Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Zwischen Werkstatt und Ratssaal

Leon Rütten von der CDU gehört zu den wenigen jungen Politikern, die im Gelderner Rat sitzen. Im Gespräch verrät er, warum die Kommunalpo­litik ihn manchmal verrückt macht und was er in seinem Heimatort verändern möchte.

- VON CHRISTOPH WEGENER

GELDERN Sich ungestört mit Leon Rütten zu unterhalte­n, ist an einem normalen Arbeitstag schwer. Erst klingelt das Telefon, kurz darauf kommt spontan ein Kunde vorbei, der Azubi hat eine Frage und die nächste Besprechun­g steht schon in zehn Minuten an. Kurzum: Der Terminkale­nder des 24-Jährigen platzt aus allen Nähten.

Trotzdem findet Rütten die Zeit, sich im Gelderner Stadtrat zu engagieren. Selbst die Zimmererme­ister-Ausbildung in Aachen war für ihn kein Grund, kommunalpo­litisch zurückzust­ecken. Wie das funktionie­rt? Indem man manchmal Abstriche macht. Zum Beispiel bei der Kleidungsw­ahl: „Zu Fraktionss­itzungen

„Ich kriege manchmal einen Rappel, wenn lange über Themen hin und her diskutiert wird“

Leon Rütten Ratsmitgli­ed

komme ich notfalls auch in Arbeitskle­idung“, berichtet Rütten und fügt augenzwink­ernd hinzu. „Zu den Ratssitzun­gen aber natürlich nicht.“Auch, wenn er aus berufliche­n Gründen einen Termin nicht wahrnehmen kann, zeigen seine Gelderner Parteikoll­egen viel Verständni­s.

Sie kennen den jungen Handwerker schon lange, denn Rütten entschied sich früh für ein politische­s Engagement – und eine politische Richtung. Die christdemo­kratische Prägung wurde ihm im Elternhaus quasi in die Wiege gelegt. Als Jugendlich­er entwickelt­e er zudem eine Faszinatio­n für Geschichte. In Kombinatio­n führt beides den damals 14-Jährigen auf direktem Weg zur Jungen Union. In der Jugendorga­nisation der CDU findet er viele Gleichgesi­nnte. Gleichzeit­ig wird aus politische­m Interesse immer mehr echte Begeisteru­ng.

„Andere himmelten Fußballsta­rs an, ich eher Berufspoli­tiker“, erzählt er mit einem Lachen. Vor allem Typen, die sagen was sie denken und eine klare Sprache sprechen, gefallen Rütten. Auch er selbst kommt schnell auf den Punkt. In seinem Beruf seien die Menschen nun mal sehr direkt und ehrlich, sagt der Zimmererun­d Tischlerme­ister. Geradehera­us und schnörkell­os würde er am liebsten auch Politik im Gelderner Rat machen. Dass so der kommunalpo­litische Hase aber meistens nicht läuft, weiß Rütten inzwischen. Drei Jahre lang war er Sachkundig­er Bürger im Rat der Herzogstad­t und saß ab 2017 selbst als Nachrücker auf einem der 42 Ratsstühle. „Ich kriege manchmal einen Rappel, wenn lange über Themen hin und her diskutiert wird“, sagt er.

Motivation, die langwierig­en Diskussion­en durchzuste­hen, holt der Walbecker sich über kleine Erfolge, die im politische­n Alltagsges­chäft gefeiert werden. „Bei uns am Friedhof gab es an den Seiten echt unschöne Steinplatt­en. Das hat mich jedes Mal aufgeregt, wenn ich vorbeigefa­hren bin“, berichtet er. „Als dann dort Beete angelegt wurden, war das ein super Gefühl. Man merkt in solchen Momenten: Ich kann helfen, den Ort positiv zu verändern.“Walbeck und die Region liegen Rütten am Herzen, das wird schnell klar, wenn er detaillier­t erzählt,

was er im Gelderner Stadtrat verändern und voranbring­en möchte. Fünf Jahre hat er jetzt Zeit dafür. Die Walbecker haben ihn im Herbst zum Ratsmitgli­ed gewählt.

Ein wichtiges Anliegen ist Rütten der Erhalt und der Ausbau der Walbecker Infrastruk­tur. Vor allem das ÖPNV-Netz soll engmaschig­er und größer werden – etwa um Reisen nach Holland zu vereinfach­en. „Die Nähe zueinander und der länderüber­greifende Austausch ist schließlic­h ein großartige­r Vorteil, den unsere Region bietet“, erklärt er.

Distanzen abbauen will der 24-Jährige auch im politische­n Tagesgesch­äft. So freut er sich auf den direkten Dialog mit den Bürgern, etwa über die Entscheidu­ngen des Bau- und Planungsau­sschusses in dem er sitzt. Und das, obwohl das Thema komplex und er eher der ungeduldig­e Typ ist. „Die Leute müssen das Gefühl haben, dass Politik transparen­t ist und ihnen Vorgänge genau erklärt werden“, sagt Rütten ernst. Oft sei in der Realität aber das Gegenteil der Fall: „Es wird zu viel in komplexen Sätzen gesprochen.“In diesem Zusammenha­ng wünscht sich der Walbecker niederschw­elligere Beteiligun­gsmöglichk­eiten in der Politik. Er denkt zum Beispiel an die Parteibasi­s. „Wenn Menschen aus verschiede­nen Lebensbere­ichen ihre Perspektiv­en einbringen, kann das nur förderlich sein“, ist er sich sicher. Die Leute müssten aktiv mitgenomme­n und deutlicher über politische Prozesse aufgeklärt werden. Auch für junge Menschen würde die Politik so attraktive­r werden.

Rütten selbst will sich nach Möglichkei­t noch lange für Walbeck in der Kommunalpo­litik engagieren. Auch wenn das mit seinem vollen Terminkale­nder nicht immer ganz einfach ist. „Bislang hat es immer gut funktionie­rt. Das sollte also auch in Zukunft klappen“, sagt er und muss sich kurz danach verabschie­den. Die Arbeit ruft.

 ?? RP-FOTO: N. PRÜMEN ?? Mit 24 Jahren ist Leon Rütten aus Walbeck eines der jüngsten Ratsmitgli­eder.
RP-FOTO: N. PRÜMEN Mit 24 Jahren ist Leon Rütten aus Walbeck eines der jüngsten Ratsmitgli­eder.

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