Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Sieben Kommunen sind Corona-frei
Im Kreis Kleve sind in sieben von 16 Kommunen seit zwei Wochen offiziell keine Corona-Infizierten mehr registriert worden. Die Kreisverwaltung vermeidet diese Erfolgsmeldung. Einige Bürgermeister wünschen sich mehr Transparenz.
KREIS KLEVE Jeden Tag übermittelt die Verwaltung des Kreises Kleve der Presse ihre Statistik zu den registrierten Corona-Infektionen – nach demselben Muster. Am Freitag. 3. Juli, lautete die Überschrift „Insgesamt 819 bestätigte Corona-Infektionen“. Das ist die Anzahl der im Kreis Kleve seit Beginn der Pandemie amtlich festgestellten Infektionen. Wie viele Menschen davon genesen sind, das steht in Abschnitt vier. In Abschnitt zwei erfolgt eine Auflistung, wie viele Corona-Infizierte in den Orten aufgelistet werden. Wie viele davon genesen sind, das teilt der Kreis nicht Kommunen-weise mit. Bei vielen Menschen, das wird aus Zuschriften an die Redaktion deutlich, stößt dieses Mitteilungs-Format auf Unverständnis. Sie würden gerne wissen, wie viele Menschen aktuell tatsächlich in ihrer Kommune infiziert sind.
So begründet der Kreis Kleve, weshalb er die Anzahl der Genesenen nicht bezogen auf die 16 Kommunen angibt: „Die Zahl der behördlich erfassten aktuell Infizierten in einer Kommune darf nicht zu einer trügerischen Sicherheit führen. Die Sieben-Tage-Inzidenz je 100.000 Einwohner liegt im Kreis Kleve seit Mitte Juni unter 10.“Dies bedeute, dass im Laufe von sieben Tagen im Kreis höchstens 31 Neuinfizierte registriert wurden. Gleichzeitig wisse man, dass viele Erkrankungen ohne oder mit gering ausgeprägter Symptomatik verlaufen. Es müsse von einer hohen Dunkelziffer erkrankter Personen ausgegangen werden. Das Gesundheitsamt des Kreises halte es „daher nach wie vor für unverantwortlich, durch eine Veröffentlichung sehr niedriger Infektionszahlen in den Kommunen auch nur den Anschein zu erwecken, es bestehe örtlich eine verringerte Ansteckungsgefahr.“Vielmehr gelte es die Abstands- und Hygieneregeln konsequent einzuhalten, heißt es.
So bleibt den Bürgern also nur die Möglichkeit, zurückverfolgen, seit wann die Zahl der Infizierten in ihrer Kommune gleich geblieben ist.
Die Redaktion hat jetzt die Zahlen vom 19. Juni bis zum 3. Juli zurückverfolgt. Zum Hintergrund: Wenn es in einem Zeitraum von
14 Tagen keine zusätzlichen bestätigten Corona-Infektionen gibt, ist nach offizieller Lesart die Kommune Corona-frei, da die Inkubationszeit auch höchstens 14 Tage beträgt. Im genannten Zeitraum hat sich hier nichts verändert: 32 Infektionen in Issum, 30 in Kalkar, 41 in Kerken, 12 in Kranenburg, 16 in Rheurdt, 8 in Uedem, 14 in Wachtendonk. Diese sieben Kommunen sind (Stand 3. Juli) Corona-frei. In mehreren Kommunen ist jeweils nur eine infizierte Person hinzu gekommen (darunter Weeze, bis Freitag als Nr. 8 Corona-frei), nur in Emmerich (acht) oder Geldern
(acht) war die Zahl der Neuinfektionen etwas höher. Im Kreis Kleve mit seinen rund 300.000 Einwohnern lag die Zahl der aktuell mit Corona Infizierten am Freitag bei 23. Die Redaktion hat Bürgermeister
aus Corona-freien Städten und Gemeinden gefragt, ob die vom Kreis veröffentlichten Infektionszahlen ihrer Ansicht nach transparent genug sind. Rainer
Weber, Bürgermeister der Gemeinde Uedem, hat eine eindeutige Antwort: Nein. „Wir haben seit Wochen keine Corona-Infizierten und in unserer Gemeinde war vom 26. Mai bis zum 16. Juni sogar niemand mehr in Quarantäne“, zitiert Weber aus der ihm vorliegenden Statistik. Er fände es „viel schöner“, wenn der Kreis kommunizieren würde, wenn es in einer Kommune aktuell keine Infizierten gibt. „Der Kreis Wesel macht das besser“, sagt Weber. Der Landkreis gebe tagesaktuell, auf seiner Homepage nachzuverfolgen, neben der Zahl der Infizierten auch die
Zahl der bisher Genesenen in jeder einzelnen Kommune heraus. So ließe sich schnell erkennen, ob es in einer Stadt aktuell noch Infizierte gibt. Weber: „Dann kann man sich auch mit einer Stadt freuen, dass sie Corona-frei ist“Der Bürgermeister betont allerdings auch: „Das Virus ist noch da. Jeder sollte 1,5 Meter Abstand halten und, wenn er das nicht kann, eine Maske tragen.“
Webers Amtskollege Günter Steins in Kranenburg weiß genau, wann die letzte Corona-Infektion in seiner Gemeinde bestätigt wurde: „Das war am 28. Mai. Die Quarantäne endete am 11. Juni.“Steins sagt: „Ich freue mich, dass wir derzeit keine Fälle mehr haben.“Der Bürgermeister der Grenzgemeinde fände es besser, betont er, „wenn man positiv vermelden würde, wenn es in einer Kommune aktuell keinen Corona-Fall mehr gibt“. Britta Schulz, Bürgermeisterin der Stadt Kalkar, sieht das genau so. „Die Zahl von derzeit weniger als 30 Infizierten im Kreis Kleve ist winzig klein.“Sie fordert mehr Transparenz ein. „Wenn jeder denkt, dass es bei sich vor der Haustür etliche Infektionen gibt, legt das unsere Wirtschaft lahm. Man denke nur an unsere Gastronomen.“