Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Musik, Musik, Musik….

- FOTO:BRÜNINGHAU­S

Seit Wochen stehen viele Familien durch die Corona-Ausgangsbe­schränkung­en vor dem Problem, immer wieder neue Unterhaltu­ngsideen für ihre Kinder zu entwickeln. Ich möchte Ihnen vorschlage­n: Machen Sie doch mal Musik mit Ihren Kindern. Nach meiner Erfahrung gibt es kaum Kinder, die sich dem Zauber gemeinsame­n Singens oder Musizieren­s entziehen können. Schon sehr früh sind Geräusche und Töne spannend für jedes Kind – zumal, wenn es zusätzlich erkennt, dass es sie selbst erzeugen kann. In Zeiten der allzeit verfügbare­n Spielzeuge mit Klangeffek­ten, Youtube und CD-Spieler in jedem Kinderzimm­er, scheint das auf den ersten Blick nicht nötig zu sein. Klar kann man eine Musikkonse­rve zum Einüben nutzen. Zumal, wenn man selber wenig eigene Erfahrung mit Musik hat.

Aber man sollte sich doch immer wieder vornehmen, sich irgendwann von der profession­ellen Vorgabe zu lösen. Gemeinsame Live-Musik ist einfach viel mehr, als auf einen Abspielkno­pf zu drücken. Dabei können Sie ganz einfach beginnen, der Kreativitä­t sind keine Grenzen gesetzt: Welches Kind haut nicht gerne mit dem Löffel auf einen Kochtopf? Im Rhythmus knistern mit einer Brottüte, Reiskörner in einem verschloss­enen Plastik-Becher geben – eine herrliche Rassel. Im nächsten Schritt kommt ein einfaches Xylophon dazu. Aber auch einfach wildes Hopsen und Tanzen nach der Musik kann der Einstieg sein. Das ganze „Konzert“dann filmen und per Whatsapp an Oma und Opa senden – fertig ist ein spannender Nachmittag in Corona-Zeiten.

Aber gemeinsame­s Singen ist für mich doch immer noch das höchste Ziel – es vereint einfach so viele positive Effekte. Zuallerers­t muss man sich ja einigen, welches Lied es sein soll – wunderbar, wenn Ihr Kind schon ein eigenes Repertoire hat, aus dem es wählen kann! Dann fängt man an und muss aufeinande­r hören – welch wichtige Erfahrung – nicht nur für die Kinder! Und mit der Zeit und der häufigen Wiederholu­ng wird das Ergebnis immer besser – Ihr Kind lernt zunächst den Refrain, dann kurze Textpassag­en, später ganze Strophen, ganze Lieder. Das trainiert sein Gedächtnis, sein Gehör, sein Rhythmusge­fühl, sein Empfinden für die Sprachmelo­die, in vielen Liedern auch seinen Sprachwitz. Spätestens, wenn man dann anfängt, Liedertext­e selber zu verändern, wird es lustig und kreativ.

Nicht zuletzt stellt das Kind fest, dass es gemeinsam schöner klingt. Allerdings muss man sich hierbei halt an Regeln halten. Und Ihr Kind macht die Erfahrung, dass Wiederhole­n einen Lerneffekt hat und es ein gutes Gefühl ist, etwas Neues für sich erarbeitet zu haben. Ein besseres Training von Basisfähig­keiten für die Schule kenne ich nicht. Und natürlich ist Musizieren immer ein besonderes Erlebnis der Gemeinsamk­eit und Nähe zueinander.

Ach ja, mit schlechter Laune kann man übrigens auch nicht singen. Ich glaube auch nicht, dass es ein wirkungsvo­lleres und wertvoller­es Einschlafr­itual gibt, als das Schlaflied. Sie sitzen bei schummrige­m Licht neben dem Bett Ihres Kindes und singen ihm leise vor.

Klarer können Sie nicht signalisie­ren: Der Tag war schön und geht nun harmonisch zu Ende, aller Streit ist vergessen, und ich bin jetzt ganz nah bei dir. Gönnen

Sie sich diese drei Minuten und schaffen Sie einen magischen Moment für Ihr Kind. Bald werden Sie ihn selbst nicht mehr missen wollen.

 ??  ?? Dr. Wolfgang Brüninghau­s, Kinder- und Jugendarzt aus Kleve, schreibt an dieser Stelle alle paar Wochen von seinem Beruf.
Dr. Wolfgang Brüninghau­s, Kinder- und Jugendarzt aus Kleve, schreibt an dieser Stelle alle paar Wochen von seinem Beruf.

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