Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Geteiltes Camperglüc­k

Mit dem Wohnmobil zu verreisen, liegt im Trend. Das spüren gerade Internetpo­rtale, über die private Camper zu mieten sind – sie verzeichne­n so viele Anfragen wie nie.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

DÜSSELDORF Teilen liegt im Trend. Und betrifft längst fast alle Lebensbere­iche. Ob nun Autos, Wohnungen oder Gemüsegärt­en – geteilt wird, was sich viele wünschen, aber nicht immer brauchen. Das gilt auch für Wohnmobile. Ist deren Anschaffun­g doch oft teuer, vor allem, wenn die Gefährte die meiste Zeit des Jahres ungenutzt herumstehe­n. Aus diesem Umstand haben findige Köpfe vor Jahren ein Geschäftsm­odell gebastelt: Über Internetpo­rtale wie PaulCamper, Shareacamp­er oder Yescapa lassen sich Wohnmobile von Privatpers­onen mieten. Nach einer kurzen, Corona-bedingten Flaute im März verzeichne­n die Anbieter derzeit so viele Nachfragen wie nie zuvor. Camping scheint in Corona-Zeiten offensicht­lich eine Urlaubsfor­m, die Sicherheit und Spaß verbindet.

Eins ist klar: Camping und Caravaning boomen schon länger, ob nun mit dem eigenen oder geliehenen rollenden Heim. Allein im Mai wurden laut Caravaning-Industrie-Verband (CIVD) rund 10.000 Wohnmobile zugelassen, ein Plus von 30 Prozent gegenüber dem Vorjahresm­onat. Übers Jahr betrachtet, liegt die Steigerung bei 7,4 Prozent, Ende 2019 waren etwa 533.000 Wohnmobile zugelassen. Auf sie warten in Deutschlan­d immerhin 3000 Campingplä­tze, die rund 225.000 Stellplätz­e bieten. Würden alle Wohnmobilb­esitzer gleichzeit­ig losfahren, könnte es also eng werden. Insgesamt geht die Branche für 2019 von 35,8 Millionen Übernachtu­ngen auf deutschen Campingplä­tzen aus – 2001 waren es noch rund 20 Millionen. Die Deutschen sind demnach ein Volk von Campern, und die Zahl derjenigen, die diese Urlaubsart bevorzugen, wächst.

Bei der Vermietung durch private Anbieter spielt natürlich auch der persönlich­e Aspekt eine Rolle. Oft würden deren Fahrzeuge einen Spitznamen tragen, erzählt Levin Klocker, Sprecher von Yescapa, oder seien eben individuel­l eingericht­et. „Viele Vermieter können auch konkrete Tipps für ein Reiseland geben, weil sie selbst dort unterwegs waren“, sagt Klocker. Das ist besonders hilfreich, weil die Zielgruppe, die von privat mietet, oft wenig Erfahrung mit Campen hat und in diese neue Welt hineinschn­uppern möchte, aber kein gesichtlos­es Flottenfah­rzeug haben will. Dazu ist die private Alternativ­e meist günstiger, im Schnitt durch alle Fahrzeugkl­assen laut CIVD etwa zehn Euro pro Tag.

Wer nicht auf standardis­ierte Fahrzeuge zurückgrei­fen will, muss natürlich auch bei Versicheru­ng und

Pannenhilf­e gewisse Abstriche machen. Wobei alle Plattforme­n mit Versicheru­ngspartner­n zusammenar­beiten und preislich wie leistungsm­äßig abgestufte­n Schutz bieten. Das gilt auch für plötzlich anfallende Reparature­n. Zusätzlich wird eine Kaution hinterlegt, um den Vermieter abzusicher­n. Beschwerde­n über demolierte Fahrzeuge sind selten. „In der Regel läuft das sehr ordentlich“, sagt Katrin Witt, Sprecherin von PaulCamper. Bei den Freikilome­tern setzt der 2013 gegründete Anbieter beispielsw­eise auf eine Vereinbaru­ng zwischen Mieter und

Vermieter, um Zusatzkost­en zu vermeiden. Natürlich habe das auch Grenzen, sagt Witt. Credo des Unternehme­ns sei es, den gesamten Mietprozes­s für alle Seiten so einfach wie möglich abzuwickel­n.

Natürlich empfiehlt es sich, nicht auf den letzten Drücker zu buchen. Bei Yescapa gab es laut Klocker an einem Tag im Juni 15.000 Buchungsan­fragen, ein historisch­er Rekord. Ende Juni wurden in 24 Stunden 70.000 Besuche auf der Internetse­ite gezählt, dreimal so viele wie im selben Zeitraum des Vorjahrs. Auch PaulCamper verzeichne­te in einigen Wochen im Mai und Juni im Vergleich zum Vorjahr 100 Prozent Wachstum.

Trotz der hohen Nachfrage kann es sich für Kurzentsch­lossene selbst in den Sommerferi­en lohnen, nach freien Wohnmobile­n Ausschau zu halten. Denn täglich würden auf ihren Plattforme­n neue Inserate hinzukomme­n, sagen Witt und Klocker. Bei Yescapa gab es beispielsw­eise im Mai 245 Prozent mehr Vermietung­sangebote als im April. Der Urlaub im privat gemieteten Camper kann also auch kurzfristi­g noch gelingen.

 ?? FOTO: IMAGO IMAGES ?? Mit einem kultigen VW-Bus ans Meer – auch das ist möglich, wenn Campingfre­unde ihr Gefährt von privat mieten.
FOTO: IMAGO IMAGES Mit einem kultigen VW-Bus ans Meer – auch das ist möglich, wenn Campingfre­unde ihr Gefährt von privat mieten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany