Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Expertin für das Rathaus der Zukunft
Andrea Prynda ist seit zwei Jahren im Gelderner Rathaus unter anderen damit beschäftigt, Aktenberge abzubauen. Die 35-Jährige sorgt dafür, dass die Mitarbeiter gut vernetzt sind und ihre Arbeit flexibel gestalten können.
GELDERN „Prozessmanagement & Digitalisierung im Büro des Bürgermeisters“. Die offizielle Bezeichnung klingt kompliziert. Dabei ist Andrea Prynda seit zwei Jahren vor allem damit beschäftigt, das Leben der Angestellten und Beamten im Gelderner Rathaus zu vereinfachen. Viele ihrer Kolleginnen und Kollegen dürften zwar leichte Bauchschmerzen bekommen haben, als sie erstmals mit dem „Dokumenten-Management-System“– kurz DMS – konfrontiert wurden. Interne Schulungen und Workshops sind nicht jedermanns Sache. Doch inzwischen haben sich die Rathaus-Mitarbeiter daran gewöhnt, sich von der netten Reiseleiterin auf dem Weg von der analogen Vergangenheit in die digitale Zukunft an die Hand nehmen zu lassen.
Zumal viele mittlerweile festgestellt haben dürften, dass die Arbeit der 35-Jährigen, die in Düsseldorf Sozialwissenschaften studiert hat, viele Vorteile mit sich bringt. Eine der wesentlichen Aufgaben von Andrea Prynda lässt sich einfach umschreiben: Sie trägt Aktenberge ab. „Allein in unserer Finanzabteilung befinden sich rund 15.000 Steuerakten, die nach und nach digitalisiert werden“, erklärt Prynda, die sich nach dem Studium in einer Software-Agentur und in einer Unternehmensberatung das nötige Know-how angeeignet hat. Die sogenannte „E-Akte“spart allerdings nicht nur Papier und sorgt auf Dauer für leere Schränke.
Im Kern geht’s darum, die alltäglichen Abläufe in einer Verwaltung zu vereinfachen. Ein Beispiel: Musste Mitarbeiter X aus dem Bauamt von den Kollegen Y und Z aus dem Umweltamt und der Kämmerei eine Auskunft haben, war das bislang mit vielen Telefonaten und oftmals zeitraubender Aktensuche verbunden. In Zukunft und teilweise jetzt schon erhalten die Mitarbeiter Zugriff auf die elektronischen Akten und bekommen die gewünschte Information
einfach per Mausklick. „Meine Aufgabe besteht im Wesentlichen darin, diese Abläufe zu organisieren und die Kolleginnen und Kollegen bestmöglich untereinander zu vernetzen“, erklärt Prynda.
Dabei nutzt die 35-Jährige auch ihr Fachwissen als Sozialwissenschaftlerin, um den Menschen bei der Veränderung gesellschaftlicher Strukturen zur Seite zu stehen. Diese sind nicht zuletzt durch die Pandemie deutlich ans Tageslicht getreten. „Corona hat dazu geführt, dass der Prozess der Digitalisierung nicht mehr als reine Option betrachtet wird. Es handelt sich dabei nicht länger um eine Kann-, sondern um eine Muss-Lösung“, sagt die Expertin, die seit zwei Jahren im Auftrag von Bürgermeister Sven Kaiser das Gelderner Rathaus fit für die Zukunft macht. Die Folgen der Veränderungen der Arbeitswelt sind inzwischen sichtbar: Ebenso wie die Mutter einer fünfjährigen Tochter arbeiten viele Kolleginnen und Kollegen aktuell im Homeoffice. Das Dokumenten-Management-System mitsamt E-Akte macht’s möglich.
Das wird auch so bleiben, wenn die Pandemie ausgestanden ist. Die Mitarbeiter sind bei der Erledigung ihrer Aufgaben nicht mehr an einen starren Stechuhr-Zeitrahmen gebunden, der sich längst überholt hat. Die digitale Arbeitswelt bietet auch die Chance, den persönlichen Alltag flexibler gestalten zu können – das hat sich inzwischen auch im Gelderner Rathaus herumgesprochen. Auch der Bürger hat bereits jetzt etwas davon, weil entsprechende Schreiben vom Amt häufig schneller bearbeitet und zugestellt werden können. Die digitale Kommunikation mit den Menschen soll ausgedehnt werden, damit sich viele Gelderner den Gang ins Rathaus auch mal sparen können. „Da arbeiten wir dran, das ist aber in vielen Bereich noch Zukunftsmusik“, sagt die Frau, die genau mit dieser beschäftigt ist.