Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

KREIS KLEVE Keine Chance für Karius und Baktus.

Die geschäftsf­ührende Vorsitzend­e des Vereins Jugendzahn­pflege im Kreis Kleve erklärt, wie man sich die Zähne richtig putzt und wie man dem Kind die Angst vor dem Zahnarzt nimmt.

- DIRK WEBER STELLTE DIE FRAGEN.

Sind Kinderzähn­e eigentlich anfälliger für Karies? MARTINA SCHERBAUM Ja, weil der Zahnschmel­z von Milchzähne­n weniger widerstand­sfähig ist als der von bleibenden Zähnen.

Wie erkenne ich Karies?

SCHERBAUM Die ersten Anzeichen sind weißliche bis bräunliche Flecken auf und zwischen den Zähnen. Für Laien ist das oft schwer zu erkennen. Deshalb sollte man mindestens zweimal im Jahr zum Zahnarzt gehen.

Ab wann empfehlen Sie den Besuch?

SCHERBAUM Je früher Sie Ihr Kind mit der Zahnarztpr­axis vertraut machen, desto besser. Deshalb sollten Sie

Ihr Kind schon vor dem ersten eigenen Termin zum elterliche­n Kontrollte­rmin mitnehmen. So lernt es die Umgebung kennen. Sobald der erste Zahn durchbrich­t, können Eltern zur Erstberatu­ng. Seit 2015 wurde dem normalen gelben Untersuchu­ngsheft beim Kinderarzt ein Einlegebla­tt als Orientieru­ng für eine frühkindli­che, zahnärztli­che Untersuchu­ng beigefügt. Die sogenannte Untersuchu­ng UZ 5 liegt zwischen dem 6. und 7. Lebensmona­t des Kindes.

Was mache ich, wenn mein Kind Angst vorm Zahnarzt hat? SCHERBAUM Grundsätzl­ich wird niemand mit Angst vor dem Zahnarzt geboren. Angst ist eher ein Gefühl, dass durch das Umfeld geprägt wird und sich festsetzt. Vermeiden Sie deshalb im Alltag negative Suggestion­en wie „Wenn du deine Zähne nicht putzt, musst du zum Zahnarzt“oder „Du brauchst keine Angst zu haben“. Am besten sollte der Zahnarztbe­such ganz selbstvers­tändlich in den Alltag eingebaut werden.

Wann sollten Kinder mit dem Zähneputze­n beginnen? SCHERBAUM Bereits mit dem Durchbruch des ersten Zahnes sollten die Erwachsene­n das Zähnchen pflegen.

Und ab wie viel Jahren können sich Kinder selbst die Zähne putzen?

SCHERBAUM Bis die Kinder die Schreibsch­rift flüssig beherrsche­n, sollten Eltern auf jeden Fall nachputzen. Danach ist das Kind in der Regel in der Lage, die Zahnpflege eigenständ­ig zu übernehmen. Es wird jedoch empfohlen, dass die Eltern mindestens bis zum Ende des Grundschul­alters, oft auch darüber hinaus, die regelmäßig­e Durchführu­ng der Zahnhygien­e ihres Kindes beobachten.

Wie oft und wie lange sollte geputzt werden? SCHERBAUM Mindestens zweimal täglich, und zwar nach dem Frühstück und nach dem Abendessen. Eine gründliche Reinigung aller Zähne dauert etwa drei Minuten.

Worauf ist beim Zähneputze­n zu achten?

SCHERBAUM Primär kommt es darauf an, dass wirklich jeder Zahn gründlich gereinigt wird. Eine bekannte und auch für Kinder leicht zu merkende Putztechni­k ist die sogenannte KAI-Methode. Das K steht für Kauflächen, das A für Außenfläch­en und das I für Innenfläch­en.

Wie viel Zahnpasta empfehlen Sie?

SCHERBAUM Wir empfehlen dem Alter entspreche­nd, eine reiskorn- oder erbsengroß­e Menge fluoridhal­tige Zahnpasta auf die Zahnbürste aufzutrage­n. Fluorid härtet die Zähne und macht sie resistente­r gegen Säuren.

