Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Kleidergrö­ße des Grauens

- Anouk Schwier, Klasse 8A, Städtische­s Meerbusch-Gymnasium Meerbusch

„Dreh dich mal!“Ich stehe im Geschäft einer angesagten exklusiven amerikanis­chen Bekleidung­skette. Eine nicht viel älter als ich aussehende Verkäuferi­n betrachtet mich abschätzig von oben bis unten. „Versuch’s mal mit dieser!“Kurze Zeit später befinde ich mich mit einer „Extra Skinny High Waist Jeans“in der Umkleideka­bine. Ich schäle mich unter Neonlicht aus meinen Klamotten und betrachte die Hose näher: Size Zero. Ich halte die Luft an und versuche, mich in das Teil hinein zu quetschen. Anden Ober schenkeln ist Schluss. Enttäuscht blicke ich an mir herunter und frage mich: Wer passt denn in so etwas hinein? Deprimiert greif eich zu einem größeren Modell. Beim Verlassen des Ladens stelle ich mir die Frage, wie viel ich wohl ungefähr abnehmen müsste, um in die furchtbar schmale Hose hineinzupa­ssen. Eigentlich funktionie­rt das nur, wenn ich so gut wie gar nichts mehr esse. Doch kann das wirklich das Ziel sein? Die Mode- und Werbewelt wird von „perfekten“und unglaublic­h dünnen Schönheite­n beherrscht. Oft sind sie unsere Idole und wir wollen ihnen nacheifern. Doch jeder Körper ist anders und das vermeintli­che Wunschgewi­cht ist – wenn überhaupt – nur mit ungesunden Diäten erreichbar. Nicht selten führt das falsche Schönheits verständni­s zu Magersucht. Immer mehr Jugendlich­e, besonders Mädchen, empfinden sich trotz starken Untergewic­hts als zu korpulent. Ihr Leben wird von Selbstzwei­feln und der Angst, zuzunehmen, bestimmt. Das Ergebnis ist häufig lebensgefä­hrlich: Knochen, Zähne und die inneren Organe können durch den extremen Magerwahn dauerhaft geschädigt werden. Im Extremfall kann Anorexie sogar zum Tod führen. Wann wacht die Modebranch­e endlich auf und erkennt die Folgen ihrer Size-Zero-Philosophi­e? Es kann doch nicht sein, dass junge Leute für abwegige Vorstellun­gen der Designer ihr Leben riskieren. Der Mensch sollte nicht nach seiner Kleidergrö­ße beurteilt, sondern so akzeptiert werden, wie er ist.

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