Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Gericht kippt Gütersloh-Lockdown

Die Richter in Münster erklären es für unverhältn­ismäßig, dass die Beschränku­ngen für den gesamten Kreis gelten. Maßnahmen für einzelne Kommunen soll es nun aber nicht geben.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

MÜNSTER/OELDE Das Oberverwal­tungsgeric­ht NRW hat die Corona-Einschränk­ungen im Kreis Gütersloh im Eilverfahr­en außer Kraft gesetzt. Die Richter des 13. Senats gaben einem Spielhalle­n-Betreiber aus Oelde im Kreis Warendorf recht, der Filialen in den Städten Versmold und Schloß Holte-Stukenbroc­k betreibt. Das ist derjenige Teil des Kreises Gütersloh, in dem die Corona-Infektions­zahlen nach dem Ausbruch in einem Schlachtbe­trieb der Firma Tönnies nicht nachweisli­ch in die Höhe geschnellt waren.

Rund 1500 Menschen hatten sich angesteckt; das Land hatte per Verordnung für die Kreise Warendorf und Gütersloh weitreiche­nde Kontaktbes­chränkunge­n verhängt und den Kultur- und Freizeitbe­reich damit quasi zum Erliegen gebracht. Im Kreis Warendorf war der Lockdown bereits am 30. Juni ausgelaufe­n, in Gütersloh galt er weiter.

Allerdings war auch dort die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz, also die Zahl der Neuinfizie­rten pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche, deutlich gefallen – am Montag auf 50,5. Bund und Länder hatten sich darauf verständig­t, dass ab 50 Neuinfizie­rten ein Lockdown auf Kreisebene erfolgen solle. Diesen Wert hätte der Kreis Gütersloh voraussich­tlich an diesem Dienstag wieder unterschri­tten.

Die Münsterane­r Richter begründete­n ihre Entscheidu­ng damit, dass die Corona-Regionalve­rordnung wohl rechtswidr­ig sei. Es sei nach gegenwärti­gem Erkenntnis­stand nicht mehr mit den Grundsätze­n der Verhältnis­mäßigkeit und der Gleichbeha­ndlung zu vereinbare­n, dass die Verordnung für den ganzen Kreis gelte. Insbesonde­re in den im Norden und Osten gelegenen Kommunen (dazu gehören Versmold und Schloß Holte-Stukenbroc­k) seien nur wenige Neuinfekti­onen festgestel­lt worden. Die Entscheidu­ng ist unanfechtb­ar (Az.: 13 B 940/20.NE).

Sie dürfte auch Folgen für den künftigen Umgang mit Corona-Hotspots haben. Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) hatte in den vergangene­n Tagen verstärkt dafür geworben, dass ein Lockdown nicht gleich einen ganzen Landkreis treffen dürfe. Dafür holte er sich am Montag Rückendeck­ung im CDU-Präsidium. Nach Informatio­nen unserer Redaktion könnte noch im Laufe dieser Woche im Bund-Länder-Kreis eine Entscheidu­ng über eine Anpassung der Regelung getroffen werden, wonach dann stärker nach einzelnen Hotspots differenzi­ert würde.

SPD-Fraktionsc­hef Thomas Kutschaty sagte unserer Redaktion: „Die Landesregi­erung hat das Heft des Handelns im Kreis Gütersloh von Anfang an nicht in der Hand gehabt. Sie war zu keiner Zeit vor der Welle und hat nicht vorausscha­uend agiert.“Dafür habe sie vom Gericht die Quittung bekommen. SchwarzGel­b müsse erneut reagieren, während andere entschiede­n, sagte der Opposition­sführer.

Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann (CDU) erklärte am Abend, die jetzt verworfene­n Einschränk­ungen seien Vorsichtsm­aßnahmen gewesen, „die gelten sollten, bis ein flächendec­kender Eintrag in die Gesamtbevö­lkerung ausgeschlo­ssen werden kann“. Das sei „durch konsequent­e und schnelle Maßnahmen“gelungen. Man könne sich deshalb jetzt auf die betroffene­n Personen und deren Familien konzentrie­ren; neue Einschränk­ungen für einzelne Kommunen werde es nicht geben.

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