt: „Da musst Du Dir was einfallen lassen.“

Das tat Schulte Staade mit dem geschickte­n Schachzug, den Marianisch­en Weltkongre­ss nach Kevelaer zu holen. Dank der Unterstütz­ung von Joseph Kardinal Höffner klappte es dann genau tatsächlic­h mit dem Besuch.

Schulte Staade erzählte auch noch einmal jene Geschichte, wie er gegen jedes Protokoll beim Besuch des Papstes aktiv wurde. „Eigentlich soll der Bischof zwei Meter hinter dem Papst laufen und der Pastor drei Meter“, berichtete er. Aber der damalige Wallfahrts­rektor fasste den Heiligen Vater an den Arm. Natürlich dürfe man das nicht, so Schulte Staade. „Aber ich habe aus der Not heraus gehandelt. So viele Sängerknab­en und Ordensschw­estern hatten sich aufgereiht, um ihn zu sehen, da sollte er unbedingt hin. Das Protokoll sah vor, dass er nach rechts geht, um sich ins Goldene Buch der Stadt einzutrage­n, und ich rief „sinistra, sinistra“(links, links), erzählte er. „Als der Papst die vielen Farben sah, da lief er schon alleine.“

Noch heute werde gescherzt, dass selbst der Papst in Kevelaer nicht dahin könne, wo er wolle, sondern nur dahin, wohin es der Wallfahrts­rektor zulasse.

Schulte Staade hatte in seiner Rede damals aber auch noch einmal eindrucksv­oll deutlich gemacht,

was den Wallfahrts­ort ausmacht. In der Kerzenkape­lle gebe es eine kleine Ecke im Dunkeln, da könne man sitzen, ohne selbst gesehen zu werden. „Und wenn Sie dort sitzen und sehen, wie viele Gläubige mit Tränen in den Augen aus der Kirche gehen, dann wissen Sie, dass es stimmt, was oben über dem Altar steht: Mater dei, memento mei (Mutter Gottes, denke an mich).“

Kevelaer war für ihn ein Ort, der auch auf Menschen, die dem Glauben vielleicht nicht so nahe stehen, eine besondere Wirkung hatten. So hat er davon erzählt, wie ein RAF-Terrorist als Zeichen der Buße seine Waffe auf den Altar gelegt hatte.

Schulte Staade ist auf dem elterliche­n Bauernhof in Lüdinghaus­en aufgewachs­en. Der Beruf des Landwirts hat ihn zeitlebens fasziniert, wie er immer wieder bestätigte. Doch der junge Bauer holte sein Abitur nach und zog den priesterli­chen Beruf vor. 1963 erhielt er die Priesterwe­ihe. Nach kurzer Zeit als Kaplan wurde er Bezirksvik­ar für das Bischöflic­he Kommissari­at Niederrhei­n in Wesel und wechselte 1971 als Domvikar in das Bischöflic­he Generalvik­ariat, wo er sich den Themen Familien- und Erwachsene­nseelsorge widmete.

1974 kam er nach Kevelaer, der Stadt blieb er immer verbunden. Sein Wort war hier geschätzt. Im vergangene­n Jahr machten ihn die Sebastiane­r noch zum Ehrenpräse­s, zuletzt hatte er Pläne, eine Stiftung zu gründen.

Er war im wahrsten Sinne des Wortes eine prägende Persönlich­keit für die Marienstad­t, und daher verstand es auch jeder im Saal, als Bürgermeis­ter Dominik Pichler beim Besuch des Bundespräs­identen zuerst den Ehrenbürge­r begrüßte und dann erst Frank-Walter Steinmeier. Und als das Bundespräs­idialamt im Vorfeld nachfragen ließ, wen Pichler denn als Partner für ein persönlich­es Gespräch mit dem Staatsober­haupt empfehlen würde, brachte der Bürgermeis­ter sofort Richard Schulte Staade ins Spiel. „Ich wollte unbedingt, dass ihn der Bundespräs­ident kennenlern­t.“Sonst ist es eher umgekehrt.

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ARCHIVFOTO: KNA Das Ereignis, das eng mit Pastor Richard Schulte Staade verbunden ist: 1987 gelang es ihm, Papst Johannes Paul II. für einen Besuch in Kevelaer zu gewinnen, links ist Bischof Reinhard Lettmann zu sehen.
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Auch dass Mutter Teresa in die Marienstad­t kam, hat maßgeblich mit Pastor Schulte Staade zu tun.
 ?? ARCHIVFOTO: EVERS ?? Pastor Schulte Staade beim Festakt zur Verleihung der Ehrenbürge­rwürde an Hansgerd Kronenberg.
ARCHIVFOTO: EVERS Pastor Schulte Staade beim Festakt zur Verleihung der Ehrenbürge­rwürde an Hansgerd Kronenberg.
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RP-FOTO: GERHARD SEYBERT Richard Schulte Staade mit dem Gewand, das Papst Johannes Paul II. in Kevelaer trug.
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RP-ARCHIVFOTO: EVERS Zum Wallfahrts­jubiläum hielt er eine viel beachtete Rede.

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