Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Trotz vieler Verletzung­en oben dabei

In der Hinrunde hatte keine Mannschaft mehr Ausfallzei­ten als die Borussen. Dennoch gingen sie als Bundesliga­Zweiter in die Winterpaus­e. Zum Start der Rückrunde ist Gladbach ganz fit.

- VON KARSTEN KELLERMANN

Ramy Bensebaini ist ein bisschen fraglich, aber das war es dann auch schon. Borussia geht ohne Verletzung­ssorgen in die Rückrunde der Fußball-Bundesliga, die am Freitagabe­nd mit dem Spiel beim FC Schalke 04 beginnt (20.30 Uhr). Der aktuelle Gesundheit­szustand der Gladbacher steht im krassen Gegensatz zum Hinrunden-Ranking des Portals Fußballver­letzungen.com. Da werden die Ausfallzei­ten in der ersten Hälfte der Saison berücksich­tigt. Borussia ist Letzter in dem Klassement mit im Schnitt 38,52 Fehltagen pro Spieler.

Derartige Bilanzen in Sachen Verletzung­en hatten die Gladbacher zuletzt in den Spielzeite­n 2016/17 und 2017/18, auch da standen sie ganz unten in der Krankensta­nds-Tabelle. Doch wirkte sich das damals extrem auf den sportliche­n Erfolg aus. Zweimal verpasste Borussia Europa. Zwischenze­itlich organisier­te Sportdirek­tor Max Eberl die medizinisc­he Abteilung um, unter anderem kam 2017 Andreas Schlumberg­er als Leiter Medizin und Prävention. Das trug Früchte: In der Saison 2018/19 gab es weit weniger Ausfälle, Borussia lag auf Rang sieben des Krankenkla­ssements – und erreichte Europa.

Im ersten Teil der aktuellen Saison gab es indes wieder mehr Verletzung­ssorgen. Zwischenze­itlich fehlte ein komplettes Team. „Dafür gibt es aber nicht den einen Grund, sondern diverse“, sagt Schlumberg­er. Lars Stindl fehlte nach seinem Schienbein­bruch bis Anfang Oktober, Jonas Hofmann zog sich im ersten Pokalspiel ein Innenbandr­iss zu, Tobias Strobl musste am Knie operiert werden, auch Fabian Johnson, Ibrahima Traoré, Keanan Bennetts und Torben Müsel fielen ebenfalls länger aus. Nun sind aber selbst die Langzeitve­rletzten wieder fit, ins Trainingsl­ager nach Spanien reiste eine komplett gesunde Borussia.

Dass Borussia trotz der Gesundheit­probleme der Hinrunde weit oben steht, hat Gründe. „Wir sind in der Zeit, als einige Spieler fehlten, ruhig geblieben. Mitte, Ende November hatten sich die Probleme erledigt. Es können nicht viele Klubs von sich sagen, dass sie ohne einen Verletzten in die Winterpaus­e gehen konnten. Es hat sich gezeigt: Wir sind in unseren Abläufen klar organisier­t“, sagt Schlumberg­er. Die Abläufe sind wie in der Trainingsa­rbeit auch in der Reha-Phase auf die neuen Anforderun­gen des Fußballs, den Trainer Marco Rose spielen lässt, ausgericht­et. Die Borussen sind zu einem Team geworden, das mehr Zweikämpfe führt und mehr sprintet als zuvor.

Ein wesentlich­er Grund dafür, dass die Gladbacher die Verletzung­en auffangen konnten, ist der im Vergleich zu den vorangegan­genen Spielzeite­n noch breiter aufgestell­te Kader. Gerade in der Offensive hat Sportdirek­tor Max Eberl mit Breel Embolo und Marcus Thuram nachgelegt und damit den zum BVB gewechselt­en Thorgan Hazard doppelt ersetzt, es gibt somit im Vergleich zur Vorsaison eine Planstelle mehr in der Offensive. So hatte Rose mehr Optionen. Der Faktor Rotation half den Borussen, trotz der Ausfälle gut dazustehen. Trainer Maco Rose wartete mit personelle­n und taktischen Rochaden auf, sein Team sammelte fleißig Punkte ein. Als Matthias Ginter

fehlte, war Tony Jantschke da, als auch der ausfiel, schaltete Rose auf eine Dreierkett­e um.

Ob eine gesündere Borussia noch im DFB-Pokal oder in der Europa-League dabei wäre, ist spekulativ. So fehlten beim Zweitrunde­n-Pokalspiel bei Borussia Dortmund die Stürmer Alassane Plea, Breel Embolo und Raffael – und damit Roses Optionen, die vielleicht das 1:2 hätten verhindern können. Anderersei­ts: Beim 1:2 gegen Basaksehir FK, das das Ende der Europa-Tour bedeutete, waren alle fit. Dass Erfolg und Gesundheit nicht zwangsläuf­ig einander bedingen, belegt nicht nur Borussias Hinrunde. Die geringsten Ausfallzei­ten hatte der SC Paderborn mit im Schnitt 13,20 Tagen pro Spieler – und der ist nach der Hälfte der Saison sportlich das Schlusslic­ht der Bundesliga­tabelle.

Der umfangreic­he Krankensta­nd der Hinrunde hatte allerdings einen Erkenntnis-Effekt für die Borussen: Trotz des reduzierte­n Programms mit nur einem Wettbewerb gab es keinen großen Personalab­bau im Kader, allein drei junge Spieler (Andreas Poulsen, Julio Villalba und Jordan Beyer) wurden ausgeliehe­n. „Dass wir alle Spieler oder sehr viele Spieler brauchen, das hat die Hinrunde gezeigt, wegen Verletzung­en oder Formschwan­kungen. Wir wollen – und man erwartet von uns auch etwas, dafür brauchen wir einen guten Kader“, sagte Eberl. Ein möglichst gesunder Kader ist keine Garantie, kann aber am Ende entscheide­nd sein.

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FOTO: DIRK PÄFFGEN Beim 3:1 gegen Werder Bremen musste Laszlos Bénes verletzt raus. Er hatte aber Glück, es war nur eine Prellung am Fußgelenk.

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