Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
SPD fordert Rücktritt des NRW-Justizministers
DÜSSELDORF Nach dem Mord an einem Kölner Vollziehungsbeamten im Dezember hat die SPD den Rücktritt von NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) gefordert. „Dieser Mann hätte nicht sterben müssen und nicht sterben dürfen“, sagte SPD-Fraktionsvize Sven Wolf. Biesenbach fehle offenbar die Kraft, seinen Geschäftsbereich zu führen.
Der Justizminister gerät damit immer stärker unter Druck. Bereits in der Hacker-Affäre um den Fernseher
der Ex-Agrarministerin Christina Schulze Föcking waren zuletzt immer neue Details aufgetaucht, die auch in Kreisen der Regierungsfraktionen Zweifel am Krisenmanagement des Justizministers aufkommen ließen.
Wie Oppositionspolitiker Wolf ausführte, stach der Beschuldigte in Köln bereits beim Besuch eines Amtsarztes im März 2019 mit einem 20 Zentimeter langen Schraubenzieher auf eine Mitarbeiterin ein. Diese habe sich nur dadurch retten können, dass sie sich mit einer Mappe gegen den Angriff geschützt habe.
Daraufhin sei der Beschuldigte am 23. März in die geschlossene Station der LVR-Klinik eingewiesen worden. Dort griff er Wolf zufolge erneut Pfleger an. Was bisher nicht bekannt war: Die psychiatrische Klinik teilte offenbar am 25. März der Staatsanwaltschaft mit, dass von dem Beschuldigten eine erhebliche Gefahr ausgehe, und er bis zum Abschluss des Gerichtsverfahrens in der geschlossenen Abteilung verbleiben müsse. Trotz der klaren Aufforderung der Klinik sei die Staatsanwaltschaft mehr als neun Monate lang untätig geblieben. Weil die
Behörde nichts veranlasst habe, sei der Beschuldigte nach Hause entlassen worden. Dort habe er dann wenige Wochen später beim Besuch des Vollziehungsbeamten erneut zugestochen – dieses Mal mit tödlicher Folge.
Biesenbach wies die Vorwürfe zurück: Die meisten Übergriffe auf Justizbeschäftigte habe es 2016 gegeben, als SPD-Vorgänger Thomas Kutschaty im Amt gewesen sei, der jetzt SPD-Fraktionschef ist. „Warum hat mein Vorgänger nicht dafür gesorgt, den Schutz zu intensivieren?“Die rund 1500 Staatsanwälte in NRW hätten pro Jahr mehr als eine Million Verfahren, es könne also nie ausgeschlossen werden, dass tragische Fehler geschähen.
Im Rechtsausschuss stellten sich CDU und FDP hinter den Minister. „Es macht wütend und sprachlos, wie eine solche Tragödie politisch instrumentalisiert wird“, sagte Angela Erwin (CDU). „Es ist unredlich, vom Minister zu fordern, dass es solche Fehler nicht mehr gibt“, ergänzte Christian Mangen (FDP). Im Auftrag des Ministers erläuterte Ministerialrat Christian Burr einige Details. Es sei falsch, dass der Straftäter
nur aus der Psychiatrie entlassen worden sei, weil die Staatsanwaltschaft es unterlassen hatte, ihn zwangseinzuweisen. „Die Klinik hätte ihn eigenständig behalten können, wenn sie dies als notwendig angesehen hätte.“Außerdem habe das Ministerium bereits angewiesen, dass solche Anträge künftig mit Priorität behandelt werden. „Pleiten, Pech und Pannen im Geschäftsbereich des Ministers sind an der Schmerzgrenze“, sagte der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Stefan Engstfeld. Er schloss sich der Rücktrittsforderung nicht an.