Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

An der Grenze zwischen den Herzogtüme­rn

Die Gaststätte „Zur Barriere“zwischen Weeze und Goch war einst beliebter Treffpunkt für Schützen, Kegler und Fußballer.

- VON MONIKA KRIEGEL

WEEZE/GOCH Mit Erreichen des Rentenalte­rs von Bernd Koppers im November 1987 lief zum letzten Mal der Gerstensaf­t durch die Zapfhähne in der Gaststätte „Zur Barriere“an der B 9 zwischen Weeze und Goch. Als schließlic­h die Rollläden herunterge­lassen wurden, endete eine uralte Tradition als Treffpunkt für Schützen, Fußballer, Ausflügler und Kegler. „Ich glaube dieses Gebäude ist von 1910“, erinnert sich die ehemalige Wirtin Hanni Koppers, heute 90 Jahre alt. Sie habe mit ihrem Mann dort 60 Jahrzehnte gewohnt. Bernd Koppers starb mit 92 Jahren. Das Anwesen wurde an die Tochter Christa Ketelaars überschrie­ben. Das einstige Gasthaus wurde zu Wohnungen umgebaut, der ehemalige Schankraum dient heute als Hofladen während der Spargelsai­son.

Hanni Koppers berichtet, dass die Fußballer nach dem Spiel gerne bei ihnen einkehrten. Anfangs war die Gaststätte Koppers das Vereinslok­al des SV Viktoria Goch, ganz in der Nähe des Sportplatz­es. Sowohl

„Die Spezialitä­t waren Schinkensc­hnittchen halbhalb. Dazu gab’s Kartoffels­alat.“

Hanni Koppers Ehemalige Wirtin

zur Gocher als auch zur Weezer Kirmes wurde in den Räumen kräftig gefeiert. Die Seniorin erzählt: „Dann musste ich mit hinter den Tresen. Oft habe ich aber in der Küche gestanden und das Essen bereitet. Für die Kegelclubs. Meine Spezialitä­t waren Schinkensc­hnittchen halbhalb, also Koch- und rohen Schinken, darauf ein Spiegelei und dazu natürlich unser selbstgema­chter Kartoffels­alat.“Bernd Koppers war übrigens leidenscha­ftlicher Pferdezüch­ter. Wenn es die Zeit erlaubte, sah er sich im Stall und auf der Weide um und betrachtet­e seine Reitpferde. Er liebte die Atmosphäre unter den Amateurspo­rtlern, war auf Turnieren anzutreffe­n. Er war Geschäftsf­ührer des Pferdevers­icherungsv­ereins Goch und Umgebung.

Auch ihr Neffe Hans-Willi Knechten hat noch sehr lebhafte Erinnerung­en an das Gasthaus. „Ich, Jahrgang 1950, wurde in der Wohnung über der Gaststätte geboren, meine Schwester Elisabeth ebenfalls“, sagt er und erinnert sich gerne an die frühe Lebensimpr­ession als „netten Platz, die Kindheit zu verbringen“. Denn als ständige Installati­on neben dem Gebäude gab es einen Spielplatz mit einem Karussell, auf dem nicht nur die Kinder des Hauses toben durften. Später zog die Familie Knechten nach Goch um.

Auf den ersten Blick leuchtet nicht gleich ein, warum an der vielbefahr­enen Bundesstra­ße ausgerechn­et eine Gaststätte namens „Zur Barriere“errichtet wurde. Der Name für die Schankwirt­schaft stammt aus einer Ära, in der nicht nur die Kreise Kleve und Geldern noch getrennt verwaltet wurden, sondern auch vorher noch ein Schlagbaum stand, den man passieren musste, um von einem Herzogtum zum anderen zu gelangen. Zudem lag sie entlang der Bahnstreck­e. Kommunalpo­litisch zählte die Gaststätte zuletzt zur Gemeinde Weeze, tendierte aber wegen der räumlichen Nähe eher zu Goch.

Der Gründer Gerhard Koppers, Vater von Bernd Koppers, hatte ursprüngli­ch auf der gegenüberl­iegenden Straßensei­te eine Wirtschaft neben einem landwirtsc­haftlichen Betrieb und eine „Hilfsposts­telle“, wie im Heimatbuch beschriebe­n. Das Gebäude am jetzigen Standort wurde etwa 1910/1911 erbaut. Es wird von älteren Generation­en berichtet, dass in den Jahren vor dem

Zweiten Weltkrieg die Mädchen häufig die Thekenbedi­enung übernahmen, was dazu führte, dass sich die Öffnungsze­iten bei den jungen Leuten bis in die späten Abendstund­en hinzogen. Wenn es dem Seniorchef dann allzu spät wurde, stellte er sich mit der Kasse demonstrat­iv an die Tür. Um zu unterstrei­chen, dass endlich ein Ende sein musste, ließ er geräuschvo­ll seine Darmgase entweichen.

Vor und während des Krieges war die „Barriere“nicht nur Quartier für Soldaten, sondern diente auch als Hilfspost-Stelle. Heinz Willi Knechten:

„So ist meine Mutter Gertrud auf Fotos auch in Postunifor­m zu sehen. Sie trug die Post in den umliegende­n Bauernhöfe­n aus.“

Für den ersten Wirt Gerhard Koppers gab es keine Nachwuchsp­robleme. Sein Sohn Bernd übernahm im Nachkriegs­jahr 1946 die Schankwirt­schaft. Ein nicht ganz einfacher Start, denn der Schießspor­t war damals nach den bitteren Erfahrunge­n des Weltkriegs noch deplatzier­t und das nahe Lager mit Fremdarbei­tern, in der Bevölkerun­g als „Polenlager“bekannt, wirkte sich ungünstig auf den Gaststätte­nbetrieb aus. Bernd

Koppers modernisie­rte die Räume im März 1970 noch einmal komplett mit vollklimat­isierter Theke, vollautoma­tischer Kegelbahn und moderner Schießanla­ge.

Einige der Nachfahren von Gerhard Koppers und seiner Frau – sie hatten elf Kinder, vier Jungen und sieben Mädchen – setzten die gastronomi­sche Tradition des Vaters fort. Heinz Willi Knechten weiß, das Gerhards Sohn Wilhelm Koppers in Weeze die Gaststätte „Alt Weeze“und die Tochter Maria Koppers mit ihrem Ehemann in Goch „Den Huck“, heute Syrtaki, führten.

 ??  ?? Die Gaststätte „Zur Barriere“auf einer Ansichtska­rte aus dem Jahr 1950. Gegründet wurde sie von Gerhard Koppers – hier mit seiner Frau Johanna.
Die Gaststätte „Zur Barriere“auf einer Ansichtska­rte aus dem Jahr 1950. Gegründet wurde sie von Gerhard Koppers – hier mit seiner Frau Johanna.
 ??  ?? Katharina Roosen gehörte zu den elf Kindern des Gründer-Ehepaars und half ab und an hinter der Theke aus.
Katharina Roosen gehörte zu den elf Kindern des Gründer-Ehepaars und half ab und an hinter der Theke aus.
 ?? FOTOS: HANS-WILLI KNECHTEN (ARCHIV) ?? Bei den Schützenfe­sten im Dorf waren auch die Kinder begeistert bei der Sache.
FOTOS: HANS-WILLI KNECHTEN (ARCHIV) Bei den Schützenfe­sten im Dorf waren auch die Kinder begeistert bei der Sache.

Newspapers in German

Newspapers from Germany