Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Polizisten wünschen sich mehr Unterstütz­ung

- VON KRISTINA DUNZ

BERLIN Polizei-Alltag in Corona-Zeiten: In Göttingen fliegen bei einer Quarantäne-Anordnung für ein ganzes Hochhaus Backsteine, in Berlin reißen Demonstran­ten Einsatzkrä­ften die Mund-Nasen-Maske herunter, in Erfurt wird Beamten ins Gesicht gespuckt. In ihrem digitalen Bürgerdial­og mit Polizistin­nen und Polizisten am Montag bekommt Kanzlerin Angela Merkel Auswirkung­en der Corona-Politik zu hören. Ihrer Bitte, konkrete Wünsche zu äußern, kommen die Beamten schnell nach: mehr Rückendeck­ung der Politik, mehr Personal, mehr Schnelltes­ts – und weniger Konfusion durch permanente und oft unverständ­liche Änderungen von Verordnung­en sowie unterschie­dlichstes Vorgehen der Bundesländ­er.

Merkel hat das notiert. Aber Abhilfe wird sie als Kanzlerin ohne die

Länder und Kommunen kaum schaffen können. Sie fragt nach Frustratio­n und Wut, die nach Dienstschl­uss mit „nach Hause“genommen würden. Lorena Grube, die im Sommer mit ihren Kollegen in Göttingen Bewohner eines Hochhausko­mplexes in Schach halten musste und dabei von einem Backstein getroffen wurde, will das nicht verhehlen. Ein Kollege aus Erfurt beschreibt, wie Polizisten die Verordnung­en auszubaden hätten, die viele Bürger nicht nachvollzi­ehen könnten, weil sie zu unübersich­tlich seien. Da gingen auch Polizisten „mit einem Wust im Kopf ins Bett“. Insgesamt, so berichtet er, „hat die Dünnhäutig­keit zugenommen“.

Mehr Schnelltes­ts fordern Gesprächst­eilnehmer, weil sie bei Demos keinen Abstand halten könnten und Sorge vor Infektione­n hätten. Schnelltes­ts für die Polizei seien geplant, sagt Merkel. Die Bundesländ­er hätten solche Tests zuerst in Pflegeheim­en und an deren Besucher gegeben – was Pflegeheim­e und deren Besucher im November allerdings oftmals gar nicht erreicht hat. Merkel fragt die Polizisten immer wieder gezielt: Was hat sich für Sie verändert, was erwarten Sie vom Staat? Erzählen die Politiker „lauter Quatsch“? Da sie coronabedi­ngt derzeit wenig Kontakt zu den Bürgern habe, wolle sie digital ins Gespräch kommen mit jenen Gruppen, die besonders stark gefordert seien.

Gerke Stüven vom Polizeikom­missariat Wildeshaus­en sagt, angesichts von Corona-Leugnern, Reichsbürg­ern und sogenannte­n Querdenker­n seien „Kontrollen das Gebot der Stunde“. Das funktionie­re nur mit einem starken Personalan­satz. „Dafür müssen Mann und Maus auf die Straße gebracht werden.“Sie betont, dass Polizisten nicht mit Appellen arbeiten könnten. Sie bräuchten Rechtssich­erheit. Das fehle mitunter in der Corona-Politik. Ein Polizist ein München räumt ein: „Fehler passieren einfach irgendwann mal.“Ständig seien etliche Kameras auf die Einsatzkrä­fte gerichtet. Die Polizei wünsche sich generelle Rückendeck­ung. Merkel lenkt hier kurz einen Blick auf die Debatte über Extremismu­s in der Polizei. Da dürfe die Politik nicht wegschauen, sagt sie. Aber es werde alles getan, damit es keinen Generalver­dacht gebe.

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FOTO: ANNEGRET HILSE/AP Bundeskanz­lerin Angela Merkel begrüßte die Teilnehmer des Bürgerdial­ogs in einer Videokonfe­renz.

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