Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Wenn der Computer die Geldanlage übernimmt
DÜSSELDORF Deutschlands Bankberater hatten es in den vergangenen Jahren wahrlich nicht leicht. Die Niedrigzinsphase macht es ihnen schier unmöglich, ihren Kunden eine sichere Geldanlage zu empfehlen, die auch nur eine klitzekleine Rendite abwirft. Und so bleibt ihnen meist der Verweis darauf, dass, wer mehr Rendite will, auch mehr Risiko eingehen muss. Dann kam die Pandemie, und mit ihr nahm die Neigung der Kunden, sich mit einem Berater persönlich zu treffen, noch weiter ab.
Stattdessen vertrauen manche mittlerweile den sogenannten Robo-Advisors.
Dahinter verbirgt sich eine computergesteuerte Geldanlage, die sich nach Empfehlungen durch Logarithmen richtet. Im Grunde macht der Robo-Advisor nichts anderes, als das Angebot der Bank oder Sparkasse zu digitalisieren und zu automatisieren. Anders ausgedrückt: Eine Software entscheidet über die Zusammensetzung des Depots. Wo sonst Finanzberater der Bank die Kunden in persönlichen Gesprächen gefragt hätten, welches Risikoprofil sie hätten, wann sie das Geld wieder benötigten und wo sie ihr Vermögen sonst noch so investiert hätten (und das dann alles pflichtgemäß dokumentiert würde), vertraut sich der
Bankkunde alternativ dem Computer an: Wie alt? Wie viel Geld? Wie lange? Und dann bekommt man vom Herrn Robo-Advisor ein Muster-Portfolio zusammengestellt.
Dabei sind die Deutschen offenbar zutraulicher als der Durchschnitt Europas. Rund 60 Prozent aller Gelder, die von Robo-Advisors angelegt wurden, stammten 2019 aus Deutschland, wie im vergangenen Jahr der Bundesverband Deutscher Investmentfonds (BVI) berichtete. Allerdings ist das Gesamtvolumen da noch ziemlich überschaubar gewesen. Bei einem gesamten Geldvermögen der Deutschen von ungefähr 6,5 Billionen Euro am Ende des vorvergangenen
Jahres waren über rund 300.000 Investoren etwa 7,5 Milliarden Euro über Robo Advisors angelegt worden. Also etwas mehr als 0,1 Prozent. Beim Fondsvermögen betrug der Anteil immer schon 1,1 Prozent.
Experten raten zur Vorsicht: „Die zum Teil kräftigen Verluste während der Corona-Krise zeigen, dass Sparer nicht alles auf eine Karte setzen und ihre gesamten Ersparnisse per Robo-Berater investieren sollten“, urteilte der BVI und verwies unter anderem darauf, dass es keine Beratung gebe und die Software später die Anlage womöglich umschichte, ohne den Investor noch einmal zu fragen. Auch Verbraucherschützer sind bei Robo Advisors eher zurückhaltend. „Sie bieten – anders als der Name suggeriert – explizit keine Beratung. Sie können ein gutes Instrument sein für Menschen, die keine oder wenig Erfahrung mit Aktien haben“, sagt Stephanie Heise, Bereichsleiterin Verbraucherfinanzen bei der Verbraucherzentrale NRW. Dafür zahle man aber einen Aufpreis von einigen Zehntelprozent auf jene Kosten, die beispielsweise bei einem Investment in ETFs (börsennotierte Fonds) entstünden. „Wer das sparen will, kann sich eine vergleichbare Geldanlage günstiger auch selbst bauen“, so Heise. Zumal der Standardvorschlag der Robo-Advisors laut BVI auch in vielen Fällen ein ETF ist.