Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Nach Hambach rückt Datteln ins Visier der Aktivisten
DÜSSELDORF Hambi ist gerettet, jetzt ist Datteln an der Reihe. So klingen die ersten Reaktionen der Klimaschutzaktivisten auf den Kohlekompromiss zwischen Bund und Ländern. Dass der Hambacher Forst nicht für den Tagebau in Anspruch genommen wird, verbuchen die Klimaaktivisten als einen „Erfolg für zivilen Ungehorsam“, sagte der Sprecher der Gruppe „Ende Gelände“, Johnny Parks. Den Hambacher Forst räumen werden die Aktivisten hingegen eher nicht: „Ich kann nicht für alle Menschen sprechen, die im Wald leben, gehe aber davon aus, dass der Freiraum, der erkämpft wurde, auch behalten wird.“Seit Jahren kämpfen Aktivisten für den Wald, teilweise besetzten sie Tagebau-Bagger und lieferten sich Auseinandersetzungen mit der Polizei.
Zum neuen Hauptstreitpunkt könnte sich die weiterhin geplante Inbetriebnahme des Steinkohlekraftwerk Datteln 4 entwickeln. Umweltverbände kritisieren seine Inbetriebnahme, weil es angesichts der Klimakrise ein falsches Signal setze. Zudem befürchten sie, dass der CO2-Ausstoß steigt, weil das moderne Kraftwerk stärker ausgelastet sein werde als alte Anlagen. Der NRW-Landesverband des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland spricht deswegen von einem „klimaschutzpolitischen Desaster“und kündigte weiteren „heftigen Widerstand“gegen diesen Kohlemeiler an.
Der Dachverband Naturschutzring, der in der Kohlekommission vertreten war, veröffentlichte eine ganze Beschwerdeliste: In den ersten Jahren werde zu wenig abgeschaltet, es dürfe ein neues Kohlekraftwerk ans Netz, der Ausstieg komme nicht stetig, sondern so spät wie möglich, und die Hälfte erst nach 2035 – viel zu spät aus Sicht der Klimaschützer. Der Direktor der Umwelt-Denkfabrik Agora-Energiewende, Patrick Graichen, glaubt, dass auch mit der Bund-Länder-Einigung das Thema Kohleausstieg politisch noch „nicht abgeräumt“sei. „Der vorgesehene Ausstiegsfahrplan wird sehr wahrscheinlich schon in der nächsten Legislaturperiode wieder zur Diskussion stehen“, erklärte er.