Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Allerlei Gemöhre
Die Karotte ist ein Tausendsassa in der Küche: günstig, immer verfügbar, vielseitig einsetzbar, gesund – deshalb gehört sie in jeden Kühlschrank.
Knorrig, knackig, kalorienarm – und orange. So kennen wir Karotten. Dass sie nicht immer orange waren, sondern es auch Sorten in Weiß, Rot, Lila oder fast Schwarz gibt, weiß man heute kaum noch. Ins Reich der Mythen gehört die Geschichte, wie die Karotte orange wurde: Die Holländer waren demnach die Ersten, die im 17. Jahrhundert das Gemüse, das aus Afghanistan kam, in Orange züchteten, angeblich um ihr Königshaus zu ehren.
Während es zunächst noch hauptsächlich als Viehfutter verwendet wurde, hielt das vielseitige und günstige Gemüse ab dem 20. Jahrhundert Einzug nicht nur in die europäischen Küchen. Seit den 1960er-Jahren gibt es die gut zu lagernden Karotten in jedem Supermarkt – und das ganzjährig, obwohl die Wurzeln eigentlich nur von Juni
bis Dezember angebaut werden. Nun ist ein Kochbuch erschienen, das sich ganz dem Gemüse widmet und sich als „eine Huldigung an die Karotte“versteht, wie Autorin Marie Klee im Vorwort schreibt. „Eine 5000 Jahre alte Wurzel, die wir eigentlich alle kennen, ohne sie wirklich zu kennen.“
Rund 100 verschiedene Sorten findet man weltweit – dicke, dünne, kleine, große. Wilde weiße Möhren wachsen sogar am Wegesrand. Im Laden kann man Möhren mit oder ohne Kraut kaufen. Doch man sollte zu Hause das Grün entfernen, dann halten sich die Karotten länger im Kühlschrank oder an einem anderen kühlen Ort. Man kann sie auch einfrieren. Bevor man Karotten wegwirft, sollte man sie lieber kurz in kochendem Wasser blanchieren, um die Aromastoffe zu erhalten, dann abkühlen lassen und tiefkühlen. So halten sie sich fünf bis zehn Monate.
Möhren, wie sie auch genannt werden, gehören heute neben Tomaten zu den bedeutendsten Gemüsepflanzen Europas. Und die alten, bunten Sorten werden auch wieder beliebter. Kein Wunder: Egal ob orange oder lila – Karotten sind so vielseitig, dass man sie immer parat haben sollte. Man kann sie roh essen, zu Brei kochen, zu Saft pressen, in Salat raspeln, zu Kuchen oder Brot backen. Dabei sind Karotten kalorienarm, aber sehr nahrhaft.
Und gesund: Sie enthalten Karotin für die Augen (was man schon als Kind gelernt hat), aber auch viele Mineralstoffe, die Vitamine C und A sowie Ballaststoffe. Der geringe Zuckergehalt macht die Möhre zum perfekten Snack für zwischendurch. Das enthaltene Betakarotin ist die Vorstufe von Vitamin A; eine Möhre am Tag deckt bereits 70 Prozent des täglichen Bedarfs an Vitamin A. „Wenn man den Vitamin-A-Gehalt optimal nutzen möchte, sollte man Karotten zusammen mit Fetthaltigem wie Milch, Nüssen, Öl, Butter und Ähnlichem verzehren. Vitamin A ist nämlich fettlöslich, das heißt, das Vitamin kann nur in Kombination mit fetthaltigen Lebensmitteln vom Körper aufgenommen werden“, schreibt die Autorin dazu.
Interessanterweise kann der Körper den Vitamin-A-Gehalt einer Möhre in gekochter Form besser aufnehmen, als wenn man eine rohe Möhre isst. Beim Kochen zerfallen die harten Zellwände: Vitamin C und Betakarotin gehen hingegen beim Kochen eher verloren. Der Nährwert einer rohen Karotte ist dadurch höher, sodass, wer abnehmen will, gut mit dem Verzehr von rohen Möhren beraten ist.
In der Medizin diente die Karotte schon seit jeher als Hausmittel gegen allerlei Krankheiten: In alten Bauerngesellschaften nutzte man sie gegen Nieren- und Blasensteine, Möhrensuppe gilt als hilfreich gegen Durchfall. „Aus schriftlichen Zeugnissen geht auch hervor, dass man sie im alten Rom als Aphrodisiakum einsetzte. Und in einigen Kulturen wird die Möhre zur Empfängnisverhütung benutzt, da sie Östrogen enthält“, erfährt man in dem Kochbuch. Auch wenn letzte wissenschaftliche Beweise fehlen, sollen Karotten gut gegen Krebs sein, vor allem das Risiko von Darmkrebs soll der Verzehr des Gemüses minimieren helfen.
Schön macht die Wurzel auch: Wegen des hohen Gehalts an den Antioxidantien Betakarotin und Lutein sind Karotten gut für die Haut. Nicht nur erhält die Haut durch das Karotin eine gesunde Farbe, sondern auch Glanz und Feuchtigkeit. Vitamin A gilt außerdem als AntiAging-Tipp, denn es trägt zur Erneuerung der Zellen bei. Als Maske mit Zitrone, Ingwer und Kokosöl ins Gesicht aufgetragen, soll die Karotte die Haut reinigen und kräftigen.
„Eine 5000 Jahre alte Wurzel, die wir eigentlich alle kennen, ohne sie wirklich zu kennen“
Marie Klee
Autorin