Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Corona-Nachlässigkeit breitet sich aus
Seit die Schutzmaßnahmen in NRW gelockert wurden, halten sich viele Menschen nicht mehr konsequent an die Verhaltensregeln. Politiker warnen vor einem neuen Lockdown.
DÜSSELDORF Menschen, die ohne Gesichtsmaske ins Restaurant, ins Krankenhaus oder in den Freizeitpark gehen, Partys mit Hunderten Teilnehmern – seit die Corona-Schutzmaßnahmen gelockert wurden, sind viele Menschen in Nordrhein-Westfalen offensichtlich nachlässig geworden. Das lässt bei Politikern und Verbandsverantwortlichen die Sorge vor einem neuen Lockdown wachsen.
„Ich höre von vielen Gastronomen, dass die Gäste das Thema Corona weniger ernst nehmen“, sagt Thomas Kolaric, Geschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes Nordrhein. „Viele fangen an zu diskutieren, gehen ohne Maske durch den Raum oder wollen ihre Kontaktdaten nicht angeben.“
In Düsseldorf und Köln muss das Ordnungsamt mit Unterstützung der Polizei derzeit immer wieder große Menschenansammlungen auflösen. In Köln wurden am Wochenende rund 210 Platzverweise erteilt; in der Landeshauptstadt waren es allein in der Nacht zum Samstag mehr als 50.
„Tatsächlich kann man beobachten, dass mit der Einhaltung von Schutzmaßnahmen wie Abstand halten und das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes fahrlässiger umgegangen wird“, sagt Monika Düker, Grünen-Fraktionsvorsitzende im Landtag. „Wenn wir keine neuen Hotspots oder weitere Infektionswellen riskieren wollen, werden Mund-Nasen-Schutz und die Abstandsregelungen auf nicht absehbare Zeit zu unserem Alltag gehören.“
Auch in Bussen und Bahnen tragen viele Fahrgäste die Masken gar nicht oder falsch. Die Kölner Verkehrsbetriebe haben Anfang Juli ein Video veröffentlicht, das noch einmal für das Tragen einer Maske wirbt. Eine Sprecherin der Düsseldorfer Rheinbahn sagt: „Wir müssen die Fahrgäste eher an den Haltestellen daran erinnern, dass auch dort die Maskenpflicht gilt.“
SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty glaubt, dass die „chaotische Kommunikation der Landesregierung“viel Verwirrung gestiftet habe. „Mich würde nicht wundern, wenn viele Menschen aktuell gar nicht wissen, was zurzeit überhaupt noch gilt.“Aus den forschen Lockerungen der Landesregierung sei zu schnell eine allgemeine Lockerheit im Umgang mit dem Virus geworden.
„Die Erfolge bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie und damit auch die Lockerungen der letzten Wochen haben sich alle Menschen in Nordrhein-Westfalen hart erarbeitet“, sagt Henning Höne, Geschäftsführer der FDP-Landtagsfraktion. „Diese Erfolge dürfen wir nicht leichtfertig verspielen.“
Gregor Golland, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU, betont, dass gerade die Entscheidung der Landesregierung, die Maskenpflicht konsequent fortzusetzen, NRW deutlich sicherer mache: „Damit es fair für alle ist, muss die Pflicht aber auch konsequent umgesetzt werden. Denn welches Zeichen geben wir den Menschen, die andere durch das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes vor Corona schützen, wenn wir nicht jene sanktionieren, die auf ihn verzichten und so ihr Gegenüber gefährden?“
Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner verlangte für Rückkehrer aus Risiko-Urlaubsgebieten eine Corona-Testpflicht. Die Kosten sollten die Reisenden selbst tragen. „Wer sich in ein Risikogebiet freiwillig begibt als Tourist, der wird damit in Kauf nehmen müssen, dass er für diesen Test auch bezahlt“, sagte Lindner im ZDF-Sommerinterview.