Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Die Börse feiert die Commerzbank
Die Aussicht auf Kostensenkungen und neues Personal beflügeln die Aktie. Es gibt zwei Favoriten für die Vorstandsspitze. Allerdings tritt der oder die Neue ein schweres Amt an: Die Bank muss endlich sparen.
FRANKFURT Seit einer Woche heißt das Stadion, in dem Fußball-Bundesligist Eintracht Frankfurt seine Heimspiele austrägt, Deutsche Bank Park. Nicht mehr Commerzbank-Arena wie in den vergangenen 15 Jahren, in denen die gelbe Bank sich die Namensrechte an der Arena jährlich Millionen hat kosten lassen. Zuletzt sollen es 3,5 Millionen Euro pro Jahr gewesen sein.
Ein vergleichsweise kleiner Betrag in einer Erfolgsrechnung, die den Namen derzeit kaum verdient. Denn von Erfolg kann nicht die Rede sein. Natürlich hat die Corona-Krise auch zu den jüngsten Quartalsverlusten von 300 Millionen Euro beigetragen, doch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Die Bank steckt mehr denn je im Umbruch, und das geht dem US-Finanzinvestor Cerberus nicht schnell genug. Die Amerikaner, die etwa fünf Prozent der Anteile
halten, haben so viel Druck gemacht, dass Vorstandschef Martin Zielke und der Aufsichtsratsvorsitzende Stefan Schmittman am Freitag ihren Rücktritt anboten respektive ankündigten.
Für Mittwoch bahnt sich im Kontrollgremium eine heiße Debatte an. Darüber, warum möglicherweise Cerberus und der Bund als größter Aktionär im Zusammenwirken die Strategie diskutierten, ohne die Arbeitnehmervertreter zu beteiligen, und darüber, wer denn geeignet sein könnte, das scheidende Führungspersonal zu ersetzen. Der Verantwortliche für das Firmenkundengeschäft, Ex-ING-Chef Ronald Boekhout, und die Finanzvorständin Bettina Orlopp gelten als Kandidaten für die Nachfolge Zielkes, der spätstens zum Jahresende seinen Stuhl räumen wird. Ex-Commerzbanker Nicholas Teller, der das Unternehmen 2008 nach 25 Jahren verließ, könnte im nächsten Monat
Schmittmann an der Aufsichtsratsspitze beerben.
Aber wer tritt wann an? Die Commerzbank benötigt dringend Fortschritte bei der Strategie, und dafür braucht man eigentlich einen Chef, der zukunftsfähig ist, der nicht vor dem Abgang steht und deshalb kaum noch Durchsetzungsvermögen hat. Doch Cerberus warnte am Montag bereits vor zu viel Eile bei der Besetzung des Vorstandspostens, den Zielke ja auch noch gar nicht freigemacht hat. „Das plötzliche Ausscheiden des Aufsichtsratsund Vorstandsvorsitzenden der Commerzbank erfordert ein geordnetes Nachfolgeverfahren zur Besetzung der vakanten Positionen.“Erst müsse ein neuer Spitzenmann für das Kontrollgremium gefunden werden, dann der Mann für die Vorstandsspitze. Dabei haben vor allem die US-Finanzinvestoren den bisherigen Spitzenmann Zielke mit ihrer Kritik sturmreif geschossen.
Wer auch immer künftig bei der Bank das Sagen haben wird – an einer weiteren Sparaktion führt offensichtlich kein Weg vorbei. Angeblich stehen mittlerweile etwa 10.000 Arbeitsplätze auf der Kippe und 80 Prozent der gegenwärtig noch etwa 1000 Niederlassungen. Dieses dichte Fililalnetz, da waren sich die Experten in den vergangenen Jahren einig, ist viel zu groß und nicht angemessen in einer Zeit, in der die Zahl der regelmäßigen Zweigstellen-Besucher immer weiter zurückgeht, weil immer mehr Kunden ihre Bankgeschäfte online erledigen.
Wie das oft so ist an der Börse: Nachrichten über mögliche Verringerungen von Kosten und Führungswechsel sind Futter für den Aktienkurs. Der Kurs der Commerzbank ist am Montag um mehr als sieben Prozent gestiegen. Kleiner Trost für jene, die seit zehn Jahren dabei sind und fast 90 Prozent Wertverlust beklagen.