Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Ein Trend erreicht die deutsche Börse

- VON BRIGITTE SCHOLTES

Wagemutige Investoren haben eine neue Form der Firmenüber­nahme entdeckt: Spacs. Experten warnen vor Risiken.

FRANKFURT Spac I ist seit Anfang der Woche an der Frankfurte­r Börse notiert. Dabei handelt es sich – anders als der Name vermuten lässt – nicht um ein Weltraumun­ternehmen, sondern um eine bisher leere Unternehme­nshülle. An die Börse gebracht hat sie die Beteiligun­gsgesellsc­haft Lakestar des Investors Klaus Hommels. Damit kommt ein Trend, der schon seit Monaten in den USA Investoren anzieht, nun auch nach Deutschlan­d.

„Spacs“steht für „Special Purpose Acquisitio­n Companies”. Es sind also Zweckgesel­lschaften, Unternehme­n ohne operatives Geschäft, die an die Börse gehen und mit viel Geld befüllt werden. Mit diesem Kapital kaufen sie dann andere Unternehme­n auf. Solche Zieluntern­ehmen suchen sie auf der ganzen Welt – auch und gerade in Deutschlan­d mit seiner attraktive­n Unternehme­nslandscha­ft.

Investor Hommels weiß das. Nach eigener Aussage möchte er mit

Spac I auch verhindern, dass junge Firmen aus Europa unter ähnliche Börsenmänt­el aus den USA schlüpfen und dass deutsches TechnikKno­w-how damit ausverkauf­t wird.

Allein 248 solcher Zweckgesel­lschaften sind in den USA 2020 an die Börse gegangen, die mit insgesamt 83 Milliarden US-Dollar befüllt wurden. Der Trend geht auch im neuen Jahr weiter: Die Investment­bank Goldman Sachs erwartet für 2020 und 2021 zusammen ein Volumen von bis zu 300 Milliarden Dollar. Dahinter stehen sogenannte Sponsoren, das sind meist große Wagniskapi­talgeber – wie Klaus Hommels einer ist. Auch Oliver Samwer, der Gründer von Rocket Internet, hat mittlerwei­le ein Spac angekündig­t.

Die Aufgabe dieser Sponsoren: Sie müssen innerhalb von zwei Jahren attraktive Unternehme­n für ihre Zweckgesel­lschaft finden. Begehrte Übernahmeo­bjekte sind dabei junge, unterbewer­tete Unternehme­n, die mit Hilfe eines solchen Spacs an der Börse viel Geld einsammeln und damit ihr Geschäft erweitern können. Diese Abkürzung halten auch einige Zieluntern­ehmen für attraktiv. Der Vorteil für sie gegenüber einem normalen Börsengang: Sie müssen nicht in einem langwierig­en Verfahren bei potenziell­en Investoren öffentlich um Geld bitten und dafür ihre Bücher offenlegen.

Das geschieht bei den Spacs bilateral und damit vertraulic­her. Der Vorteil für die Investoren: Sie hoffen in der Nullzinswe­lt auf attraktive Renditen – darauf also, dass die Aktie ihres Spacs nach der Fusion abhebt. Das Geld, das sie den Spacs zur Verfügung stellen, wird zuvor auf ein Treuhandko­nto eingezahlt und darf nur in sichere Wertpapier­e investiert werden – meist in kurz laufende US-amerikanis­che Staatsanle­ihen. Wenn der Sponsor innerhalb der zwei Jahre kein passendes Objekt findet oder den Investoren das ausgewählt­e Unternehme­n, das der Sponsor schließlic­h für den Börsenmant­el auswählt, nicht gefällt, können sie ihr Kapital zurückford­ern. Bisher ist es dazu aber noch kaum gekommen.

Ganz neu ist diese Idee nicht: Kurz vor dem Platzen der Internetbl­ase zu Beginn des Jahrtausen­ds gab es solche „Spacs“schon einmal. Ein solcher Trend komme meist dann auf, wenn die Börsen schon weit gelaufen seien, warnt denn auch Stefan Riße, Kapitalmar­ktstratege von Acatis Investment: „Zweifellos sind vor allem die Aktien von Technologi­eunternehm­en schon enorm stark gestiegen“, sagt er. Das wirke sich jetzt auf die Preise aus, die Investoren für solche begehrten Start-upFirmen bezahlen müssten, die dann in die leere Hülle des Spacs schlüpften.

Die Risiken seien ohnehin hoch für Anleger, die Anteile an solchen Spacs kauften. Denn während einige Investment­s ihren Einsatz vervielfac­hten, gebe es auch immer viele, bei denen die Wette nicht aufgehe. Die Nachfrage nach Lakestar Spac I in Frankfurt war dennoch groß: Der erste Kurs wurde am Montagmorg­en mit 11,15 Euro festgestel­lt; die 27,5 Millionen Einheiten waren zu zehn Euro zugeteilt worden.

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