Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Der Laschet-Effekt bleibt aus
Ein Monat ist der NRW-Regierungschef nun an der Spitze der Bundes-CDU. In den Umfragewerten hat sich das nicht niedergeschlagen.
BERLIN Einen Monat nach Amtsantritt von Armin Laschet als neuer CDU-Chef hat die Partei sich an ihn gewöhnt – und an einen kaum wahrnehmbaren Effekt. Die aus dem Merz-Lager im Vorfeld gestreute Erwartung einer großen Abwendungs-, Enttäuschungs- und Austrittswelle im Falle einer Wahl Laschets ist ausgeblieben. Aber auch einen signifikanten Anstieg in den Wahlabsichten zugunsten der CDU oder den Sympathiewerten für Laschet gibt es bislang nicht. Kantar Emnid sah die Union im Dezember bei 35 und nach einem Anstieg auf 36 nun bei 34, Forsa zunächst bei 35 und nach einem Anstieg auf 37 ebenfalls bei 35 Prozent.
Im Laschet-Lager herrscht Zufriedenheit mit den ersten vier Wochen. Hier wird darauf verwiesen, dass die CDU nach der Chef-Entscheidung sehr schnell zur Tagesordnung übergegangen sei, obwohl der Wettbewerb in der letzten Phase deutlich an Schärfe gewonnen hatte. Laschet hat die Zeit genutzt, um in den Landesverbänden in Videoformaten Präsenz zu zeigen, vor allem in den ostdeutschen.
So dürfte ihm auch zu schaffen machen, wie der Landesverband Sachsen-Anhalt nun das CDUImage ramponierte. Zum einen kamen rund 100 Delegierte in Dessau bei einem örtlichen Inzidenzwert von 85 zusammen, bei dem Veranstaltungen und private Treffen verboten sind. Sie verzichteten bei dem mehrstündigen Treffen in einem Raum auch auf die Maskenpflicht.
Außerdem torpedierte der Parteitag Laschets Versuch, die CDU moderner, jünger und vor allem weiblicher aufzustellen. Auf den ersten 14 Listenplätzen für die Landtagswahl Anfang Juni brachten sie nur eine einzige Frau unter. Landesparteichef Reiner Haseloff erklärte das extrem schlechte Abschneiden der Frauen damit, dass in seinem Landesverband traditionell die Bezirke die Landesliste vorbestimmen. Das Bild der von Laschet repräsentierten CDU bleibt so jedoch deutlich hinter den Ansprüchen der Bundespartei zurück.
Die Zukunft Laschets als Kanzlerkandidat ist aus Sicht seines Umfeldes klar. Er selbst betonte am Wochenende, es solle der mit den größten Erfolgsaussichten werden – verbunden mit der Feststellung, dass sich das nicht an Umfragewerten bemesse. Denn die sind nach wie vor schlecht für ihn. Im „Deutschlandtrend“zeigten sich vor der Wahl Laschets 78 Prozent der Unionsanhänger mit den Leistungen des CSU-Chefs zufrieden, 45 Prozent mit denen Laschets. Einen Monat später hat Laschet auf 48 Prozent zugelegt, aber Söder im selben Zeitraum um vier auf 82.
Das färbt ab auf die gesamte Bevölkerung. Im „Politbarometer“trauen Söder 55 Prozent das Kanzleramt zu, Laschet 31. Ähnliche Zahlen hat Ende der vergangenen Woche Kantar verzeichnet: 50 Prozent trauen hier Söder das höchste Regierungsamt zu, Laschet lediglich 24.
Laschets Kurs wird dadurch erleichtert, dass sich Merz selbst von der Bildfläche genommen hat. Sein nicht durchdachter Griff nach dem Posten des Bundeswirtschaftsministers unmittelbar nach seiner Niederlage kam auch bei seinen Unterstützern nicht gut an. Auch das von Merz abgelehnte Angebot Laschets, im Präsidium mitzuarbeiten, hat die Sehnsucht nach Merz nicht wachsen lassen. Entgegen kommt dabei Laschet zudem, dass sich jüngere konservative Stimmen wie der Chef der Jungen Union, Tilman Kuban, und Fraktionsvize Carsten Linnemann laut zu Wort melden. Ihm dürfte zudem klar sein, dass das Wahlprogramm ein klareres marktwirtschaftliches Profil zeigen muss, um Forderungen des Merz-Lagers aufzugreifen.
Seinen 60. Geburtstag nutzte Laschet für eine weitere Ansage seiner Ambitionen. Dies sei „ein gutes Alter für vieles, also auch für Bundeskanzler“. Söder wäre bei einem Amtsantritt 54. Öffentlich unterstützte er Laschets Vorschlag, vor Pfingsten über die Kanzlerkandidatur zu entscheiden. Intern witzelte er im CSU-Vorstand, dass es „vielleicht wichtig“sei, die Entscheidung vor der Bundestagswahl zu treffen.
Ein Präsidiumsmitglied analysiert freilich, dass sich Laschet die Kandidatur nicht nehmen lassen werde. Dazu bestehe auch kein Grund. Die CDU sei schließlich seit vier Wochen klar aufgestellt: „Ein Machtvakuum, in das die CSU hineinspringen könnte, das existiert nicht mehr.“