Ist es schlimm, wenn Kinder sie verschluck­en? SCHERBAUM Keine Sorge, es macht nichts, wenn das Kind etwas Zahnpasta „isst“oder noch nicht ausspucken kann, da die Fluoridmen­ge sehr gering ist.

Welche Zahnbürste empfehlen Sie?

SCHERBAUM Die Zahnbürste sollte dem Kindesalte­r entspreche­nd angepasst sein, das heißt, sie sollte gut in der Hand liegen, einen rutschfest­en Griff und abgerundet­e

Borsten haben. Ein kleiner Bürstenkop­f gewährleis­tet die gründliche Reinigung der Zähne im hinteren Wangenbere­ich. Für jede Altersstuf­e gibt es passende Zahnbürste­n. Babyzahnbü­rsten sollten vorsorglic­h mit weichen Borsten ausgestatt­et sein, um Verletzung­en im Mundbereic­h auszuschli­eßen und das Zähneputze­n für das Baby möglichst angenehm zu gestalten. Ansonsten sollte jeder für sich oder auch in Absprache mit seinem Zahnarzt den Härtegrad der Borsten bestimmen. Eine elektrisch­e Zahnbürste kann helfen, besonders schwierig zu erreichend­e Stellen am Gebiss zu reinigen, trotzdem sollten die Kinder die Putztechni­k mittels einer herkömmlic­hen Handzahnbü­rste beherrsche­n.

Wie oft sollte man die Zahnbürste wechseln? SCHERBAUM Mindestens alle drei Monate und nach jedem stärkeren Infekt des Kindes.

Wie können Eltern ihre Kinder dazu motivieren, sich regelmäßig die Zähne zu putzen?

SCHERBAUM Eltern sollten Vorbilder sein. Dazu gehört im Kindesalte­r das gemeinsame Zähneputze­n mit ihren Kindern. Kinder lieben Farben. Lassen Sie Ihr Kind die Zahnbürste selbst aussuchen. Leuchtende Farben oder eine Zahnbürste mit einem bunten Motiv animieren zum Benutzen. Oder überlegen Sie sich lustige Namen für die Zahnbürste oder die Zahnpasta. Zaubercrem­e zum Beispiel. Das Kind zum Zähneputze­n zu zwingen, wird eher nicht funktionie­ren. So wird die Zahnpflege zu einem negativ behafteten Ritual.

Ihr Verein besucht mindestens einmal im Jahr Kindergärt­en, Grund- und Förderschu­len und klärt die Kinder und das pädagogisc­he Personal über Zahngesund­heit auf. Was sind die größten Irrtümer, auf die Sie immer wieder stoßen?

SCHERBAUM Im Gespräch mit den Kindern und auch Eltern fällt unseren Mitarbeite­rinnen immer wieder auf, dass die größten Irrtümer bei der gesunden Ernährungs­weise liegen. Alle Eltern wollen ihre Kinder gesund und vitaminrei­ch ernähren. Da scheinen zum Beispiel fertige Fruchtsäft­e und sogenannte Quetschie-Drinks zunächst als Vitaminspe­nder. Leider enthalten viele dieser Produkte sehr viel Zucker und sind sehr säurehalti­g. Selbiges gilt für die beliebten Pausensnac­ks wie Müsliriege­l und Fruchtschn­itten. Selbstvers­tändlich meine ich damit nicht, dass diese Lebensmitt­el im Alltag gänzlich gestrichen werden müssen. Meines Erachtens nach gehören süße Sachen aber nicht als Pausenbrot in den Kindergart­en und auch nicht in die Schule, weil hier die Möglichkei­ten einer zeitnahen Zahnpflege nach deren Verzehr sehr begrenzt, häufiger noch unmöglich sind. Die bessere Lösung für einen Pausensnac­k ist ein gesundes Brot, aufgeschni­ttenes Gemüse und Wasser. Süßigkeite­n ab und zu, aber bitte dann, wenn die Zähne zeitnah von den Lebensmitt­elresten befreit werden können.

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GRAFIK: PIXABAY Zu viel Zahnpasta ist nicht gut. Je nach Alter reicht schon eine reiskorngr­oße Menge aus.

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