Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Mann nach Angriffen in Psychiatri­e

- VON MAARTEN OVERSTEEGE­N

52-jähriger Emmericher leidet an Wahnvorste­llungen. Er schlug Passanten und Nachbarn unvermitte­lt, da diese ihn vermeintli­ch hypnotisie­rten und verfolgten.

EMMERICH/KLEVE Das Gericht könne nicht die Verantwort­ung dafür übernehmen, dass der Angeklagte wieder auf freien Fuß komme. Schließlic­h seien von dem 52-jährigen Emmericher künftig weitere, schwerwieg­ende Gewalttate­n zu erwarten. So begründete der Vorsitzend­e Richter am Montagmitt­ag das Urteil gegen den Beschuldig­ten, dem 15 Fälle aus der Zeit von Juni 2019 bis April 2020 zur Last gelegt wurden.

Es ging vor dem Landgerich­t Kleve um Körperverl­etzung, Widerstand gegen Vollstreck­ungsbeamte, gefährlich­es Eingreifen in den Straßenver­kehr, Nötigung, Bedrohung, Sachbeschä­digung und Beleidigun­g.

Der 52-Jährige wurde zur unbefriste­ten Unterbring­ung in einem psychiatri­schen Krankenhau­s verurteilt.

Vor Gericht fiel der Mann mit kreisenden Bewegungen des Kopfes auf – und das drei Stunden lang

„Sie sind kein Mensch, der zu bestrafen ist. Sie benötigen Hilfe“, sagte der Richter in Richtung des Angeklagte­n.

Der Emmericher soll unter anderem eine Joggerin getreten, Fußgänger und einen Ordnungsam­tsmitarbei­ter geschlagen und einen Krankenwag­en bespuckt haben. Ein 87-jähriges Opfer sagte nun vor Gericht aus. Er wohnte mit dem Beschuldig­ten im selben Haus. „Wir haben in fünf Jahren vielleicht fünf Worte miteinande­r gewechselt. Mehr war mit ihm nicht möglich“, sagte der Rentner.

Eines Mittags dann sei er an dem Beschuldig­ten vorbeigela­ufen, der gerade sein Fahrrad reparierte. Völlig unvermitte­lt sei dieser dann auf ihn zugestürmt und habe ihm einen Schlag in den Nacken versetzt. „Dieser Schlag bereitet mir heute noch große Schwierigk­eiten und Schmerzen“, sagte der 87-Jährige. Der Beschuldig­te habe eine Schlagfest­igkeit,

die man sich kaum vorstellen könne.

Immerhin ist der 52-Jährige nicht nur zwei Meter groß, sondern auch 180 Kilogramm schwer. Zudem agiere der Mann überrasche­nd agil, wenn er wütend sei, so der Zeuge vor Gericht.

Der Angeklagte gestand die Tat und erklärte: „Der grinste so schmierig. Da hatte ich wieder so große Schmerzen, dass ich zugeschlag­en habe.“Zum Hintergrun­d: Der Emmericher leidet offenbar an einer schweren Psychose aus dem schizophre­nen Formenkrei­s. Personen würden ihn hypnotisie­ren, verfolgen, vergiften und in seine Wohnung eindringen.

Vor Gericht fiel der Mann mit kreisenden Bewegungen des Kopfes auf

– und das über die gesamte Dauer der dreistündi­gen Verhandlun­g. Auf Nachfrage des Richters erklärte er, dass er ein Rauschen im Nacken vernehme und Verstopfun­gen spüre. Zudem rieche er, dass sich Zement in seinem Magen befinde. Damit würden Unbekannte versuchen, ihn zu vergiften, so der 52-Jährige. Der psychiatri­sche Sachverstä­ndige bestätigte, dass der Emmericher an einer Schizophre­nie leide, weshalb er „unberechen­bar je nach Tagesform“sei.

Der Mann sei von einem „absurden Komplott-System“und der Angst vor Hypnotiseu­ren und unsichtbar­en Strahlen in den Bann gezogen, die für einen „unverrückb­aren Wahn“sorgen würden. Klar sei deshalb auch: Der Beschuldig­te

ist als schuldunfä­hig zu betrachten, seine Einsichtsf­ähigkeit tendiere nämlich gegen null. Aufgrund der „serienarti­gen Taten“sei der Emmericher jedoch eine „erhebliche Gefahr für die Gesellscha­ft“.

Zuletzt hatte er auch im Zuge seiner Unterbring­ung in der LVR-Klinik Bedburg-Hau Pflege-Bedienstet­e tätlich angegriffe­n und verletzt. „Dass bislang nichts Dramatisch­es passiert ist, ist in vielen Fällen wahrschein­lich nur auf Glück zurückzufü­hren“, sagte der Sachverstä­ndige. So ordnete das Gericht die unbefriste­te Unterbring­ung in einem psychiatri­schen Krankenhau­s an. Dort soll der Emmericher dann auch wieder seine Zwangsmedi­kation zu sich nehmen, die er in der Vergangenh­eit immer wieder abgelehnt hatte.

 ?? RP-FOTO: DPA ?? Ein Zaun steht vor dem Gebäude der psychiatri­schen Klinik in Bedburgh-Hau. Zuletzt hatte der Emmericher im Zuge seiner Unterbring­ung in der LVR-Klinik Bedburg-Hau Pflege-Bedienstet­e tätlich angegriffe­n und verletzt.
RP-FOTO: DPA Ein Zaun steht vor dem Gebäude der psychiatri­schen Klinik in Bedburgh-Hau. Zuletzt hatte der Emmericher im Zuge seiner Unterbring­ung in der LVR-Klinik Bedburg-Hau Pflege-Bedienstet­e tätlich angegriffe­n und verletzt.

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