Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
NEONAZI-ANWALT
Björn Clemens beendet seine Mitgliedschaft im „Narrencollegium“.
Das Düsseldorfer „Narrencollegium“hatte dem Juristen Björn Clemens ein Ultimatum zum Rückzug gesetzt. Präsident Dennis Vobis bezeichnet dessen Aufnahme als großen Fehler. Clemens selbst spricht von einer Hetzjagd gegen ihn.
DÜSSELDORF Seit Dienstagmittag ist Björn Clemens nicht mehr Mitglied des Düsseldorfer Narrencollegiums. Der 52 Jahre alte Jurist kam durch seinen Austritt einem Ausschluss zuvor. Um 12 Uhr trat der Vorstand des Karnevalsvereins zusammen, in die Beratungen hinein kam die Nachricht, dass Clemens seine Mitgliedschaft beendet. Der Verein reagierte auf die Berichterstattung unserer Redaktion. Er musste handeln, andernfalls hätte es sogar zum Ausschluss aus dem Düsseldorfer Carnevals Comitee (CC) kommen können.
Clemens ist bundesweit bekannt für seine Verbindungen zum rechtsextremen Milieu. Seit 2014 gehört er dem Vorstand der „Gesellschaft für freie Publizistik“an, die der Bundesverfassungsschutz in mehreren Berichten als rechtsextremistisch einschätzt. Das Hakenkreuz bezeichnet Clemens in einem Eintrag vom 2. Februar 2015 in seinem Internetblog als „Hoheitszeichen aus bedeutsamer Zeit“. Juristisch vertritt er aktuell den zweiten Verdächtigen im Mordfall Lübcke, den Kasseler Rechtsextremen Markus H. Clemens war auch Bundes-Vizechef der Republikaner und hat immer wieder Reden auf Veranstaltungen des rechten Spektrums gehalten.
In das „Narrencollegium“wurde Clemens im Mai 2017 aufgenommen. Zunächst sei er vom Vorstand abgelehnt worden, wie Präsident Vobis am Dienstag mitteilte. Offenbar hatte er aber Fürsprecher. „In der darauffolgenden Aussprache auf der Jahreshauptversammlung haben die Mitglieder der Gesellschaft Björn Clemens ihr Vertrauen ausgesprochen“, heißt es. Clemens soll versprochen haben, sich politisch nicht zu äußern, und habe sich auch daran gehalten.
Vobis korrigierte erste Angaben von Montag und spricht jetzt von „zwei bis drei Gegenstimmen“bei der Aufnahme, er selbst sei gegen Clemens im Narrencollegium gewesen. „Ich habe den Fehler gemacht, mich nicht intensiv genug dafür eingesetzt zu haben, wie ich den Verein führen möchte. Ich war damals 22 Jahre alt und vielleicht etwas lebensunerfahren.“Auch habe er viele wichtige Fakten über den Neonazi-Anwalt erst durch die Berichterstattung erfahren. Er übernehme die Verantwortung und werde auf der Mitgliederversammlung im März auch seinen Posten zur Verfügung stellen, so dies von den Mitgliedern gewünscht werde. Er habe aber Rückmeldungen, dass das rasche Handeln des Vorstands durchaus anerkannt werde. „Die Ausnahme war ein Fehler, der mir nicht noch einmal passiert“, sagt Vobis.
Das Narrencollegium distanziert sich nun „deutlich“vom Gedankengut Björn Clemens’ und verweist auf Motive der eigenen Rosenmontagswagen 2018 (Scheißhaufen mit eingesteckter Hakenkreuzfahne) und 2019 (gemeinsames, interreligiöses Karnevalsfeiern). Düsseldorfs CC-Präsident Michael Laumen hatte am Vormittag den Ausschluss von Clemens verlangt. Er drohte „weitreichende Konsequenzen bis hin zum Ausschluss aus dem CC“an. „Wir dürfen es nicht tolerieren, dass Menschen, die nachweislich extremistischen Gruppierungen nahestehen, am Rosenmontagszug auf einem Prunkwagen mitfahren.“
Der Präsident des Bundes Deutscher Karneval, Klaus Ludwig Fess, sieht dies genauso. Er rufe die mehr als 5300 Karnevalsvereine in Deutschland in Videobotschaften und Ansprachen regelmäßig dazu auf, Haltung zu zeigen und sich Einmischungen von rechts entgegenzustellen. Er sehe die Gefahr eines schleichend zunehmenden Einflusses von Rechtspopulisten in den Vereinen. Dagegen helfen können mehrstufige Aufnahmeverfahren wie die der Prinzengarde RotWeiss in Düsseldorf. Zwei Bürgen sind erforderlich, es gibt ein Vier-Augen-Gespräch, dann werden Aufnahmekandidaten allen Mitgliedern schriftlich vorgestellt. Gibt es nach vier Wochen keine Einwände, befasst sich ein Fachausschuss formell mit der Aufnahme. „Was beim Narrencollegium passiert ist, ist bei uns undenkbar“, sagt Rot-Weiss-Präsident Dirk Kemmer. Im Zentralrat der Juden wurde bereits über eine Stellungnahme diskutiert.
Clemens selbst veröffentlichte am Dienstag einen Beitrag in seinem Blog, in dem er unserer Redaktion eine „Hetzjagd“gegen ihn vorwirft. „Ich habe mir nie etwas zu Schulden kommen lassen, zahle meine Steuern, bin noch nie für eine Äußerung oder Handlung strafrechtlich verfolgt oder gar belangt worden“, so Clemens.