Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Vom Allgäu in die Prepper-Szene: Kluftinger-Autoren im Savoy
Eigentlich schreiben Michael Kobr und Volker Klüpfel Kriminalromane über den schusseligen Allgäuer Kriminalhauptkommissar Adalbert Ignatius Kluftinger. Der mag keine Leichen, leidet unter Flugangst und isst für sein Leben gern Kässpatzen – ein typischer Antiheld eben. Der erste Thriller des Autorenduos hat von der beschaulichen und heimeligen Buchatmosphäre der Klufti-Romane nicht viel abbekommen.
Ihr erster Thriller „Draußen“, den sie jetzt in Düsseldorf vorstellen, spielt im urbanen Berlin und irgendwo in einem verlassenen Waldgebiet in Brandenburg, in dem die Geschwister Cayenne und Joshua von ihrem seltsamen Ziehvater Stefan zu Survivalmaschinen ausgebildet werden. Warum, wissen die beiden auch nicht. Als Cayenne eines
Tages angegriffen wird und sich nur verteidigen kann, weil sie regelmäßig von Stephan gedrillt wird, begeben sich die drei wieder auf die
Flucht und geraten in Kontakt mit der deutschen Prepper-Szene – also mit Menschen, die sich auf eine Apokalypse vorbereiten.
Einen Prepper-Thriller zu schreiben, das fanden die Autoren zur Abwechslung mal ganz schön. „Auch wenn uns der Kluftinger nach wie vor Spaß macht, war der ‚Urlaub’ erholsam. Am schönsten war der Umstand, nicht witzig sein zu müssen“, sagt Kobr. Witzig sind Prepper nämlich nicht, im Gegenteil: Verschwörungstheorien und rechtsextremes Gedankengut prägen die Szene, über die Kobr und Klüpfel lange recherchiert haben. Einfach war das nicht: „Prepper agieren im Verborgenen und lassen sich nicht in die Karten schauen. Das hat die Recherche
erschwert.“Um sich trotzdem in die Thematik einzuarbeiten, nahmen beide Autoren an einem Survival-Kurs teil und konnten so die Lebensrealität von Cayenne, Joshua und Stephan erschaffen.
Nicht nur geografisch und atmosphärisch unterscheidet sich „Draußen“von den humorigen Klufti-Romanen: Anstelle eines alten weißen Mannes ist die geheime Heldin des Thrillers die 17-jährige Cayenne. Dass sie die Hauptfigur der Geschichte wird, war zunächst nicht geplant, sie habe sich während des Schreibprozesses immer mehr in den Vordergrund gespielt. „Die Kluftinger-Welt ist tatsächlich sehr maskulin dominiert – und irgendwie wurde Cayenne als Protagonistin
ein wenig zum Gegenentwurf“, erklärt Kobr.
Sowohl Perspektiv- als auch Genrewechsel vom Krimi zum Thriller sei für beide Autoren eine „spannende Angelegenheit“gewesen. Den Schreibstil mussten sie anpassen, schnörkelloser und harscher formulieren. Natürlich ist auch die Thematik viel härter: Prepper-Szene und Stromausfall sind schwerer zu verdauen als der Alltag des tollpatschigen Klufti. Dass so viele Leser auf Thriller abfahren, liege vor allem an den Extremsituationen, in denen die Abgründe der Charaktere ins Licht gerückt werden.