Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Inklusion im Job: Gutes Beispiel aus Emmerich
Die Agentur für Arbeit wirbt bei Arbeitgebern dafür, Menschen mit Schwerbehinderungen einzustellen.
EMMERICH/KLEVE (Schur) Das Bewerbungsgespräch vor fast einem Jahr lief für Tim-Simon Burow richtig gut. Der ausgebildete Fachinformatiker aus Emmerich hatte die passenden Qualifikationen für den Job als Elektrofachkraft bei der Klever Firma Work Health & Society, so dass Geschäftsführer Ufuk Cosguner schnell von ihm begeistert war. „Eine Sache muss ich noch sagen“, sagte dann aber Burow am Ende des Gesprächs. „Ich habe eine Schwerbehinderung.“
Für viele Arbeitgeber ist eine solche Aussage noch immer ein Ausschlusskriterium. Aus diesem Grund will die Agentur für Arbeit Wesel in der bundesweiten Aktionswoche bis 4. Dezember verstärkt auf das Thema Inklusion am Arbeitsmarkt – insbesondere vor dem Hintergrund des wachsenden Fachkräftebedarfs – aufmerksam machen.
Denn obwohl die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigen mit Schwerbehinderung zwischen 2014 und 2018 im Kreis Kleve um 15,2 Prozent gestiegen ist, wird die Pflichtquote von fünf Prozent in Unternehmen ab 20 Beschäftigten noch immer nicht überall erreicht. 2018 liegt die Quote im Kreis Kleve bei 3,97 Prozent. „Es gibt noch immer Betriebe, die lieber die Abgaben bezahlen“, sagt Markus Brandenbusch, Bereichsleiter der Agentur für Arbeit Wesel. Denn, das weiß er auch: „Viele Arbeitgeber haben Vorbehalte, die aber nicht berechtigt sind.“
Menschen mit Schwerbehinderung wird man nie wieder los, lautet eines der Vorurteile. „Das stimmt so nicht“, erklärt Martina Tück. Sie ist Ansprechpartnerin für Unternehmen, wenn es um die Einstellung von Menschen mit Behinderung in Arbeit oder Ausbildung geht. Zwar haben schwerbehinderte Menschen einen besonderen Kündigungsschutz. In der Praxis bedeutet das jedoch nur, dass die Kündigung einmal geprüft wird. Sollte sie rechtens sein, ist sie auch gültig.
„Die Gespräche dienen dazu, Arbeitgebern die Scheu zu nehmen“, sagt Tück. Sie klärt aber nicht nur immer wieder über Rechte und Pflichten auf, sondern informiert auch über die Fördermöglichkeiten. Dass Arbeitgeber einige Vorteile durch die Einstellung von Menschen mit Schwerbehinderungen haben, weiß auch Burow. „Das wissen nur viele nicht, deshalb habe ich das in meinen Bewerbungsgesprächen schon immer direkt gesagt.“
Beim Gespräch bei der Firma Work Health & Society musste Burow aber Chef Cosguner nicht weiter überzeugen. Für ihn stand lediglich die Frage im Raum, wie sein neuer Mitarbeiter am Arbeitsplatz am besten mit seiner Schwerbehinderung umgehen kann. Denn der 28-Jährige hat Diabetes mellitus Typ I, muss also regelmäßig seinen Blutzucker kontrollieren. „Dazu muss ich dann zwischendurch mal zwei, drei Minuten zur Seite gehen“, sagt er. Mittlerweile geht das Messen mit Sensor und Smartphone aber ganz einfach. „Wenn der Wert zu hoch ist, muss ich meine Insulinpumpe drücken. Wenn er zu niedrig ist, trinke ich einen Schluck Cola.“
Burow ist bundesweit für die Klever Firma unterwegs, hat dabei immer seinen großen Koffer mit dabei. Er muss genau auf sich und seinen Körper achten, ansonsten hat er aber kaum Einschränkungen durch seine Schwerbehinderung. „Man sieht es mir ja nicht an“, sagt er selbst. Und auch das ist ein wichtiger Punkt, auf den die Agentur für Arbeit Wesel in der Aktionswoche aufmerksam machen will: Behinderungen sind vielfältig, häufig fallen sie im Arbeitsalltag kaum auf. So wie bei Burow. Sein Chef zumindest ist mehr als zufrieden mit ihm und will anderen Unternehmen eines mitgeben: „Es ist wichtig zu wissen, dass man durch die Arbeitsagentur nicht alleine da steht.“