Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Schafzüchter zweifeln an Untersuchung
Laut Analyse soll doch kein Wolf das Schaf in Weeze gerissen haben. Die Halter sehen das anders. Das Thema bleibt ohnehin aktuell, gerade erst hatte die Umweltministerin zu einem Wolfsgipfel geladen.
WEEZE/NIEDERRHEIN Der Vorfall hatte für Aufsehen gesorgt. Zu Weihnachten lag ein Schaf von Hans-Josef Geurtz auf der Wiese in Weeze. Das Tier war übel zugerichtet, ein Bein komplett abgerissen. Weil auch Jäger vermuteten, dass ein Wolf dafür verantwortlich sein könnte, wurde das Landesamt für Umwelt, Natur und Verbraucherschutz (Lanuv) eingeschaltet. Das ließ eine Probe untersuchen und veröffentliche jetzt das Ergebnis. Laut des Institutes in Senckenberg war kein Wolf für den Tod verantwortlich. Vielmehr sei die Todesursache des Schafes unklar, es handle sich um einen postmortalen Tierfraß. Im Klartext: Nach dem Tod haben andere Tiere am Schaf gerissen, aber kein Wolf.
Der Schafhalter ist von dieser Darstellung nicht überzeugt. „Uns wundert, dass die Ergebnisse bereits so schnell vorliegen, normalerweise dauern die Analysen in dem Labor vier bis sechs Wochen“, sagt Geurtz. Er kann sich nicht vorstellen, dass das Tier krank gewesen und daran gestorben sei. Der Magen sei noch voll gewesen, ein Zeichen dafür, dass das Schaf bis zum Schluss gefressen habe. Kranke Schafe würden Futter verweigern. Auch die Jäger hätten gefragt, welches Tier schon die Kraft habe, so in den Körper des Schafes einzudringen. Das hat einen tiefen Riss im Fell, die Eingeweide waren rausgerissen. Ein Fuchs kriege so etwas nicht hin, der fresse auch nicht so eine Menge Fleisch. Schließlich fehlte ein komplettes Bein.
Wilhelm Deitermann, Sprecher des Lanuv, verweist in dem Fall auf die Untersuchungen des Institutes. „Dass die Analysen mal schneller gehen und mal länger dauern, liegt am Institut.“Es sei durchaus vorgekommen, dass ein Ergebnis schon in zwei Wochen vorlag. Es gebe keinen Anlass, an den Untersuchungsergebnissen zu zweifeln.
Den Schafshaltern bleibt jetzt nicht anderes, als diese Analyse zu akzeptieren. Man hatte gehofft, Hinweise auf einen Wolf durch Aufnahmen einer Wildkamera zu bekommen. Die Fotos seien allerdings nicht zu verwenden gewesen und hätten daher auch keine Aussagekraft. Die Schäfer vermuten, dass ein Wolf aus den Niederlanden immer mal wieder auch über die Grenze in den Kreis Kleve kommt.
Am Montag hatte es ein Treffen von Schafhaltern mit Umweltministerin Ursula Heinen-Esser gegegeben. Das Ministerium stufte den Termin als internes Gespräch ein, Kritiker sprechen von einem „Geheimtreffen“. Aus dem Kreis Kleve waren keine Vertreter eingeladen gewesen.
Die Ministerin will in der Diskussion zum Thema Wolf offenbar beiden Seiten entgegenkommen. Sie hat Signale ausgesandt, die Nutztierhaltern, die durch Wolfsrisse geschädigt sind, Hoffnung auf mehr Unterstützung machen. Zugleich betont sie: „Es ist Aufgabe der Politik, aber auch der Gesellschaft, das Leben mit dem Wolf zu organisieren und sich darauf einzustellen, dass diese streng geschützte Art wieder in
Nordrhein-Westfalen heimisch geworden ist. Der hohe Schutzstandard des Wolfes steht außer Zweifel.“
Die Ministerin hat sich mit Betroffenen und Vertretern von Naturschutzorganisationen getroffen. Das Treffen habe dem „Austausch und zur Meinungsbildung“gedient, heißt es aus dem Ministerium. Mit dabei war unter anderem der Hünxer Schafhalter Kurt Opriel, der immer wieder Tiere durch Risse verliert.
„Wir haben zusätzliche Hausaufgaben mitgenommen, denen wir zügig nachkommen“, wird Ursula Heinen-Esser in einer Mitteilung ihrer Behörde zitiert. Wichtig sei, betroffene Nutztierhalter bestmöglich zu unterstützen. „Sie dürfen nicht auf den Kosten des Herdenschutzes
sitzen bleiben. Um dies sicherzustellen, werden wir die Gespräche mit dem Bund und der EU intensivieren.“
Die Ministerin habe den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Gesprächsrunde außerdem zugesagt, das Vorgetragene als Grundlage für die anstehenden Entscheidungen mitzunehmen und weiterhin im Gespräch zu bleiben.
Der „intensive und offene Austausch“habe rund zwei Stunden gedauert. „Im Fokus stand die Wölfin im Wolfsgebiet, die Bewertung ihres Verhaltens sowie ein effektiver Herdenschutz und die Optimierung der Förderkulisse“, heißt es vom Ministerium. „Ziel des Gespräches war auch, bei der Suche nach gemeinsamen Lösungen und Wegen ein besseres Verständnis für die jeweiligen Positionen zu gewinnen. Dies ist aus Sicht des Ministeriums gelungen.“Gegebenenfalls müsse „nachgeschärft“werden bei Maßnahmen zum vorsorgenden Herdenschutz und auch bei der Kostenerstattung nach Rissen. Dazu habe das Gespräch „Anhaltspunkte gebracht“.
Schäfer Kurt Opriel, dessen Herden immer wieder angegriffen werden, fasst sein eigenes Gefühl nach der Zusammenkunft unkompliziert in Worte: „War nicht verkehrt“, sagt er. Es sei gut gewesen, persönlich mit der Politikerin über Probleme sprechen zu können. Und er habe auch das Gefühl gehabt, dass Heinen-Esser ein offenes Ohr dafür gehabt habe. Aber große Erleichterung macht sich bei ihm jetzt dennoch nicht breit – immerhin gebe es nicht direkt irgendwelche Veränderungen an der Situation.
Was ihn nachhaltig belastet, sind feindselige Anwürfe, denen er unter anderem in sozialen Netzwerken ausgesetzt ist. „Das sind teilweise schon Verleumdungen, bei denen man Rechtsmittel anwenden könnte. Das ist einfach traurig“, sagt er.
Opriel hat beantragt, dass Niederrhein-Wölfin „Gloria“als „Problemwölfin“anerkannt und ihre Tötung genehmigt wird. Für die Bewertung dieses Antrags sei „eine detaillierte Prüfung der Rechtslage erforderlich“, erläutert das Landesumweltministerium dazu.