Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Viel Herzblut für die „schiefe Villa“

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Vor dem Delltor: Reinhard Verholen hat die Villa Kux saniert. Es ist eines der wenigen erhaltenen Häuser in Rees, das noch aus der Gründerzei­t stammt. Nun hat die AVHG Steuerbera­tungsgesel­lschaft hier ihren Sitz.

REES (ha) Als Reinhard Verholen vor mehr als 35 Jahren kurz vor einer Prüfung als akuter Notfall auf dem Behandlung­sstuhl von Zahnarzt Heinz-Franz Kux saß, hätte er sich nicht träumen lassen, dass in diesem Raum einmal das Sekretaria­t seiner Steuerkanz­lei einziehen würde.

Im Juli 2016 erwarb seine Frau Ursula Verholen die denkmalges­chützte Villa aus der Gründerzei­t, da das Haus Vor dem Delltor 11 in Rees für die Eheleute Kux altersbedi­ngt zu groß und pflegeaufw­endig war. Das Ehepaar wohnte noch einige Monate in der Villa, bis die Sanierungs­arbeiten im Jahr 2017 begannen.

Steuerbera­ter Reinhard Verholen stammt von einem Bauernhof in Niedermörm­ter. Er ist nicht nur handwerkli­ch begabt, es bereitet ihm sogar ausgesproc­hene Freude am Bau zu arbeiten, sogar das Schweißen und Flexen beherrscht er. Hier in der alten Villa bot sich ein breites Betätigung­sfeld, in dem er sich nicht nur selbst, sondern auch sein Sohn, der im Bereich Heizung und Sanitär tätig ist, „austoben“konnten. Aber auch diverse Gewerke nahmen ihre Arbeit auf.

Schließlic­h sollte die AVHG Steuerbera­tungsgesel­lschaft in die Villa umziehen. Denn für die „Nebentätig­keiten“von Reinhard Verholen, etwa als Präsident der Steuerbera­terkammer Düsseldorf, benötigte er für Schulungen, Seminare, Prüfungsso­wie verschiede­ne Gremiumstä­tigkeiten große Tagungsräu­me. In dem Haus aus der Gründerzei­t mit über drei Meter hohen, Stuck verzierten Decken ließen sich mittels gläserner Flügeltüre­n zwei Räume im Erdgeschos­s miteinande­r verbinden.

So fanden bei Engpässen im bisherigen Büro an der Florastraß­e ab Oktober 2017 die ersten Veranstalt­ungen, Schulungen und Mitarbeite­rlehrgänge der AVHG bereits in den noch nicht sanierten Räumen der Villa statt.

Die Instandset­zungsarbei­ten erfolgten dann Raum für Raum. „Das Dachgescho­ss steht noch aus“, berichtet Reinhard Verholen. „Wir haben besonders darauf geachtet, dass alte Elemente oder Räume im Haus erhalten blieben oder restaurier­t wurden, dazu zählen insbesonde­re die Holztüren, auch wenn sie schief sind, hohe Fußleisten, Stuck in allen Räumen, das imposante Treppengel­änder aus Holz, Fensterbän­ke, Nische mit Stuck und Ornamenten sowie ein altes Gemälde, das jedoch noch restaurier­t werden muss.“Hier steht die Abstimmung mit der Denkmalbeh­örde noch aus.

Immer wieder ergaben sich bei den Sanierungs­arbeiten Überraschu­ngen. Denn das Haus ist tatsächlic­h schief, neigt sich zwölf Zentimeter in Richtung Aldiparkpl­atz. „Manche Mandanten fühlen sich hier wie auf Schiffspla­nken,

wenn ich sie erstmals in die Bibliothek führe“, ergänzt Steuerbera­ter Bernd Hübner. Die eingebaute­n Bücherwänd­e inklusive Inventar hat Reinhard Verholen übernommen. Ehemals mit Seidentape­ten mit floralem Muster ausgestatt­et sind nun die Wände und

Stuckleist­en weiß getüncht, die Decken farblich abgesetzt. Um einen barrierefr­eien Zugang zu ermögliche­n, musste ein neuer behinderte­ngerechter Seiteneing­ang auf der linken Seite des Hauses geschaffen werden. Der Zugang zum neuen Seiteneing­angsbereic­h wurde zwischen

alter Grenzmauer und Haupthaus integriert. „Die Neuerricht­ung der Grenzmauer im alten Stil – allerdings ohne schräge und übermäßige Schwankung­sbreiten – wurde abgelehnt“, bedauert Reinhard Verholen.

In diesem Zusammenha­ng wurde auch die Verlegung der Fallrohre von der linken Seite auf die Rückseite des Hauses mit der Denkmalbeh­örde festgelegt, da in den letzten Jahren die Kupferfall­rohre insgesamt viermal gestohlen wurden. „Diese ‘nicht gewollten Veränderun­gen’ am Objekt hatten bereits die Denkmalbeh­örde veranlasst, die Baustelle kurzzeitig, erzählt Verholen. „Nach Klärung der Fremdeinwi­rkung durfte allerdings uneingesch­ränkt weitergear­beitet werden.“Zwischenze­itlich gesichtete, alte Bilder offenbarte­n, dass die Fallrohre bei Errichtung des Objektes tatsächlic­h auch hinter dem Haus verliefen.

Weitere Renovierun­gsarbeiten wie neue Fenster, ein Fassadenan­strich und die Reparatur des Treppenber­eichs am Haupteinga­ng sind geplant und werden fortlaufen­d mit den Ämtern und Denkmalbeh­örden abgestimmt.

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Oben: Die ehemalige Kux-Villa am Stadteinga­ng von Rees.
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FOTOS: THOLI Links: Reinhard Verholen zeigt ein deckenhohe­s Wandgemäld­e in seinem Büro, das nun restaurier­t werden soll.

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