Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Aufs Fahrrad umgestiegen
Lehrer Johannes Heiming pendelt täglich von Xanten nach Kleve – mit seinem E-Bike. Seit März hat der 30-Jährige bereits 2000 Kilometer zurückgelegt. Ihn freut die Kostenersparnis, aber ihn ärgern fehlende Schnellradwege.
KLEVE/XANTEN Immer wenn es regnet, schauen die Kollegen besonders kritisch. „Heute bist Du aber mit dem Auto, oder?“, lautet die Frage, die Johannes Heiming an Regentagen am häufigsten hört. Doch da muss der 30-Jährige seine Kollegen regelmäßig enttäuschen. Sein Auto, das steht seit März in der Garage – fast unangetastet. Zumindest getankt hat er sein Auto seitdem nicht mehr. Johannes Heiming ist aufs Fahrrad umgestiegen. Mit seinem E-Bike pendelt er durch die Woche täglich von Xanten-Lüttingen nach Kleve zu seinem Arbeitsplatz, der Joseph-Beuys-Gesamtschule, wo er Deutsch und Geschichte unterrichtet.
30 Kilometer hin und 30 Kilometer zurück und das jeden Tag, bei Wind und Wetter. Mehr als 2000 Kilometer hat der Xantener mit seinem Speed-Pedelec zurückgelegt. Das beschleunigt, unterstützt vom Elektromotor, auf bis zu 45 Kilometer in der Stunde. „Je nach Wind brauche ich 45 Minuten bis zu eine Stunde für die Strecke. Wenn es irgendwie geht, versuche ich die Top-Geschwindkeit auszufahren“, sagt Heiming. Mit dem Auto wäre er vielleicht 12, 13 Minuten schneller.
„Die halbe Stunde, die ich pro Tag länger unterwegs bin, investiere ich gerne, denn dafür bin ich an der frischen Luft unterwegs. Das tut mir gut“, betont der 30-Jährige. Aber der Lehrer verzichtet noch auf einem anderen Grund aufs Auto: „So kann ich aktiv etwas für die Umwelt tun“, betont Heiming. Und er wollte sich selbst eine Herausforderung stellen: Den inneren Schweinehund überwinden. „Meistens setze ich mich wirklich gerne aufs Rad. Aber bei zehn Grad und Regen muss ich mich schon dazu zwingen. Ich Nachhinein ist das aber immer ein schönes Gefühl gewesen, die Fahrt geschafft zu haben“, sagt der radelnde Lehrer.
So ganz ohne elektronische Unterstützung möchte er nicht mehr auskommen. „Ich bin die Strecke nach Kleve und zurück ein paar Mal mit dem Rennrad gefahren. Das war ziemlich zeitaufwändig und Gepäck zu transportieren, ist mit dem Rennrad schwer“, erläutert Heiming. Dank des E-Bike kommt Heiming auch weniger ins Schwitzen. Geduscht wird trotzdem jeden Morgen, in der Umkleide der Schul-Turnhalle. Zum Aufladen stöpselt er sein Fahrrad an die Steckdose, den Strom liefert die Photovoltaikanlage auf dem Dach der Gesamtschule. Das spart Geld.
Stichwort Geld: Die Investition in sein E-Bike hat sich Heiming was kosten lassen. Um die 6000 Euro kostet das Bike, das zur Oberklasse der schnellen Pedelecs gehört. Alle 2000 Kilometer muss er mit seinem Rad zur Inspektion. Dank des Riemenantriebs ist das Bike aber relativ wartungsarm. „Ob oder wie viel ich durch den Umstieg aufs E-Bike wirklich etwas spare, kann ich noch
nicht so richtig überblicken“, sagt Heiming. Aber da darf er optimistisch sein: Versicherungen, Wertverlust, Ölwechsel, Benzin – all das schlägt beim Auto ganz schön zu Buche. Zumindest ein Teil davon lässt
sich sparen, finanztechnisch besser wäre natürlich die komplette Abschaffung des Autos.
So glücklich er mit dem Thema E-Bike-Fahren ist, hier und da sieht Heiming noch Verbesserungspotenzial.
Laut Straßenverkehrsordnung muss Heiming mit seinem schnellen Pedelec auf der Straße fahren. „Auf einer Bundesstraße zu fahren, wenn die Autos mit 100 Stundenkilometern fahren und man selbst mit 45 ist für alle eine Gefahr“, betont Heiming. Er würde sich für seine Strecke Folgendes wünschen: „Einen Schnellweg für Fahrradfahrer, wie es ihn jetzt von Kleve nach Nimwegen gibt“.
Bei seinen Schülern kommt Heiming mit seinem E-Bike übrigens gut an. „Ich bekomme viel positives Feedback, das ist für die Schüler schon etwas Besonderes. Ich höre regelmäßig ein ,Boah’ wenn die Schüler mein Fahrrad sehen“, sagt Heiming. Nicht nur bei Regen.