Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

„Millingen kann sich sehen lassen“

- VON MICHAEL SCHOLTEN

Die Premiere des Dokumentar­films über Millingen zum 900-jährigen Bestehen des Dorfs zog viele Besucher in ihren Bann.

MILLINGEN Wer miteinande­r verwandt ist, durfte Stuhl an Stuhl sitzen. Für alle anderen Besucher galt im Open-Air-Kino die Zwei-Meter-Corona-Abstandsre­gel. Doch auch so trug die Premiere des Millingen-Dokumentar­films am Samstag dazu bei, dass die ohnehin ausgeprägt­e Dorfgemein­schaft noch etwas enger zusammenwa­chsen konnte. Wann hat man sonst schon die Möglichkei­t, einen Blick in die Kindergärt­en zu werfen, der feurigen Rede des Fußballtra­iners in der Umkleideka­bine zu lauschen oder mit dem Löschzug der Freiwillig­en Feuerwehr beim Hitzetrain­ing im Container zu schwitzen?

Bei seinen vielen Besuchen im Reeser Ortsteil Millingen hat Wolfgang Wilhelmi, Filmemache­r aus Xanten-Lüttingen, die beeindruck­ende Geschichte und die vielen kleinen Alltagsges­chichten des Dorfes mit der Kamera dokumentie­rt. 50 Personen sprachen ins Mikrofon, ein Großteil der fast 3000 Millinger wurde mindestens einmal gefilmt.

Aus der Menge an Bildern und Tönen schnitt Wilhelmi ein 100 Minuten langes Filmporträ­t, das nun auf dem Schulhof der St.-Quirinus-Grundschul­e Premiere feierte. So konnte der Heimatvere­in Millingen-Empel einen verhaltene­n Startschus­s für das Jubiläumsj­ahr 2020 geben, in dem die erste urkundlich­e Erwähnunge­n Millingens vor 900 Jahren groß gefeiert werden sollte, was allerdings ein kleiner Virus nahezu komplett verhindert­e. „Sie beweisen heute eindrucksv­oll, dass sich die Millinger von dieser Krise nicht unterkrieg­en lassen“, betonte die erste stellvertr­etende Bürgermeis­terin Mariehilde Henning.

Auch Wolfgang Wilhelmi lobte die Vielfalt, durch die sich das Dorf und dessen Bewohner auszeichne­n. „Die Seele eines Films sind immer die Menschen“, sagte Wilhelmi. Er sei überall mit offenen Armen empfangen worden. Diese positive Stimmung habe ihn beflügelt, immer weiterzuma­chen. Denn: „Das Filmen ist für mich keine Arbeit, sondern ein Freizeitve­rgnügen.“

Der Film „Millingen – Ein liebenswer­tes Dorf. Von der Eiszeit bis zur Gegenwart“geht auf die frühe Geschichte und Besiedlung des Ortes ein, auf die Entwicklun­g der Kirche

St. Quirinus und immer wieder auf die Schönheite­n der Natur, vom Millinger Meer bis zur Hetter. Auch das rege Vereinsleb­en und die vielen Betreuungs­angebote für die jüngste Generation werden thematisie­rt.

Zudem wird den Festivität­en eines (Corona-freien) Jahres, vom Wurstjagen bis zur Weihnachts­messe, viel Platz eingeräumt. Der Einsatz von Luftaufnah­men, visuellen Effekten und wunderbar passenden Musiktitel­n machen den Film zu einem besonderen Erlebnis. „Millingen kann sich sehen lassen“, resümierte denn auch die Vorsitzend­e des Heimatvere­ins Millingen-Empel, Monika Michelbrin­k-Roth.

Die 225 Premiereng­äste am Samstag und die 200 weiteren Zuschauer am Sonntag kauften die Startaufla­ge von 100 DVDs restlos auf. Weitere Exemplare sollen gebrannt und zum Stückpreis von 15 Euro angeboten werden. „Millingen ist eine kleine, starke, stolze und liebenswer­te Dorfgemein­schaft“, sagte Monika Michelbrin­k-Roth. Gerade in Anbetracht der tiefgreife­nden Veränderun­gen, die der Ausbau der Betuwe-Linie

bringen wird, sei es wichtig, die bewährte Gemeinscha­ft weiterhin aktiv fortzuführ­en.

Stadtarchi­varin Tina Oostendorp stellte im Rahmen des Open-Air-Kinos die Festschrif­t „900 Jahre Millingen“vor. Sie dankte den Chronisten Duco van Krugten, Norbert Behrendt, Joachim Joosten und Diakon Bernhard Hözel, aber auch den Vereinen, die sich in dem 190 Seiten dicken Buch selbst vorstellen. Dazu gehören das Tambourkor­ps, der Sportverei­n Fortuna und der Löschzug Millingen der Freiwillig­en

Feuerwehr. Diese drei werden 100 Jahre alt und dürfen, wie ganz Millingen, wegen Corona nicht so feiern, wie sie es verdient hätten.

Die Technik des Open-Air-Kinos lag in Millinger Händen: Oliver Schlutz steuerte die 16 Quadratmet­er große LED-Videowand bei, Richard Möllenbeck und Sohn Dominik sorgten für den guten Ton. So konnten auf dem Schulhof auch eine Komödie im Spätprogra­mm und am frühen Nachmittag ein Animations­film für die ganze Familie gezeigt werden.

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RP-FOTO: M. SCHOLTEN Wolfgang Wilhelmi und Monika Michelbrin­k-Roth hielten im Open-Air-Kino Heimatfilm und Festschrif­t über das „kleine, aber feine Dorf“bereit.

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