Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Elf Fragen zur Rückrunde
Die Bundesliga startet in die zweite Hälfte. Am Ende könnten die Bayern als Meister entthront sein. Sicher ist: Die Videoschiedsrichter werden weiter für Aufregung sorgen, und Erling Haaland wird Dortmund helfen.
DÜSSELDORF Wohl dem, der noch eine Winterpause hat. Während viele Kollegen auf dem Kontinent allenfalls mal zu Weihnachten kurz zu Hause vorsprechen durften (die Engländer durften nicht einmal das), konnten die Bundesliga-Profis die hochbezahlten Beinchen über den Jahreswechsel ein bisschen strecken und entspannen. Mit der Ruhe ist es nun vorbei. Die Rückrunde beginnt. Wir beantworten elf Fragen zur zweiten Saisonhälfte.
Gibt es doch mal wieder einen neuen deutschen Meister? Das ist nicht ausgeschlossen. Sieben Mal in Folge war der FC Bayern am Ende ganz oben, manchmal stand der Titel schon im kühlen Frühjahr fest, davor gewann zweimal Borussia Dortmund die Meisterschaft. Es gibt Konkurrenz. Tabellenführer RB Leipzig spielt nicht mehr nur hingebungsvollen Hauruck-Fußball, sondern pflegt gelegentlich auch die souveräne Spielkontrolle. Der Herausforderer ist erwachsen geworden. Der größte Mitbewerber ist der FC Bayern.
Hilft Erling Haaland Borussia Dortmund? Unbestätigten Meldungen zufolge sind die Dortmunder diese Woche mit dem 19 Jahre alten Stürmer Erling Haaland zum Phoenix-See gefahren. Dort sollte der große Hoffnungsträger mal kurz übers Wasser laufen. Diese Herausforderung aber habe er (noch) nicht bestanden, heißt es. Wunder wird der Norweger nicht wirken, der ganz so aussieht wie ein zu groß geratenes Kind aus einem Buch von Astrid Lindgren. Aber er wird dem Dortmunder Spiel ganz sicher mehr Effektivität geben.
Spielt Alexander Nübel noch einmal für Schalke? Zunächst mal ohnehin nicht. Der Torwart hat eine Sperre abzusitzen. Wegen seines bereits verkündeten Wechsels zu Bayern München im Sommer könnte er allerdings auch die weiteren Spiele von der Tribüne verfolgen. Bei Schalke sitzt der 23-Jährige jedenfalls zwischen allen Stühlen. Und in München? Dort muss er sich gedulden, denn Platzhirsch Manuel Neuer hat bereits kräftig geröhrt, er wird sein Revier verteidigen. Nübels Ambitionen auf die Nationalmannschaft sind damit bereits Makulatur. Wie sagte doch der Bundestorwarttrainer Andreas Köpke: „Wer nicht spielt, kann nicht zur Nationalmannschaft, das liegt ja auf der Hand.“Was hat Nübel also zum Wechsel bewogen? Drei Möglichkeiten: Geld, Geld oder Geld.
Begreift einer die Handspiel-Regel? Die Chance ist gering. Bevor die Wettbewerbshüter nicht endlich zur alten Auslegung zurückkehren (Hand geht zum Ball), werden weiter die kuriosesten Elfmeter gepfiffen und die klarsten Tore zurückgenommen. Spaß verheißt das nicht.
Halten sich die Videoschiedsrichter zurück? Angeblich gibt es neuerdings eine Selbstverpflichtung der Kölner Kellerbesatzung, künftig nur noch bei klaren Fehlentscheidungen einzugreifen. Was eine klare Fehlentscheidung ist, hat ihnen aber niemand gesagt. Auch künftig werden die Profis am Bildschirm deshalb minutenlang kalibrierte Linien über ihre Mattscheibe schieben und den Millimeter zum Maßstab erheben.
Hilft das den Schiedsrichtern? Nein. Sie sind längst zur vorübergehenden Instanz geworden. Wenn‘s mal eng wird, vertrauen sie weniger dem Augenschein als den Einflüsterungen aus dem Keller über ihre Kopfhörer. Die Autorität vergrößert das nicht.
Sind neue Spielsysteme zu erwarten? Eher nicht. Die Stilformen sind offenbar ausgereizt. Bundestrainer Joachim Löw hat sie beim Neujahrsempfang der Deutschen Fußball Liga zusammengefasst: „Bei einigen Mannschaften sieht man fußballerisch eine Verbesserung, dass sie ihren Stil verändert haben.“Er nannte Schalke und Mönchengladbach. Die Kehrseite: „Es gibt Mannschaften, die verwalten, die spielen auf Ergebnis, die spielen ohne Risiko. Man sieht dann Zufälle, viele Zufallsergebnisse.“Das wird so bleiben.
Bleibt der 1. FC Köln in der Bundesliga? Die letzten Spiele der Hinrunde machen das wahrscheinlicher.
Der neue Trainer Markus Gisdol legt Wert auf ein bisschen konzentriertere Abwehrarbeit, mit knappen Siegen arbeitete sich der FC ein Stückchen aus dem Schlamassel. Eine Garantie auf das nächste Jahr Bundesliga ist das bestimmt nicht. Wenn erst der karnevalistische Höhenflug auf den Rängen einsetzt (lange dauert es ja nicht mehr), braucht es viel Besonnenheit. Die jüngere Klubgeschichte hat davon nicht viel im Angebot.
Der größte Transfer der Pause? Rund 20 Millionen Euro zahlte Borussia Dortmund für Erling Haaland an Red Bull Salzburg. Das ist viel Geld, aber in der Branche trotzdem im Bereich eines Schnäppchens, weil der Norweger bei vielen Topklubs auf dem Zettel stand. Es war eine leise Winterpause auf dem deutschen Transfermarkt. Namentlich die Bayern reagierten nicht durch fette Zukäufe auf ihre Verletzungsserie.
Wann endet die Transferfrist? Am 31. Januar schließt der Markt in Deutschland. International geht es munter durcheinander. Wer noch schnell einen Spieler nach beispielsweise Österreich abschieben will, der hat bis zum 6. Februar die Gelegenheit. Der Basar in Polen öffnet erst in gut zwei Wochen, und er schließt am 2. März.
Findet Jürgen Klinsmann rechtzeitig seine Trainerlizenz? Das ist nicht heraus. Der Trainer des Sommermärchen-Teams von 2006 hat seine Papiere irgendwo im Schreibtisch in seiner kalifornischen Wahlheimat vergraben. Er wusste ja nicht, dass er bald Coach bei Hertha BSC würde. Der strenge DFB rätselt, ob die Papiere noch Gültigkeit besitzen. Alle drei Jahre muss die Lizenz verlängert werden. Daran hat Berlins neuer Heilsbringer wohl nicht gedacht. Möglich ist, dass ihn sein Assistent Alexander Nouri zunächst mal auf der Bank vertreten muss. Böse Menschen glauben nicht, dass das ein Nachteil für die Hertha wäre.