Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
So gefährdet sind Düsseldorfs Senioren
Raubüberfälle sind selten, Betrugsversuche häufig. Aber Senioren sind oft weniger gefährdet, als sie glauben. Ratsuchenden hilft die Polizei.
Pöbelnde Jugendliche in der Bahn, das gestohlene Portemonnaie einer guten Freundin, miese Betrüger, die sich als Polizisten oder nahe Verwandte ausgeben, um gutgläubige Opfer zu bestehlen: Nachrichten wie diese verunsichern ältere Menschen. „Bin ich in Düsseldorf noch sicher?“, lautet die bange Frage. Nicht selten folgt ein Rückzug von lieb gewordenen Aktivitäten, weil plötzlich eine diffuse Angst das Lebensgefühl dominiert. Doch stimmen Gefühl und Fakten tatsächlich überein? Ein Überblick.
Die Angst Heinz-Werner Meier kennt die Nöte seiner Altersgenossen. „Eine Bekannte, die regelmäßig mit der Bahn zu Kulturveranstaltungen fährt, fragte mich, ob sie auf dem Rückweg bei mir schellen dürfe, wenn sie sich bedroht fühle. Ich habe natürlich ja gesagt – aber bislang war das nie nötig“, sagt der Experte des Seniorenrats für die Themen Sicherheit und Verkehr. Ganz ähnlich ergeht es den Älteren, die regelmäßig auf Friedhöfen unterwegs sind. „Ein einziger Diebstahl reicht, um monatelang auch andere Senioren am Besuch der Gräber zu hindern“, sagt Meier. Dankbar ist er deshalb für die Friedhofsmobile. „Das nutzen sehr viele, nicht weil sie gehbehindert sind, sondern weil sie sich mit dem Begleiter sicher fühlen“, sagt Meier.
Die Rohheitsdelikte In diese Kategorie fallen unter anderem Raub auf Straßen, Plätzen und Wegen, Handtaschenraub, räuberischer Diebstahl, Überfälle in Wohnungen, Körperverletzung und Nötigung. Für die Redaktion wertete die Polizei die aktuelle Düsseldorfer Statistik
aus. „In den ersten elf Monaten des vergangenen Jahres wurden in der Landeshauptstadt 208 Frauen und 304 Männer ab 60 Jahren Opfer solcher Übergriffe“, sagt Polizeisprecher Andreas Czogalla. Zum Vergleich: In den ersten elf Monaten von 2018 waren es 220 Frauen und 260 Männer. Am stärksten betroffen ist die Gruppe der 60- bis 64-Jährigen mit 72 (2018: 65) Frauen und 131 (100) Männern. Auch Menschen ab 90 Jahren werden noch Opfer, allerdings in sehr geringer Zahl. 2019 waren fünf Männer und vier Frauen betroffen, im Vergleichszeitraum 2018 vier Männer und neun Frauen. „Jede Tat ist eine zu viel, aber bei vielen Rohheitsdelikten sind die Zahlen rückläufig oder zumindest auf niedrigem Niveau“, sagt Czogalla. So gab es 2019 bis Ende November elf Raubüberfälle auf Straßen, Plätzen und Wegen, bei denen Senioren betroffen waren. Siebenmal wurde Älteren eine Handtasche geraubt. „Trotzdem sind genau das die Delikte, die bei vielen meiner Altersgenossen die größten Sorgen auslösen und sie von Aktivitäten abhalten, die kurz zuvor noch selbstverständlich zum Alltag gehörten“, sagt Heinz-Werner Meier.
Die Betrugsdelikte In diesem Bereich
ergibt sich ein völlig anderes Bild. Lutz Türk, der bei der Polizei für Kriminalprävention und Opferschutz zuständig ist und Senioren berät, sagt: „2018 wurden uns insgesamt 1207 Straftaten bekannt, die wir als seniorentypisch klassifizieren. Dabei handelt es sich überwiegend um Telefonbetrug, Trickbetrug an der Wohnungstür und Trickdiebstahl in der Wohnung.“Der größte Teil dieser Taten und Tatversuche entfalle mit 746 Fällen auf die Masche der „falschen Polizisten am Telefon“, die Bargeld und Wertgegenstände abholen wollen, weil angeblich Einbrecher in der Gegend unterwegs sind. Erst an zweiter Stelle
folge der Enkeltrick (181 Fälle), bei dem sich die Betrüger als Verwandte ausgeben, denen man etwas leihen soll. Bei beiden Maschen geht es darum, gutgläubigen Senioren ihr Erspartes aus der Tasche zu ziehen. Häufig sitzen die Betrüger im Ausland. Allerdings bleibt es hier meist beim Versuch. „Tatsächlich kam es in nur 30 Fällen zu einer Geldübergabe“, sagt Türk. Wachsamkeit sei trotzdem angesagt. Das sieht auch Heinz-Werner Meier so. „Meine Empfehlung lautet immer, den Eintrag im Telefonbuch zu löschen, denn die Betrüger suchen gezielt nach Menschen mit veralteten Vornamen.“