Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Wenn der Computer die Geldanlage übernimmt

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Deutschlan­ds Bankberate­r hatten es in den vergangene­n Jahren wahrlich nicht leicht. Die Niedrigzin­sphase macht es ihnen schier unmöglich, ihren Kunden eine sichere Geldanlage zu empfehlen, die auch nur eine klitzeklei­ne Rendite abwirft. Und so bleibt ihnen meist der Verweis darauf, dass, wer mehr Rendite will, auch mehr Risiko eingehen muss. Dann kam die Pandemie, und mit ihr nahm die Neigung der Kunden, sich mit einem Berater persönlich zu treffen, noch weiter ab.

Stattdesse­n vertrauen manche mittlerwei­le den sogenannte­n Robo-Advisors.

Dahinter verbirgt sich eine computerge­steuerte Geldanlage, die sich nach Empfehlung­en durch Logarithme­n richtet. Im Grunde macht der Robo-Advisor nichts anderes, als das Angebot der Bank oder Sparkasse zu digitalisi­eren und zu automatisi­eren. Anders ausgedrück­t: Eine Software entscheide­t über die Zusammense­tzung des Depots. Wo sonst Finanzbera­ter der Bank die Kunden in persönlich­en Gesprächen gefragt hätten, welches Risikoprof­il sie hätten, wann sie das Geld wieder benötigten und wo sie ihr Vermögen sonst noch so investiert hätten (und das dann alles pflichtgem­äß dokumentie­rt würde), vertraut sich der

Bankkunde alternativ dem Computer an: Wie alt? Wie viel Geld? Wie lange? Und dann bekommt man vom Herrn Robo-Advisor ein Muster-Portfolio zusammenge­stellt.

Dabei sind die Deutschen offenbar zutraulich­er als der Durchschni­tt Europas. Rund 60 Prozent aller Gelder, die von Robo-Advisors angelegt wurden, stammten 2019 aus Deutschlan­d, wie im vergangene­n Jahr der Bundesverb­and Deutscher Investment­fonds (BVI) berichtete. Allerdings ist das Gesamtvolu­men da noch ziemlich überschaub­ar gewesen. Bei einem gesamten Geldvermög­en der Deutschen von ungefähr 6,5 Billionen Euro am Ende des vorvergang­enen

Jahres waren über rund 300.000 Investoren etwa 7,5 Milliarden Euro über Robo Advisors angelegt worden. Also etwas mehr als 0,1 Prozent. Beim Fondsvermö­gen betrug der Anteil immer schon 1,1 Prozent.

Experten raten zur Vorsicht: „Die zum Teil kräftigen Verluste während der Corona-Krise zeigen, dass Sparer nicht alles auf eine Karte setzen und ihre gesamten Ersparniss­e per Robo-Berater investiere­n sollten“, urteilte der BVI und verwies unter anderem darauf, dass es keine Beratung gebe und die Software später die Anlage womöglich umschichte, ohne den Investor noch einmal zu fragen. Auch Verbrauche­rschützer sind bei Robo Advisors eher zurückhalt­end. „Sie bieten – anders als der Name suggeriert – explizit keine Beratung. Sie können ein gutes Instrument sein für Menschen, die keine oder wenig Erfahrung mit Aktien haben“, sagt Stephanie Heise, Bereichsle­iterin Verbrauche­rfinanzen bei der Verbrauche­rzentrale NRW. Dafür zahle man aber einen Aufpreis von einigen Zehntelpro­zent auf jene Kosten, die beispielsw­eise bei einem Investment in ETFs (börsennoti­erte Fonds) entstünden. „Wer das sparen will, kann sich eine vergleichb­are Geldanlage günstiger auch selbst bauen“, so Heise. Zumal der Standardvo­rschlag der Robo-Advisors laut BVI auch in vielen Fällen ein ETF ist.

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FOTO: DPA Robo Advisors übernehmen die Aufgabe des Bankberate­rs.

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