Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Vergessener Gutshof wird Wohnprojekt
Einst soll es an dieser Stelle einen Rittersitz gegeben haben, der später zum Gutshof wurde. Nun bauen die Eheleute Wilmsen aus Appeldorn Haus und Nebengebäude zu Wohnungen um. Für die riesige Scheune wird noch eine Nutzung gesucht.
KALKAR-APPELDORN Wäre da nicht die Allee aus alten Linden und gäbe es nicht Richtung Neue Ley die Reste eines früheren Parks, man könnte den alten Gutshof beinahe vergessen. Zwar liegt er gar nicht weit hinter der Wohnbebauung des Ortes, aber doch so sehr für sich, dass ein Passant kaum sieht, was sich da nahe der Heinrich-Eger-Straße tut. Dabei lohnt sich ein intensiver Blick, wissen einige Appeldorner, die regelmäßig an der Zufahrt vorbei spazieren und einen langen Hals machen. Sie sehen dort unter anderem eines der größten Scheunendächer, das sich in der Umgebung wohl finden lässt. 1300 Quadratmeter Fläche hat der Dachdecker dort erneuern müssen. Darunter befindet sich Nutzraum auf drei Ebenen – was aus ihm werden wird, ist noch unklar.
Und das ist der Grund, warum zum RP-Termin auch Kalkars Wirtschaftsförderer Bruno Ketteler und sein Kollege der Kreis-WFG Hans-Josef Kuypers erschienen. Die beiden sind sich einig darin, dass die Liegenschaft einige Chancen bietet. „Wir haben das Projekt deshalb auch im vergangenen Jahr schon auf der Expo Real In München vorgestellt und hätten das in diesem Jahr in fortgeschrittenem Zustand gerne noch einmal getan“, sagt Kuypers. Wegen Corona findet die Immobilienmesse jedoch nicht statt. Die mächtige Scheune, die einst als Stall diente und an der man noch die Handwerkskunst des frühen 19. Jahrhunderts ablesen kann, sollte nciht ausschließlich zum Wohnen genutzt werden, finden die Eigentümer. „An den beiden Enden kann man sicherlich großzügige Wohnungen einbauen, der Haupttrakt aber ruft nach einer gewerblichen Nutzung“, meint Ruth Wilmsen.
Nachdem die landwirtschaftliche Nutzung aufgegeben worden war, gab es dort auch einen Gastronomieund Reitbetrieb, auch waren einst sozialpädagogisch betreute Jugendliche in der Anlage untergebracht. Die letzten Mieter haben die Räume offenbar in keinem guten Zustand hinterlassen. „Alles war ziemlich heruntergekommen“, sagt Ruth Wilmsen. Sie und ihr Mann haben das ganze Ensemble dann von dem auswärtigen letzten Eigentümer erworben und 2019 mit Hilfe ihrer polnischen Mitarbeiter begonnen, aufzuräumen und zu sanieren. „Das sind Männer, die viel handwerklichen Sachverstand und gute Ideen haben. In der Landwirtschaft ist ja während der Wintermonate nicht so viel zu tun, da freuen wir uns, die Leute mit der Restaurierung von Gebäuden beschäftigen zu können“, sagt Martin Wilmsen, der längst eine Leidenschaft für derartige Projekte entwickelt hat. Zuletzt hat er mit seinen Leuten die Alte Molkerei in Hönnepel ausgebaut.
Das spätklassizistische Wohnhaus, um 1850 errichtet, ist bis auf die Grundmauern zurückgebaut worden. Die alten Materialien werden aber, wo immer dies möglich ist, erneut verwendet, „und sie dürfen auch sichtbar sein“, sagt Wilmsen, der keinesfalls für den schönen
Schein alles verputzen möchte. Innen entstehen moderne energieeffiziente Wohnungen, Erdwärme versorgt die Fußbodenheizung. Im ehemaligen Schweinestall werden die Mieter auf zwei Etagen wohnen (circa 70 Quadratmeter), im Haupthaus entstehen sechs barrierefreie Wohnungen, die schon im Frühjahr bezugsfertig sein sollen.
Für die Scheune, die zwar kein Denkmal ist, aber landschaftsprägend, wäre eine Kombination von Wohnen und Arbeiten ideal, finden die Investoren, die bislang an Praxen, Büros oder ein Dienstleistungszentrum denken. Hinter einer alten Mauer soll ein bäuerlicher Gemüsegarten wiederbelebt werden, und sicher wird auch der einst herrschaftlich anmutende Park wieder in Form gebracht werden.