Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Distanzunterricht: PCs sind der Engpass
An der Karl-Kisters-Realschule sind derzeit Corona-bedingt keine Schüler anwesend. Wir haben einen Biokurs beim Fernunterricht begleitet. Die Möglichkeiten durch moderne Technik sind beeindruckend. Aber es fehlt an Geräten. Und Nähe.
KLEVE-KELLEN Es ist Punkt 10 Uhr. Der Schulgong ertönt. Aber die Klassenräume bleiben leer. Die Schüler sind zuhause. Und doch beginnt für 13 von ihnen gerade der Unterricht. In der Karl-Kisters-Realschule in Kellen sitzen die Biolehrer Ina Schreven und Dominik Huißmann vor einer Prowise-Digitaltafel und begrüßen jeden der 13 Schüler, der sich in ihren Zimmern in die Zoom-Videokonferenz eingewählt hat, persönlich. Das dauert etwas, hat aber einen praktischen Nebeneffekt: So können die Pädagogen sichergehen, dass jeder Schüler auch tatsächlich anwesend und lernbereit ist. Sieben von 13 Schülern haben ihre Webcam eingeschaltet, so dass sie für die Lehrer und ihre Mitschüler auch zu sehen sind. Eine Pflicht dazu besteht nicht. Denn nicht jeder Jugendliche will Einblicke in seine Privatsphäre geben und auch nicht jeder mag seinen eigenen Anblick auf dem Monitor sehen.
Distanzunterricht in Corona-Zeiten, das funktioniert an der Karl-Kisters-Realschule so: Die Schüler wählen sich jeden Tag in zwei bis drei Zoom-Videokonferenzen ein. „Den Unterricht eins zu eins mit solchen Konferenzen zu bewerkstelligen, ist nicht zu leisten. Für die Lehrer nicht. Aber auch die Schüler sollten nicht den ganzen Schultag vor einer Webcam sitzen“, sagt Schulleiter Kristian Best. Den Rest der Zeit arbeiten die Schüler stattdessen für sich zuhause den vom jeweiligen Lehrer erstellten Wochenplan ab. Der wurde ihnen online über die digitale Lernplattform Logineo NRW LMS übermittelt.
Diese Form des digitalen Lernens bietet beeindruckende Möglichkeiten, wie man anhand der Biostunde der Jahrgangsstufe 6 sehen kann. Der Wochenplan sah vor, dass die Schüler Referate zum Thema Klimawandel vorbereiten und über das Logineo-Portal hochladen. In der Schulstunde sollen die Schüler ihre Ergebnisse nun digital präsentieren. Leonie meldet sich und Lehrer Huißmann macht ihr Schaubild, das Leonie ins Logineo-Portal eingestellt hatte, für alle Schüler auf ihren Computer-Bildschirmen sichtbar, während Leonie ihr Referat hält. Anschließend dürfen die Schüler noch über die Chat-Funktion Fragen an Leonie stellen. Und die beiden Lehrer vermitteln anschließend noch Wissenswertes zum Klimawandel und zum Treibhauseffekt. Alles in allem klappt das erstaunlich gut, jedenfalls ist der Unterricht fast effektiver als in Zeiten, als noch mit herumgereichten, schlecht kopierten Arbeitsblättern und verblichenen Overhead-Projektionen gearbeitet wurde.
Die Schulstunde dauert nur 30 Minuten und ist damit deutlich kürzer als sonst. In der restlichen Zeit ist die zweite Kurshälfte an der Reihe. Denn eine Zoom-Konferenz mit 30 Teilnehmern, das wäre dann doch etwas unübersichtlich.
Dafür erhalten die Schüler viel Feedback für ihre über das Logineo-Portal eingereichten Aufgaben. Schulleiter Best nimmt sich dafür auch am Wochenende Zeit. „Fünf bis sechs Stunden nimmt das dann in Anspruch“, sagt er. Die Arbeitsbelastung sei für viele Lehrer derzeit so hoch wie noch nie. Best schreibt den Schülern, was sie gut gemacht haben und was noch zu verbessern wäre. Die zuhause bearbeiteten und hochgeladenen Aufgaben fließen ebenso in die Benotung ein wie die mündliche Beteiligung in den Zoom-Videokonferenzen. Das allerdings ist noch nicht bei jedem Schülern und bei allen Eltern so richtig angekommen.
Überhaupt ist nicht alles Gold, was glänzt. Das größte Problem: Es mangelt an digitalen Endgeräten. „Wir müssen dringend dahin kommen, dass jedem Schüler und jedem Lehrer ein Gerät zur Verfügung gestellt wird“, fordert Best. Besonders für Familien mit mehreren schulpflichtigen Kindern sei es derzeit schwer, da diese sich Geräte und auch Räume teilen müssen. Und: Bei aller Liebe zur Technik – den Kindern und Jugendlichen fehlt die Nähe zu ihren Klassenkameraden. „Sie lernen auch voneinander. Die persönliche Begegnung ist nicht zu ersetzen“, sagt Schulleiter Best.