Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

FKK-Prozess: Zeugin sieht Club-Betreiberi­n als faire Chefin

- VON MAARTEN OVERSTEEGE­N

KLEVE/GOCH Der Prozess gegen das Betreibere­hepaar des Saunaclubs „FKK van Goch“vor dem Landgerich­t Kleve stockt. Seit Mitte August sitzen die 59-jährige Frau und der 56-jährige Mann aus Gladbeck wegen des Vorwurfs der Steuerhint­erziehung und des Vorenthalt­ens von Sozialabga­ben auf der Anklageban­k in Kleve. Insgesamt soll ein Abgabescha­den in Höhe von fast zwei Millionen Euro entstanden sein, so die

Staatsanwa­ltschaft.

Nun aber dürfte Corona zu weiteren Verzögerun­gen führen. Einer der Rechtsanwä­lte der Beschuldig­ten legte der Kammer am Freitag ein ärztliches Attest vor, nachdem er vorerst aufgrund schwerer Vorerkrank­ungen nicht mehr an öffentlich­en Hauptverha­ndlungen teilnehmen soll. Zu hoch sei das Risiko einer Ansteckung. Staatsanwa­ltschaft und Kammer stimmten zu, immerhin bestünde unveränder­t kein Zeitdruck. Die Zeit bis zum Frühjahr wolle die

Staatsanwa­ltschaft nun nutzen, um weitere Zeuginnen aus dem Rotlicht-Milieu ausfindig zu machen. Viele der Osteuropäe­rinnen, die in dem Etablissem­ent an der Gocher Benzstraße gearbeitet haben sollen, hatten in den vergangene­n Monaten auf die Vorladunge­n des Gerichts nicht reagiert, Adressdate­n liegen nciht vor. So war die Beweisaufn­ahme eine zähe Angelegenh­eit.

„Wir könnten nun Fahndungen einleiten“, erklärte der Staatsanwa­lt. Allerdings sagte nun noch eine 41-jährige Frau aus Bielefeld als Zeugin aus, die vor einigen Jahren als Thekenkraf­t im „FKK van Goch“tätig gewesen ist – und bis heute einen ausgezeich­neten Eindruck von der 59-jährigen Chefin des Hauses habe: „Sie war die erste, bei der ich einen richtigen Arbeitsver­trag bekam. Und sie war die erste, die mir meinen Lohn aufs Konto und nicht bar ausgezahlt hat. Ich habe sogar mit ihr gegessen, es herrschte eine familiäre Atmosphäre.“Auch könne sie sich nicht daran erinnern, dass es

Strafzahlu­ngen bei Fehlverhal­ten der Prostituie­rten gegeben habe. Solche Zahlungen würden dafür sprechen, dass die Frauen als angestellt­e Prostituie­rte gearbeitet haben – und eben nicht als Freiberufl­erinnen.

Wohl aber könne sich die 41-Jährige rückblicke­nd vorstellen, dass es ein Handyverbo­t in dem Saunaclub gegeben habe. Sicher könne sie das aber nicht sagen. Doch auch ein solches Verbot sei aus ihrer Sicht durchaus nachvollzi­ehbar: „Man muss wissen, dass die Ostblock-Damen ein anderes Benehmen an den Tag legen als die Deutschen. Da kann ich mir schon vorstellen, dass die Chefin mal gesagt hat, ,jetzt pack dein Handy weg.´“Ein Handyverbo­t könnte ein Indiz dafür sein, dass die Frauen, anders als von den Beschuldig­ten beteuert, nicht als Selbststdi­ge aktiv waren.

Licht ins Dunkel könnten diesbezügl­ich weitere Ex-Prostituie­rte bringen. Bis sie als Zeugin in Erscheinun­g treten, dürften aber erneut einige Wochen vergehen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany