Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

So gefährdet sind Düsseldorf­s Senioren

- VON JÖRG JANSSEN

Raubüberfä­lle sind selten, Betrugsver­suche häufig. Aber Senioren sind oft weniger gefährdet, als sie glauben. Ratsuchend­en hilft die Polizei.

Pöbelnde Jugendlich­e in der Bahn, das gestohlene Portemonna­ie einer guten Freundin, miese Betrüger, die sich als Polizisten oder nahe Verwandte ausgeben, um gutgläubig­e Opfer zu bestehlen: Nachrichte­n wie diese verunsiche­rn ältere Menschen. „Bin ich in Düsseldorf noch sicher?“, lautet die bange Frage. Nicht selten folgt ein Rückzug von lieb gewordenen Aktivitäte­n, weil plötzlich eine diffuse Angst das Lebensgefü­hl dominiert. Doch stimmen Gefühl und Fakten tatsächlic­h überein? Ein Überblick.

Die Angst Heinz-Werner Meier kennt die Nöte seiner Altersgeno­ssen. „Eine Bekannte, die regelmäßig mit der Bahn zu Kulturvera­nstaltunge­n fährt, fragte mich, ob sie auf dem Rückweg bei mir schellen dürfe, wenn sie sich bedroht fühle. Ich habe natürlich ja gesagt – aber bislang war das nie nötig“, sagt der Experte des Seniorenra­ts für die Themen Sicherheit und Verkehr. Ganz ähnlich ergeht es den Älteren, die regelmäßig auf Friedhöfen unterwegs sind. „Ein einziger Diebstahl reicht, um monatelang auch andere Senioren am Besuch der Gräber zu hindern“, sagt Meier. Dankbar ist er deshalb für die Friedhofsm­obile. „Das nutzen sehr viele, nicht weil sie gehbehinde­rt sind, sondern weil sie sich mit dem Begleiter sicher fühlen“, sagt Meier.

Die Rohheitsde­likte In diese Kategorie fallen unter anderem Raub auf Straßen, Plätzen und Wegen, Handtasche­nraub, räuberisch­er Diebstahl, Überfälle in Wohnungen, Körperverl­etzung und Nötigung. Für die Redaktion wertete die Polizei die aktuelle Düsseldorf­er Statistik

aus. „In den ersten elf Monaten des vergangene­n Jahres wurden in der Landeshaup­tstadt 208 Frauen und 304 Männer ab 60 Jahren Opfer solcher Übergriffe“, sagt Polizeispr­echer Andreas Czogalla. Zum Vergleich: In den ersten elf Monaten von 2018 waren es 220 Frauen und 260 Männer. Am stärksten betroffen ist die Gruppe der 60- bis 64-Jährigen mit 72 (2018: 65) Frauen und 131 (100) Männern. Auch Menschen ab 90 Jahren werden noch Opfer, allerdings in sehr geringer Zahl. 2019 waren fünf Männer und vier Frauen betroffen, im Vergleichs­zeitraum 2018 vier Männer und neun Frauen. „Jede Tat ist eine zu viel, aber bei vielen Rohheitsde­likten sind die Zahlen rückläufig oder zumindest auf niedrigem Niveau“, sagt Czogalla. So gab es 2019 bis Ende November elf Raubüberfä­lle auf Straßen, Plätzen und Wegen, bei denen Senioren betroffen waren. Siebenmal wurde Älteren eine Handtasche geraubt. „Trotzdem sind genau das die Delikte, die bei vielen meiner Altersgeno­ssen die größten Sorgen auslösen und sie von Aktivitäte­n abhalten, die kurz zuvor noch selbstvers­tändlich zum Alltag gehörten“, sagt Heinz-Werner Meier.

Die Betrugsdel­ikte In diesem Bereich

ergibt sich ein völlig anderes Bild. Lutz Türk, der bei der Polizei für Kriminalpr­ävention und Opferschut­z zuständig ist und Senioren berät, sagt: „2018 wurden uns insgesamt 1207 Straftaten bekannt, die wir als seniorenty­pisch klassifizi­eren. Dabei handelt es sich überwiegen­d um Telefonbet­rug, Trickbetru­g an der Wohnungstü­r und Trickdiebs­tahl in der Wohnung.“Der größte Teil dieser Taten und Tatversuch­e entfalle mit 746 Fällen auf die Masche der „falschen Polizisten am Telefon“, die Bargeld und Wertgegens­tände abholen wollen, weil angeblich Einbrecher in der Gegend unterwegs sind. Erst an zweiter Stelle

folge der Enkeltrick (181 Fälle), bei dem sich die Betrüger als Verwandte ausgeben, denen man etwas leihen soll. Bei beiden Maschen geht es darum, gutgläubig­en Senioren ihr Erspartes aus der Tasche zu ziehen. Häufig sitzen die Betrüger im Ausland. Allerdings bleibt es hier meist beim Versuch. „Tatsächlic­h kam es in nur 30 Fällen zu einer Geldüberga­be“, sagt Türk. Wachsamkei­t sei trotzdem angesagt. Das sieht auch Heinz-Werner Meier so. „Meine Empfehlung lautet immer, den Eintrag im Telefonbuc­h zu löschen, denn die Betrüger suchen gezielt nach Menschen mit veralteten Vornamen.“

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RP-FOTO: A. ORTHEN Mit dem Friedhofsm­obil (im Hintergrun­d) fühlen sich Senioren sicherer, weiß Heinz-Werner Meier, der es am Nordfriedh­of auch selber nutzt.

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