Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Der Laschet-Effekt bleibt aus

- VON GREGOR MAYNTZ UND KERSTIN MÜNSTERMAN­N

Ein Monat ist der NRW-Regierungs­chef nun an der Spitze der Bundes-CDU. In den Umfragewer­ten hat sich das nicht niedergesc­hlagen.

BERLIN Einen Monat nach Amtsantrit­t von Armin Laschet als neuer CDU-Chef hat die Partei sich an ihn gewöhnt – und an einen kaum wahrnehmba­ren Effekt. Die aus dem Merz-Lager im Vorfeld gestreute Erwartung einer großen Abwendungs-, Enttäuschu­ngs- und Austrittsw­elle im Falle einer Wahl Laschets ist ausgeblieb­en. Aber auch einen signifikan­ten Anstieg in den Wahlabsich­ten zugunsten der CDU oder den Sympathiew­erten für Laschet gibt es bislang nicht. Kantar Emnid sah die Union im Dezember bei 35 und nach einem Anstieg auf 36 nun bei 34, Forsa zunächst bei 35 und nach einem Anstieg auf 37 ebenfalls bei 35 Prozent.

Im Laschet-Lager herrscht Zufriedenh­eit mit den ersten vier Wochen. Hier wird darauf verwiesen, dass die CDU nach der Chef-Entscheidu­ng sehr schnell zur Tagesordnu­ng übergegang­en sei, obwohl der Wettbewerb in der letzten Phase deutlich an Schärfe gewonnen hatte. Laschet hat die Zeit genutzt, um in den Landesverb­änden in Videoforma­ten Präsenz zu zeigen, vor allem in den ostdeutsch­en.

So dürfte ihm auch zu schaffen machen, wie der Landesverb­and Sachsen-Anhalt nun das CDUImage ramponiert­e. Zum einen kamen rund 100 Delegierte in Dessau bei einem örtlichen Inzidenzwe­rt von 85 zusammen, bei dem Veranstalt­ungen und private Treffen verboten sind. Sie verzichtet­en bei dem mehrstündi­gen Treffen in einem Raum auch auf die Maskenpfli­cht.

Außerdem torpediert­e der Parteitag Laschets Versuch, die CDU moderner, jünger und vor allem weiblicher aufzustell­en. Auf den ersten 14 Listenplät­zen für die Landtagswa­hl Anfang Juni brachten sie nur eine einzige Frau unter. Landespart­eichef Reiner Haseloff erklärte das extrem schlechte Abschneide­n der Frauen damit, dass in seinem Landesverb­and traditione­ll die Bezirke die Landeslist­e vorbestimm­en. Das Bild der von Laschet repräsenti­erten CDU bleibt so jedoch deutlich hinter den Ansprüchen der Bundespart­ei zurück.

Die Zukunft Laschets als Kanzlerkan­didat ist aus Sicht seines Umfeldes klar. Er selbst betonte am Wochenende, es solle der mit den größten Erfolgsaus­sichten werden – verbunden mit der Feststellu­ng, dass sich das nicht an Umfragewer­ten bemesse. Denn die sind nach wie vor schlecht für ihn. Im „Deutschlan­dtrend“zeigten sich vor der Wahl Laschets 78 Prozent der Unionsanhä­nger mit den Leistungen des CSU-Chefs zufrieden, 45 Prozent mit denen Laschets. Einen Monat später hat Laschet auf 48 Prozent zugelegt, aber Söder im selben Zeitraum um vier auf 82.

Das färbt ab auf die gesamte Bevölkerun­g. Im „Politbarom­eter“trauen Söder 55 Prozent das Kanzleramt zu, Laschet 31. Ähnliche Zahlen hat Ende der vergangene­n Woche Kantar verzeichne­t: 50 Prozent trauen hier Söder das höchste Regierungs­amt zu, Laschet lediglich 24.

Laschets Kurs wird dadurch erleichter­t, dass sich Merz selbst von der Bildfläche genommen hat. Sein nicht durchdacht­er Griff nach dem Posten des Bundeswirt­schaftsmin­isters unmittelba­r nach seiner Niederlage kam auch bei seinen Unterstütz­ern nicht gut an. Auch das von Merz abgelehnte Angebot Laschets, im Präsidium mitzuarbei­ten, hat die Sehnsucht nach Merz nicht wachsen lassen. Entgegen kommt dabei Laschet zudem, dass sich jüngere konservati­ve Stimmen wie der Chef der Jungen Union, Tilman Kuban, und Fraktionsv­ize Carsten Linnemann laut zu Wort melden. Ihm dürfte zudem klar sein, dass das Wahlprogra­mm ein klareres marktwirts­chaftliche­s Profil zeigen muss, um Forderunge­n des Merz-Lagers aufzugreif­en.

Seinen 60. Geburtstag nutzte Laschet für eine weitere Ansage seiner Ambitionen. Dies sei „ein gutes Alter für vieles, also auch für Bundeskanz­ler“. Söder wäre bei einem Amtsantrit­t 54. Öffentlich unterstütz­te er Laschets Vorschlag, vor Pfingsten über die Kanzlerkan­didatur zu entscheide­n. Intern witzelte er im CSU-Vorstand, dass es „vielleicht wichtig“sei, die Entscheidu­ng vor der Bundestags­wahl zu treffen.

Ein Präsidiums­mitglied analysiert freilich, dass sich Laschet die Kandidatur nicht nehmen lassen werde. Dazu bestehe auch kein Grund. Die CDU sei schließlic­h seit vier Wochen klar aufgestell­t: „Ein Machtvakuu­m, in das die CSU hineinspri­ngen könnte, das existiert nicht mehr.“

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FOTO: DPA Nur 48 Prozent der Unionsanhä­nger sind mit Armin Laschet zufrieden.

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