Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Homeoffice wird nach Corona bleiben

In einer Umfrage für unsere Redaktion bestätigen 14 große Unternehme­n, dass sie weiterhin stark auf Arbeiten per Laptop zu Hause setzen. Aber den Kontakt zur Zentrale sollen die Beschäftig­ten halten.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Woran erkennt man, ob viele Mitarbeite­r eines Unternehme­ns von zu Hause aus arbeiten? Man kann auf die Parkplätze schauen. „Es ist schon viel leerer im Moment als sonst zu Urlaubszei­ten“, sagt ein Henkel-Mitarbeite­r, „der weitere Trend zum Homeoffice ist wegen der Corona-Krise klar.“Eine Umfrage unserer Redaktion bei 14 großen Unternehme­n in NRW bestätigt die Aussage: Obwohl der (zumindest vorläufige) Höhepunkt der Pandemie schon einige Zeit zurücklieg­t, setzen die Firmen weiter massiv auf Infektions­schutz durch teilweise leere Büros.

Zum Beginn der Krise im März und April hatten praktisch alle Konzerne ihre Verwaltung­setagen oft in wenigen Tagen zu fast 100 Prozent geräumt. So wurden beispielsw­eise bei der Post rund 100.000 Mitarbeite­r und bei Bayer 12.000 Menschen ins Homeoffice geschickt.

Umgekehrt läuft das Hochfahren der Offices sehr vorsichtig. Beim Düsseldorf­er Versichere­r Ergo kommen seit dem 2. Juni wieder mehr Mitarbeite­r ins Büro, aber mehr als ein Drittel darf nicht gleichzeit­ig da sein, damit die Abstandsre­geln eingehalte­n werden können. „Wir setzen einen ersten Impuls im berufliche­n Umfeld für eine Rückkehr aus der erlebten Ausnahmesi­tuation in die Normalität“, sagt Ergo-Vorstandsm­itglied Ulf Mainzer. Ziel sei, den persönlich­en Kontakt im Unternehme­n wieder aufzubauen und trotzdem vorsichtig zu sein. Er stellt klar: „Zwingend für uns ist die strikte Einhaltung von Abstandsun­d Hygienereg­eln.“Ergo liefert an die Heimarbeit­er in Düsseldorf und Köln sogar das Kantinenes­sen.

Die Düsseldorf­er Immobilien­firma LEG hat die Belegschaf­t pro Abteilung jeweils in zwei Gruppen eingeteilt, von denen jeweils nur die Hälfte kommen darf. Unter den 50 Prozent der Beschäftig­ten, die laut Firmenanga­ben im Homeoffice arbeiten, sind auch einige, die dauerhaft wegen Vorerkrank­ungen zu Hause arbeiten, oder jene, bei denen Kinder betreut werden müssen.

Auch bei Eon dürfen an vielen Standorten maximal 50 Prozent der Mitarbeite­r vor Ort sein. Um speziell Kollegen der übernommen­en Innogy besser zu integriere­n und kennenzule­rnen, wurde das Format „blind lunch“ins Leben gerufen. Eine digitale Lostrommel wählt nach dem Zufallspri­nzip Teilnehmer aus, die dann eine gemeinsame Essenspaus­e machen – virtuell per Videochat.

Es ist klar, dass viele Unternehme­n nach der Corona-Krise noch stärker als bisher auf Homeoffice setzen werden. „Die Akzeptanz steigt weiter“, sagt ein Henkel-Sprecher. Die Arbeitskul­tur modernisie­re sich weiter. „Wir haben gesehen, dass sich das flexible Office bewährt hat“, erklärt eine Sprecherin des Handelskon­zerns Metro. Gemeint ist, dass Mitarbeite­r häufiger von zu Hause aus konzentrie­rt ein Projekt vorbereite­n oder Kunden anrufen. Doch für viele Team- oder Management­treffen kommen die Beschäftig­ten in die Düsseldorf­er Zentrale.

Bayer plant in einer internatio­nalen Arbeitsgru­ppe für „die Zeit nach der Pandemie“. Es soll einerseits „leistungsf­ähige Teams“geben, anderersei­ts mehr Flexibilit­ät für die Mitarbeite­r. Man wolle, heißt es programmat­isch, „Partnersch­aft und Leistung vor Präsenz stellen.“Ähnlich denkt Evonik-Chef Christian Kullmann. Er lehnt zwar ein Recht auf Homeoffice ab, doch mehr Flexiblitä­t ist gewollt. Eine Sprecherin des Konzerns sagt: „Die Corona-Krise zeigt, dass vieles auch per Videokonfe­renz möglich ist – mit Kollegen, Kunden oder Dienstleis­tern.“

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