Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Ohne Maske ins Krankenhaus
So mancher scheint sich nicht mehr an die Corona-Schutzmaßnahmen zu halten. Dabei können schnell wieder neue Infektionsketten entstehen.
DÜSSELDORF Vielleicht liegt es am sonnigen Wetter, vielleicht am Wunsch, alles möge einfach wieder so sein wie vor Corona – es gibt jedenfalls viele Orte in NRW, an denen die Menschen sich nicht an die Abstandsregeln halten. Da sind zum einen die Restaurants. „Ich höre von vielen Gastronomen, dass die Gäste das Thema Corona weniger ernst nehmen“, sagt Thomas Kolaric, Geschäftsführer des Hotelund Gaststättenverbandes (Dehoga) Nordrhein. „Viele fangen an zu diskutieren, gehen ohne Maske durch den Raum oder wollen ihre Kontaktdaten nicht angeben.“Das betreffe Restaurants aller Preisklassen.
Kolaric erzählt von einem Gastronom aus Oberkassel, der mehrere Restaurants betreibt, und selbst zur Risikogruppe gehört – genau wie die meisten seiner Gäste. „Er wirkt immer wieder auf seine Gäste ein, weil er weiß, was es persönlich und betrieblich bedeuten würde, wenn es zu einem zweiten Lockdown käme“, sagt Kolaric. Ein Kneipenwirt aus Köln erzählt, dass er sich immer wieder fühlt wie ein Kita-Leiter, wenn er den Gästen sagen muss: „Nein, das darfst du nicht.“
Es sei ein schmaler Grat für die Wirte und Gaststätten-Betreiber, sagt Kolaric: „Einerseits wollen sie, dass die Leute sich in die Restaurants und Kneipen trauen, aber eben nur unter den notwendigen Hygienebedingungen.“
In Düsseldorf und Köln muss das Ordnungsamt mit Unterstützung der Polizei zur Zeit jedes Wochenende große Menschenansammlungen auflösen. Am Wochenende feierten 300 junge Leute einen Geburtstag auf einem alten Zechen-Gelände in Kamp-Lintfort – inklusive DJ und Lasershow. Wie in Zeiten vor Corona. Kleinere Städte wie Neuss haben offenbar weniger Probleme. Dort gab es nach Angaben eines Stadtsprechers bislang keine „Corona-Partys“.
Vor allem in Bussen und Bahnen fällt auf, dass viele Fahrgäste die Masken gar nicht oder falsch tragen. Die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) haben Anfang Juli ein Video veröffentlicht, das noch einmal für das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes in Bus und Bahn wirbt. „Der Film soll auf einfache, aber gleichzeitig emotional ansprechende Weise dafür sensibilisieren, dass alle Menschen Verantwortung dafür tragen, sich und andere vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen“, teilten die KVB mit. Eine Sprecherin der Düsseldorfer Rheinbahn sagt: „Wir müssen die Fahrgäste eher an den Haltestellen daran erinnern, dass auch dort die Maskenpflicht gilt.“
Vor der Corona-Krise war die Besuchszahl im Kölner Zoo unbegrenzt. Derzeit dürfen sich bis zu 4900 Personen gleichzeitig auf dem Gelände aufhalten. Der Zoo setzt auf die Vernunft und die Eigenverantwortung
seiner Besucher. „Wir halten strikt die aktuell geltenden Regelungen zum Flächenangebot pro Person ein“, sagt Schütt. „Auf unserem Gelände hat insofern jeder die Möglichkeit ausreichend Abstand und Platz für sich zu finden – und im Zweifel nett und freundlich seine Mitmenschen darauf hinzuweisen, etwas zurückzuweichen.“
Seit die Schutzmaßnahmen gelockert sind, kommt es auch in Kliniken vermehrt zu Verstößen. Im Klinikum Leverkusen wurde eine Krankenschwester kürzlich als „Schlampe“bezeichnet, weil sie Besucher an die Maskenpflicht erinnert hatte. Sehr konsequent hat die Leitung des Gemeinschaftskrankenhauses Herdecke auf Verstöße
reagiert: Seit dieser Woche gilt dort ein Besuchsverbot, weil zu viele Besucher sich geweigert hatten, ihre Kontaktdaten in die Listen einzutragen und einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Bis auf Weiteres dürfen nun nur in Ausnahmefällen Besucher ins Gebäude.
Dass neue Infektionsketten schnell wieder entstehen können, zeigte am Wochenende auch der Corona-Ausbruch auf einem Bauernhof in Niederbayern. 174 Erntehelfer wurden dort positiv auf das Virus getestet. Und der beliebte Urlaubsort St. Wolfgang am Wolfgangsee im österreichischen Salzkammergut ist zu einem neuen Hotspot geworden. Dort gab es an einem Tag mindestens 44 Neuinfektionen.