Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Wagenbauer Jacques Tilly öffnet seine Werkstatt
DÜSSELDORF Eigentlich verbindet man mit Karneval vor allem eines: kalte Finger und nasse Füße. Doch an dem Morgen, an dem wir Jacques Tilly treffen, ist es heiß. Mit kurzer Hose, Sandalen und Schrammen an den Beinen begrüßt uns der Satiriker in der Team-Küche der Wagenbauhalle in Düsseldorf-Bilk. Er bietet uns einen löslichen Kaffee an. Fast wie Camping – wir fühlen uns geborgen.
Das sind sie also: Die „heiligen Hallen“des Düsseldorfer Karnevals. Der Ort, an dem Jacques Tilly von April bis Februar an den Karnevalswagen der kommenden Session arbeitet. Der Ort, der ein paar Wochen vor dem großen Rosenmontagszug zur Top-Secret-Zone wird. Gemeinsam mit Jacques schauen wir uns um – und entdecken eine drei Meter große rosa Torte auf einem der etwa 80 Wagen, die hier stehen.
,Toll!‘, denken wir. Da ist sie schon, die erste Szene: Jacques wird aus der Torte springen. Und das Schönste: Er macht sogar mit. Für Jacques ist es ein ganz normaler Arbeitstag. Als bekanntester Karnevalswagenbauer Deutschlands verbringt er fast das komplette Jahr in der Halle in Bilk. Dort entstehen auch seine Ideen für die politischen Wagen für den Rosenmontagszug in Düsseldorf. Seine Ideen entwickelt er in einem kleinen Kämmerchen neben der Team-Küche. Inzwischen fertigt er dort bis zu 60 Entwürfe pro Jahr an.
Damals habe ihm das alles nicht so viel Spaß gemacht wie heute, erzählt er uns. Damals, das heißt: vor etwa 37 Jahren, als Jacques die ersten Wagen für den Düsseldorfer Karneval baute. In den 80ern sei die Gesellschaft einfach noch obrigkeitshöriger gewesen. „Die Wagen wurden oft als geschmacklos diskreditiert“, sagt Jacques. Heute sei das ganz anders: „Sie sind herrlich frech.“Gerne würde Jacques auch mal eine Schippe drauf legen.
Im Zelt nebenan stehen derweil Jens Spahn, Friedrich Merz und Armin Laschet mit runtergelassener Hose – natürlich nur als überlebensgroße Plastiken: Jacques Schmankerl der vergangenen Session.